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Corona: Wie Gärtnereien im Lockdown verblühen

Corona

Wie Gärtnereien im Lockdown verblühen

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    Die Gärtnerei Enßlin in Nördlingen kämpft im Lockdown um ihre Kunden.
    Die Gärtnerei Enßlin in Nördlingen kämpft im Lockdown um ihre Kunden. Foto: David Holzapfel

    Im Gewächshaus der Nördlinger Gärtnerei Enßlin warten 2000 Primeln auf einen neuen Besitzer. Sie blühen ab Februar, eigentlich sollten sie jetzt in den Verkauf gehen. Doch wegen der Pandemie bleiben die Kunden aus; nur fünf Stück der Frühlingsblumen verkauft Willy Enßlin derzeit am Tag. Für ihn ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sein Geschäft – zusammen mit seinen Blumen – eingeht.

    Gärtnereien und Blumenläden trifft es in der Krise besonders hart. Enßlin etwa macht aktuell nur circa zehn bis 25 Prozent seines Normalumsatzes, wie er sagt. Trotzdem ist von den zehn Mitarbeitern der Gärtnerei aktuell keiner in Kurzarbeit. „Meine Blumen leben ja, sie brauchen Pflege“, sagt Enßlin. Er lebt aktuell von dem, was er vor der Pandemie angespart hat. „Wir können nicht mehr lange durchhalten. Das tut richtig weh.“

    Gärtnereien warten im Lockdown auf die Corona-Hilfsgelder

    Enßlin hat noch ein weiteres Problem. Er bekommt keine staatlichen Hilfszahlungen. „Ich habe weder im ersten Lockdown noch jetzt Geld bekommen“, sagt er. Der Grund sei, dass seine Gärtnerei rechtlich als landwirtschaftlicher Betrieb zähle. Einen Anspruch auf Hilfe gebe es also nicht.

    Den Gärtnereichef verärgert, dass jetzt vor allem die Großkonzerne, also die Supermärkte, das Geschäft machen. Weil ein Hauptanteil ihres Verkaufs im Lebensmittelbereich liegt, dürfen sie auch andere Artikel vertreiben, unter anderem Pflanzen, Schnittblumen und Erde. Enßlin will diese Tatsache nicht verteufeln. Er appelliert jedoch an die Kunden: „Denken Sie bei jedem Einkauf von Non-Food-Artikeln an Ihre Händler vor Ort, geben Sie ihnen eine Zukunftschance.“ Die Geschäfte, sagt er, würden nicht laut schreiend untergehen, mit Pauken und Trompeten. Viele würden einfach nicht mehr öffnen.

    Peter Bauer, Inhaber des Oettinger Blumenfachgeschäfts „Grüner leicht Sinn“, findet deutliche Worte für das Vorgehen der Supermärkte. Er sieht vor allem die Politik in der Verantwortung. „Es wird mit zweierlei Maß gemessen“, sagt er und fügt an: „Es fehlt das Vertrauen der Politik in die lokalen Händler.“ Das sieht auch Enßlin so: „Wir haben ein gutes Konzept. Es gibt eine ständige Lüftung und viel Platz, um Abstände einhalten zu können.“ Beide Einzelhändler sind sich einig: Die Gesundheit eines jeden Einzelnen gehe vor. Jedoch müssten auch die Supermärkte dabei in die Pflicht genommen werden.

    Betriebe im Ries bieten Click & Collect an

    Sowohl Enßlin als auch Bauer bieten aktuell „Click & Collect“ an, wer online oder per Telefon bestellt, kann seine Ware anschließend vor Ort abholen. „Das wird von meinen Kunden ganz gut angenommen“, sagt Bauer. Sein Vorteil: In Oettingen hat die Werbegemeinschaft einen sogenannten „Storchenexpress“ eingeführt. Jeden Dienstag und Donnerstag werden die lokal bestellten Waren ab 20 Euro Einkaufswert kostenfrei zugestellt. Das Konzept finde Anklang, sagt Bauer.

    In seinem Blumengeschäft an der Königsstraße beschäftigt er in normalen Zeiten insgesamt drei Mitarbeiter, zwei auf 450-Euro-Basis, einen in Vollzeit. Für die Vollzeitkraft hat Bauer Kurzarbeit angemeldet. „Meine Aushilfen kann ich momentan noch halten, aber wer weiß, wie die Lage in ein bis zwei Monaten ist.“

    Die Belastung ist groß, nicht alleine finanziell, vor allem auch emotional. Die Ungewissheit macht den lokalen Geschäftsleuten deutlich zu schaffen. Enßlin appelliert: „Wir haben es alle in der Hand, ob es auch nach der Krise einen vielfältigen Einzelhandel gibt, oder ob wir uns nach wöchentlichen Angeboten einrichten und kleiden mit Dingen, die billigst in Masse eingekauft wurden.“

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