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Birkhausen: Turbulente Verhandlung im Gülle-Mordprozess

Birkhausen

Turbulente Verhandlung im Gülle-Mordprozess

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    Der Prozess gegen einen Landwirt aus Birkhausen, einem Ortsteil von Wallerstein, geht weiter.
    Der Prozess gegen einen Landwirt aus Birkhausen, einem Ortsteil von Wallerstein, geht weiter. Foto: Ulrich Wagner

    Lebhaft, geradezu turbulent ist es am jüngsten Verhandlungstag des Birkausener Gülle-Mordprozesses vor dem Augsburger Landgericht zugegangen. Bei der Abarbeitung von mehreren Beweisanträgen der Verteidigung gab es Empörung seitens der Verteidigerin und der beiden Verteidiger des 55-jährigen Angeklagten. Dem Landwirt wird vorgeworfen, seine Ehefrau im September 2018 an der Güllegrube auf dem heimischen Betrieb getötet zu haben, die Verteidigung glaubt an einen Unfall. Zwei Mal unterbrach vorsitzende Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser die Sitzung der Strafkammer – zur Beratung, aber auch „zum Abkühlen der Gemüter“.

    Einmal mehr lehnte das Gericht es ab, den Untersuchungshaftbefehl gegen den Angeklagten zu prüfen und außer Vollzug zu setzen, da es - wie die Staatsanwaltschaft - Haftgründe weiterhin vorliegen sieht und weiter nicht von einem Unfallgeschehen ausgeht.

    Gülle-Mordprozess am Augsburger Landgericht gegen Landwirt aus Birkhausen

    Angefangen hatten die Unmutsäußerungen im Zusammenhang mit dem erneuten Versuch der Verteidigung, die seit September 2018 andauernde Untersuchungshaft ihres Mandanten aufzuheben. Dieses Begehren war nach der Vernehmung einer 60-jährigen Zeugin erneut geäußert worden. Laut Verteidigung sei durch deren Aussagen klar, dass die 51-jährige Ehefrau des Angeklagten noch gelebt habe, als sie ihr Ehemann laut Anklage bereits an der Güllegrube getötet haben soll.

    Staatsanwalt Michael Nißl hatte nach der Vernehmung der Zeugin gesagt, der dringende Tatverdacht gegen den Angeklagten bestehe fort. „Unerträglich“, „groteske Behauptung“ und ähnliche Unmutsäußerungen von der Verteidigerseite schallten durch den Sitzungssaal, in dem sich erneut zwei Dutzend Beobachter eingefunden hatten. Als es daraufhin auch im Zuschauerraum lebhafter wurde, erging an die Besucher der Hinweis des Gerichts, dass nicht nur das Trinken und das Tragen von Mützen im Zuschauerbereich unzulässig seien, sondern auch Gemütsäußerungen.

    Zur ersten Sitzungsunterbrechung kam es, als die Vorsitzende zahlreiche Beweisanträge der Verteidigung abzuarbeiten begann. Sie lehnte sie ab. Etwa, als es darum ging, verschiedene Szenarien des Tattages von Sachverständigen nachstellen zu lassen. So war beantragt worden, nachzustellen, wie der Angeklagte während des Notrufs möglicherweise eine Leiter aus der Güllegrube gezogen und daneben abgelegt haben könnte und wie sich dies am anderen Ende der Telefonleitung in der Notrufzentrale angehört haben soll.

    In einem anderen Antrag war gefordert worden, vom Sachverständigen nachstellen zu lassen, wie ein Person mithilfe einer Leiter Gülle aus der Grube genommen haben könnte. Sie soll laut Anklage über die Tote geschüttet worden sein. Auch bezüglich weiteren Beweisanträgen sah das Gericht keine Notwendigkeit, ihnen stattzugeben. Entsprechende Nachstellungen durch Sachverständige seien deswegen nicht sinnvoll möglich, weil es zu viele unklare Voraussetzungen gebe. Entsprechende Gutachten wären „völlig ungeeignete Beweismittel“, so die vorsitzende Richterin.

    Zeugin steht im Mittelpunkt der Verhandlung

    Zu Beginn des Verhandlungstages ist die Vernehmung einer Zeugin im Mittelpunkt gestanden, die aufgrund eines Antrags der Verteidigung angehört wurde. Es handelte sich um eine 60-jährige Frau aus Birkhausen , die am Tatvormittag im Ort unterwegs gewesen sein soll. Die Zeugin berichtete, dass sie von daheim zu ihrer Tochter geradelt sei, um anschließend mit dem im Kinderwagen liegenden Enkelkind die wenigen hundert Meter zum örtlichen Friedhof zu laufen. Dabei sei sie am landwirtschaftlichen Anwesen des Angeklagten vorbeigekommen.

    Dort habe sie im hinteren Teil des Hofes die Ehefrau laufen sehen und diese gegrüßt. Am Friedhofseingang habe sie eine weitere Dorfbewohnerin getroffen und kurz gesprochen, die gerade auf dem Heimweg war. Diese Frau hatte sich bereits zuvor in ihrer Zeugenaussage an das freitägliche Kirchen-Läuten um 11 Uhr erinnern wollen. Dadurch sollen Rückschlüsse möglich sein, wann etwa die 60-Jährige unterwegs gewesen war und wann die Ehefrau des Angeklagten zum letzten Mal lebend gesehen worden sein könnte. Die 60-Jährige selbst konnte ihren Friedhofsgang zeitlich nicht mehr konkret eingrenzen.

    Güllemordprozess, Landwirt, Ries Birkhausen
    Güllemordprozess, Landwirt, Ries Birkhausen Foto: Ulrich Wagner

    Jedoch konnte sich die Zeugin erinnern, dass sieauf ihrem Rückweg nach etwa 15 Minuten niemanden mehr auf dem landwirtschaftlichen Anwesens gesehen habe. Damit war für die Verteidigung klar, dass es zeitlich gesehn nicht so gewesen sein könne, wie in der Anklage behauptet. Und damit sei klar, dass die Vorwürfe gegen ihren Mandanten haltlos seien, so die Verteidiger Martina Sulzberger , Peter Witting und Nico Wernig .

    Nach einer zweiten Sitzungsunterbrechung kam das Gericht gleichwohl zu der Auffassung, den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufrecht zu erhalten. Rechtsanwalt Witting kritisierte erneut, dass das Gericht „bis in die Haarspitzen befangen“ sei. Aus jeder Entscheidung des Gerichts „trieft die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten“, dem so kein faires Verfahren zuteil werde. Das Gericht bastle sich ein Tatgeschehen zurecht, so das Fazit der Verteidigung am Ende dieses Verhandlungstages .

    Der Prozess soll am 17. März fortgesetzt werden.

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