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Als das Hafenhaus brannte
![Oberbürgermeister Hermann Faul, Museumsleiterin Andrea Kugler und der Vorsitzende der Briefmarkenfreunde, Dieter Jahn (von links), betrachten Medaillen, Reklamemarke, Kalendermotiv, Zeichnungen und andere Erinnerungen an das Hafenhaus. Die Ausstellung ist im Nördlinger Stadtmuseum zu sehen. Oberbürgermeister Hermann Faul, Museumsleiterin Andrea Kugler und der Vorsitzende der Briefmarkenfreunde, Dieter Jahn (von links), betrachten Medaillen, Reklamemarke, Kalendermotiv, Zeichnungen und andere Erinnerungen an das Hafenhaus. Die Ausstellung ist im Nördlinger Stadtmuseum zu sehen.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Vor 60 Jahren war die Nördlinger Altstadt durch gewaltige Flammen in Gefahr. Die Briefmarkenfreunde dokumentieren das Jahrhundertfeuer
Am 3. Mai 1955 war es vorbei mit einem der schönsten mittelalterlichen Kaufhäusern Deutschlands – und fast auch mit einem großen Teil der Nördlinger Altstadt. Das Hafenhaus brannte lichterloh, ein Funkenregen ging bis weit in die Löpsinger Straße nieder. Durch vorbildlichen Einsatz der Feuerwehr und pures Glück blieben weitere Gebäude verschont.
Die Briefmarkenfreunde Nördlingen richteten zum 60. Jahrestag eine Ausstellung zur größten Brandkatastrophe der jüngeren Geschichte im Stadtmuseum aus. „Briefmarken und Postkarten stellen eine Heimatsammlung mit Zeitdokumenten dar“, erklärte Dieter Jahn, zusammen mit Sigmar Goldau Vorstand des Vereins.
Die zahlreichen Vitrinen zeigen neben Postkarten des Hafenhauses auch dramatische Bilder von Brand, Löscharbeiten und Ruine. Auch die Feuerwehrausrüstung von damals wird ausgestellt. Die Uniform bestand aus nur drei Teilen: Helm, Jacke und Gürtel. 90 Prozent der Exponate steuerte Briefmarkenfreund Wolfgang Friedrich bei.
Museumsleiterin Andrea Kugler erläuterte die Rekonstruktions-Pläne in weiteren Vitrinen: Gerhard Nagel erforschte seinerzeit Tage vor dem Brand das Haus für sein Buch „Das mittelalterliche Kaufhaus“. Noch in den Brandruinen forschten Studenten weiter und retteten an Erkenntnissen, was sie konnten. Tobias Merk druckte in einer Bachelor-Arbeit unter anderem ein 3-D-Modell des Hauses aus – ebenfalls in der Ausstellung zu sehen.
Andrea Kugler skizzierte die Architektur: Das Erdgeschoss bestand aus einer überdachten Kreuzung zweier Zufahrten, der erste Stock aus einem Innenhof, um den herum Ladengeschäfte von Kürschnern, Schneidern und Tuchscherern angeordnet waren. Das Dachgeschoss war Lagerfläche. Später nutzten auch Hafner, also Hersteller irdener Töpfe, und Salzhändler das Haus. Über eine Brücke war es mit einem benachbarten Kaufhaus am Paradiesberg verbunden.
Die damaligen Feuerwehrleute Georg Pfleiderer und Karl Zeitelhack erinnerten sich: Der Fahrer des vollen Tanklasters vor der heutigen Sparkasse stürzte im Nachthemd an ihm vorbei und fuhr den Wagen mitten im heftigen Funkenregen zum Löpsinger Tor hinaus.
Auch Oberbürgermeister Hermann Faul war Zeitzeuge, damals sechs Jahre alt. Das Schrillen des Alarms per Hausleitung schreckte ihn aus dem Schlaf und er erlebte, wie sein Vater, ebenfalls Feuerwehrmann, aus dem Bett heraus zum Jahrhundertbrand eilte – so überstürzt, dass Fauls älterer Bruder ihm mit dem Helm nachradeln musste. „Wir haben einen Schatz verloren“, sagte Faul und zeigte sich froh um die erhaltene Dokumentation des Gebäudes.
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