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Augsburg/Nördlingen: Versuchter Mord: Staatsanwalt plädiert für über zwölf Jahre Haft

Augsburg/Nördlingen

Versuchter Mord: Staatsanwalt plädiert für über zwölf Jahre Haft

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    Vor dem Landgericht in Augsburg wurde der Fall um den vorgeworfenen versuchten Mord in Nördlingen verhandelt.
    Vor dem Landgericht in Augsburg wurde der Fall um den vorgeworfenen versuchten Mord in Nördlingen verhandelt. Foto: Peter Fastl (Symbolbild)

    Zwölf Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe – so lautet die Forderung der Staatsanwaltschaft für einen 42-jährigen Bauarbeiter, der im April 2023 zusammen mit einem unbekannten Mittäter versucht haben soll, seinen 45-jährigen Chef mit einer Schaufel zu erschlagen. Nach Worten der Verteidigung habe der Angeklagte selbst dem Geschädigten nichts angetan, sei lediglich Mittäter. Der Mandant habe dem Geschädigten eine Abreibung verpassen worden, das ja, aber auch nicht mehr. Dafür sei eine Strafe wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung von maximal vier Jahren tat- und schuldangemessen. Der 42-Jährige hatte seine Tatbeteiligung eingeräumt, der Vorfall war in Teilen von zwei Videokameras gefilmt worden. 

    Eine Frage beschäftigte das Augsburger Landgericht eingangs des jüngsten Verhandlungstages: Was hat es mit mehreren Chat-Nachrichten auf sich, die der Angeklagte und sein Bruder schon seit vier Wochen vor der Tat ausgetauscht hatten? Die Nachrichten, die zum Teil schriftlich, zum Teil per Tonaufnahme in einer ausländischen Sprache vorliegen, sind auf dem Speicher eines beschlagnahmten Mobiltelefons entdeckt worden. Jetzt wurden sie zum Ende des Prozesses angehört und mithilfe einer Übersetzerin analysiert. Haben damals, schon Wochen vor der Tat, zwei Männer ein Kapitalverbrechen verabredet?

    Prozess in Augsburg: Versuchter Mord in Nördlingen vorgeworfen

    Es zeigte sich, dass der Angeklagte und sein Bruder sich zu einem Treffen verabredeten. Zunächst ging es um Geburtstagsgeschenke für den Angeklagten und um Geschenke für die Kinder der Männer. Dann forderte der Bruder den Angeklagten auf, aus der Arbeit zwei Brecheisen mitzunehmen. Diese würden gebraucht, um jemandem den Kopf einzuschlagen, sie äußerten sich abfällig über den Unternehmer. Möglicherweise war damals schon klar geworden, dass der 42-jährige Angeklagte von seinem Chef wegen Unstimmigkeiten entlassen werden sollte. Die Männer tauschten sich offenbar mit Worten aus, die kein Lexikon kennt, sogar über die Schändung der Leiche. Immer wieder, so die Dolmetscherin gegenüber Vorsitzendem Richter Franz Wörz, leide die Aussprache unter der Alkoholisierung der Beteiligten.

    In seinem Plädoyer sah Staatsanwalt Thomas Junggeburth als Ausgangspunkt des fatalen Streits eine 5000-Euro-Schuld, die der Chef von seinem vormaligen Mitarbeiter zurückerwartet hatte. 5000 Euro, die der 45-Jährige gezahlt hatte, um den finanziell klammen Angeklagten vor einer Ersatzfreiheitsstrafe aus einer anderen Sache zu bewahren. Spätestens als der Chef Teile der Summe zusammen mit einem Mietkostenanteil für die Firmenwohnung des Angeklagten vom Lohn abzuziehen begann, habe der Streit begonnen. Er sei gegipfelt in der Bluttat mit der Schaufel. Einer Tat, die nach Worten des Staatsanwalts einvernehmlich zwischen dem Angeklagten und dessen Mittäter geplant und ausgeführt worden sei. 

    Verteidiger sagt, seinem Mandanten sei die Schaufel entrissen worden

    Staatsanwalt und Nebenklägervertreterin Alexandra Gutmeyr waren sich einig in ihrer Bewertung, dass der Angeklagte nur das gestanden habe, was, etwa durch die Videoaufzeichnungen, sowieso offensichtlich gewesen sei. Darüber hinaus sei versucht worden, wesentliche Teile der Tat dem unbekannten Dritten via „Mittäterexzess“ zuzuschreiben. Dass der Angeklagte über seinen Mittäter nach wie vor schweige, unterscheide seine Einlassung von einem echten Geständnis. Staatsanwalt Junggeburth sah den Tatvorwurf des versuchten Mordes als verwirklicht an und forderte dafür eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten, der sich Gutmeyr anschloss.

    Verteidiger Jörg Seubert betonte, dass sein Mandant die ihm vorgeworfenen Taten am Tattag voll eingeräumt habe. Aus der Tatsache, dass der Angeklagte, aus welchen Gründen auch immer, seinen Mittäter nicht genannt habe, dürfe ihm kein Malus gemacht werden. Zudem habe der Angeklagte einen anfänglich verdächtigten Bauarbeiter-Kollegen zu keiner Zeit mitzubelasten versucht. Und: Aus einem im Chat der Brüder mündlich geäußerten „in die Schnauze hauen“ dürfe kein versuchter Mord gemacht werden. Die Bauschaufel und ein in der Tatnacht mitgeführter Pflasterstein seien offenbar erst vor Ort gefunden und nicht schon aus der Innenstadt herbeigetragen worden. Laut Seubert habe der Mittäter dem Angeklagten – zu erkennen im Film der Überwachungskamera – die Schaufel gleichsam entrissen, um damit den Geschädigten zu schlagen. Der Angeklagte habe den Chef nicht verletzt. 

    Wie berichtet, war der 45-Jährige in der Tatnacht auf einem Parkplatz in Nördlingen schlafend in seinem Auto überfallen worden. Überwachungskameras zeigen zwei Männer, die – die Kapuzen ihrer Pullover tief ins Gesicht gezogen – den Geschädigten aus seinem Fahrzeug zerrten. Mit zehn heftigen Schlägen mit einer Bauschaufel auf den Kopf wurde der Mann massiv verletzt. Der 42-jährige Angeklagte konnte zweifelsfrei ermittelt werden, er hat seine Tatbeteiligung vor Gericht gestanden. Wer der mutmaßliche Haupttäter ist, konnte bislang nicht festgestellt werden. Der Angeklagte schweigt dazu.

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