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Aufregung: Dramatische Minuten

Aufregung

Dramatische Minuten

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    „Heb’ ihn an den Füßen hoch und gib ihm einen Klaps auf den Po!“Oma Heidi Keplinger
    „Heb’ ihn an den Füßen hoch und gib ihm einen Klaps auf den Po!“Oma Heidi Keplinger

    Schwörsheim Eigentlich sollte das zweite Kind von Julia und Lars Drescher in der ersten Aprilwoche im Nördlinger Krankenhaus zur Welt kommen. Doch so lange wollte das Baby nicht warten. Am 22. März um 8.17 Uhr war der kleine Tim da. Sein Geburtsort ist das elterliche Badezimmer in

    Als die 26-Jährige am Donnerstagmorgen gegen halb acht aufwacht, ist ihr, wie am Abend zuvor, etwas schlecht. Die Hochschwangere schreibt ihrem Mann eine SMS, ob er am Mittag zum Essen nach Hause kommt. Eigentlich sollte Ehemann Lars schon auf dem Weg zur Arbeit sein, doch dauert es an diesem Morgen länger, die Tiere zu versorgen. Die Nachricht erreichte ihn deshalb noch zu Hause. So kann er den zweieinhalbjährigen Luca für den Kindergarten noch fertig machen. Seiner Frau ist immer noch übel. Sie geht unterdessen ins Bad.

    Der 36-Jährige bittet seine Schwiegermutter vorbeizukommen, um nach Julia zu schauen.

    Um 7.55 Uhr warnt Julia Drescher ihren Mann vor: „Es könnte vielleicht demnächst losgehen.“ Sie klagt über leichte Rückenschmerzen. Lars Drescher meldet sich bei seinem Chef ab und kündigt sich und seine Frau im Nördlinger Krankenhaus für den Kreißsaal an.

    Nach den zwei Telefonaten kommt der werdende Vater zurück ins Bad und findet seine Ehefrau mit Wehen vor. Noch ist er sich sicher, dass sie es ins Krankenhaus schaffen, und bittet seine Frau, tief ein- und auszuatmen.

    Kurz nach acht Uhr liegt Julia Drescher bereits mit Presswehen auf dem Badezimmerteppich. Lars Drescher entschließt sich, sofort die Hebamme aus Hainsfarth anzurufen und einen Krankenwagen anzufordern. Zu seiner Frau sagt er: „Unterdrück’ es noch, da kommt gleich jemand und hilft uns.“ Inzwischen aber ist die Fruchtblase geplatzt. Die werdende Mutter folgt ihrem Instinkt und presst.

    Auf die nächste Wehe warten

    Dann sieht Lars Drescher schon dreiviertel des Köpfchens. Schnell nimmt er es in beide Hände. Geistesgegenwärtig ruft ihm seine Frau zu, nicht daran zu ziehen, sondern bis auf die nächste Wehe zu warten. Bei der nächsten Wehe ist es so weit: Tim ist da. Es ist 8.17 Uhr.

    Kurz darauf kommt Oma Heidi Keplinger ins Badezimmer. Sie sieht die Drei und ist fassungslos. Umgehend kümmert sie sich um ihren Enkel Luca, der bislang trotz der Schreie seiner Mutter brav in der Küche geblieben ist.

    Um den Kopf des Neugeborenen hat sich die Nabelschnur gewickelt. Der Vater greift ein und befreit seinen Sohn aus der Schlinge. Doch der gibt kein Lebenszeichen von sich.

    Papa Lars schneidet die Nabelschnur ab

    Oma Heidi kommt zurück und sagt rasch: „Heb’ ihn an den Füßen hoch und gib ihm einen Klaps auf den Po.“ Jetzt schreit das Baby. Papa Lars wickelt es in ein Handtuch und legt es neben seine Frau.

    Um 8.21 Uhr treffen mit einem „aber hallo“ die Sanitäter ein. Lars Drescher ist dankbar, dass endlich jemand da ist, der sich auskennt. Die letzten 20 Minuten waren für die Eheleute eine Ewigkeit. Nacheinander treffen Hebamme Regina Maier sowie der Notarzt mit Assistentin im Haus ein. Alle kümmern sich hingebungsvoll um Mutter und Kind. Als Vater Lars die Nabelschnur abschneidet, machte einer der Sanitäter ein Foto mit dem Handy.

    Noch im Bad wiegt Hebamme Regina Maier das Neugeborene: Es bringt 3580 Gramm auf die Waage. Die Messungen später im Stiftungskrankenhaus Nördlingen ergeben einen Kopfumfang von 36 und eine Länge von 53 Zentimetern.

    Der Name stand bereits sechs Wochen vor der Geburt fest: Tim Julian. „Unser erster Sohn heißt Luca Lars wie ich; beim zweiten Kind wollten wir die Mama verewigen, so wurde aus Julia Julian“, erklärt der stolze Vater.

    Erst am Abend im Krankenhaus begreift die Mama, wie viel Glück auf ihrer Seite war: „Wir hatten wirklich mehrere Schutzengel, was hätte ich denn gemacht, wenn mein Mann schon unterwegs gewesen wäre?“ Wieder zu Hause kümmert sich der große Bruder liebevoll um sein Geschwisterchen. Bei der Hausgeburt war er aufgewühlt vom Schreien seiner Mutter. Da halfen alle Versuche von Oma und Tante nicht, ihn zu trösten. Aber jetzt ist alles gut. „Weil Luca gern mit Dinosauriern spielt, hat er einen neuen Dino bekommen. Wir haben ihm gesagt, dass Tim den für seinen Bruder mitgebracht hat“, schmunzelt Papa Lars.

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