In den Hochwassergebieten an der Donau fließen die Wassermassen nur langsam ab. Am Vormittag war die Lage vor allem rund um Regensburg und Passau angespannt. Trotzdem kommen aber auch erste Signale der Entspannung zur Hochwasserlage aus Regensburg. Die Stadtverwaltung teilte mit, dass die Anwohner der Werftstraße auf der Donauinsel am Freitagnachmittag in ihre Häuser zurückkehren können sollen.
Bundeskanzler Olaf Scholz sicherte den Betroffenen erneut die Unterstützung des Staates zu. "Wir werden diese Schäden - wie bei früheren Hochwassern auch - gemeinsam mit den Ländern bewerten und Hilfe organisieren", versprach der SPD-Politiker in seiner Regierungserklärung im Bundestag in Berlin. Im Süden Deutschlands drohen am Wochenende erneut starke Regenfälle.
Während die Hochwasserlage in der Oberpfalz und Niederbayern angespannt bleibt, entspannt sich die Situation weiter westlich an der Donau zunehmend. Im zwischenzeitlich stark betroffenen Landkreis Neuburg-Schrobenhausen seien die Pegelstände an der Donau wieder auf Meldestufe drei von vier gefallen, teilte das Landratsamt in Neuburg an der Donau mit. Der Wasserstand des Flusses Paar, der vor einigen Tagen noch massive Probleme in der Region bereitet hatte, fiel demnach sogar auf die mittlere Meldestufe zwei.
Die Wasserstände an der unteren Donau blieben hoch. Wie aus Daten des Hochwassernachrichtendienstes hervorging, waren die Pegelstände in Regensburg, Straubing und Passau weiterhin über der Meldestufe 4. Der Wasserstand sinke nur langsam.
Mehrere Menschen werden noch vermisst
In den vergangenen Tage waren besonders Bayern und Baden-Württemberg betroffen. In beiden Bundesländern laufen die Aufräumarbeiten. Mindestens sechs Menschen kamen ums Leben. Laut bayerischem Innenministerium lag die Zahl der Vermissten infolge des Hochwassers am Vormittag bei drei.
Am Dienstag schwankte sie noch zwischen fünf und sieben. "Tendenziell gehen die Fälle zurück", sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Unter den Vermissten ist demnach ein 22 Jahre alter Feuerwehrmann, nach dem in Schwaben gesucht wird.
Kanzler Scholz räumte in seiner Regierungserklärung ein, Bund und Länder müssten sich besser auf solche Katastrophen vorbereiten. Deshalb würden Küstenschutz und Hochwasserschutz im Binnenland verbessert. Überall im Land müssten Flutpolder und Rückhaltebecken entstehen - auch wenn das nicht beliebt sei. Auch beim Thema Elementarschadenversicherung gebe es Fortschritt. Am 20. Juni wolle er mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder darüber beraten. "Eigentümer von Häusern und Wohnungen müssen sich gegen Elementarschäden versichern können", betonte Scholz.
Bayerns Regierung steht in der Kritik, nicht genügend Flutpolder gebaut zu haben. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte einmal mehr die Entscheidung: "Für die Iller haben die Polder noch Schlimmeres verhindert. Die Polder an der Donau hätten für Schwaben und die kleineren Flüsse jedoch keine Relevanz gehabt", sagte Söder der "Augsburger Allgemeinen".
Koalitionsstreit über Pflichtversicherung
Die Forderung nach einer Pflichtversicherung für Elementarschäden bleibt trotz des erneuten Hochwassers in der Ampel-Koalition umstritten. Während sich SPD und Grüne im Bundestag für eine Pflichtversicherung nach französischem Vorbild stark machten, erteilte die FDP dem Vorhaben eine Absage. Dieses Produkt werde zu einem Allheilmittel stilisiert, könne dem aber gar nicht gerecht werden: "Es wird nicht einen einzigen Schaden verhindern", sagte die FDP-Abgeordnete Anja Schulz und warnte darüber hinaus vor einer finanziellen Belastung von Hauseigentümern und Mietern.
Lukas Benner von den Grünen erklärte hingegen, staatliche Ad-Hoc-Hilfen seien auf Dauer ein Problem für die öffentlichen Kassen. "Deswegen brauchen wir eine Elementarschadens-Pflichtversicherung, die risikobasiert ist, die gesetzlich sozial abgesichert ist und die Mieterinnen und Mieter vor Überlastung schützt." Auch der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner warb für "ein solidarisches Versicherungssystem, bei dem die Risiken auf viele Schultern verteilt sind".
Anlass der Plenardebatte war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der im Bundestag allerdings keine Mehrheit fand. Das Unions-Modell sah vor, dass eine Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird. Der Kunde kann diese Option zwar abwählen, muss im Schadensfall aber damit rechnen, von staatlicher Hilfe ausgeschlossen zu bleiben.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) macht indes einen Alternativ-Vorschlag: Die Versicherer sollten verpflichtet werden, Immobilienbesitzern ein Versicherungsangebot zu unterbreiten. "Elementare Schäden lassen sich nicht vollständig verhindern. Deshalb ist es wichtig, dass alle Immobilienbesitzer die Möglichkeit haben, sich dagegen zu versichern", sagte der FDP-Minister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das wollen wir mit einer Angebotspflicht sicherstellen."
Konkret könnte das heißen, dass Besitzer von bereits gebauten Immobilien über die Möglichkeiten des Schutzes vor Elementarschäden informiert werden. Bei Neubauten würden die Versicherer den Eigentümern beim Abschluss einer Wohngebäudeversicherung auch ein Angebot zum Schutz vor Elementarschäden vorlegen, erklärte Buschmann. "So erreichen wir eine höhere Versicherungsquote - schaffen aber keinen Zwang." Dieser Vorschlag soll den Ländern unterbreitet werden.
Wetterdienst rechnet mit weiteren Gewittern
Ruhe beim Wetter kehrt vorerst nicht ein: Südlich der Donau kann es am Freitag nach Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nass werden. Am Samstag erwarten die Meteorologen erneut im Norden sowie südlich des Mains viele Wolken und schauerartigen Regen, im Süden auch kräftige Gewitter mit Starkregen und lokale Unwetter.
Zumindest können viele Bahnreisende nach Tagen mit Sperrungen vorsichtig aufatmen: Auf den meisten wichtigen Strecken waren am Donnerstag wieder Züge unterwegs. Gesperrt blieben am Donnerstag der aktuellen Betriebslage zufolge die Eurocity-Express-Verbindung von München über Lindau nach Zürich sowie die ICE-Strecke Nürnberg-Würzburg. Verspätungen und Ausfälle gab es auch noch im Regionalverkehr.
(dpa)