Nach der blamablen Leistung beim EM-Aus im Achtelfinale gegen die Schweiz wächst in Italien die Kritik an Fußball-Nationaltrainer Luciano Spalletti. Der langjährige Trainer Fabio Capello wirft dem 65-Jährigen vor, "überheblich" in das Turnier gegangen zu sein und sich nicht auf die Besonderheiten des Amts als Nationaltrainer eingestellt zu haben. Spalletti habe "nicht wie ein Auswahltrainer, sondern wie ein Clubcoach gedacht", sagte Capelleo der "Gazzetta dello Sport". "Das sind zwei verschiedene Berufe."
Für die Leistung beim 0:2 im Achtelfinale in Berlin habe er sich "ein wenig geschämt", sagte der frühere Nationaltrainer Englands und Russlands. Spalletti habe es nicht geschafft, sich bei seinen Überlegungen an die vorhandenen Spieler anzupassen und ein Teamgefühl zu erzeugen. "Die erste Aufgabe eines Nationaltrainers ist es, einen gemeinsamen Geist zu schaffen, der existenziell ist, wenn es darum geht einen Meter mehr zu machen, um dem Teamkollegen zu helfen", sagte Capello. "Ich habe nur wenige italienische Spieler gesehen, die diesen zusätzlichen Lauf gemacht haben, diesen entscheidenden Schritt."
Spalletti hatte erklärt, im Amt bleiben zu wollen. Er hatte im September 2023 einen Vertrag bis zur WM 2026 unterschrieben und war als Meistercoach der SSC Neapel zum Verband gewechselt. Verbandspräsident Gabriele Gravina hatte ihm erneut das Vertrauen ausgesprochen. Capello sieht diese Entscheidungen kritisch. "Ich bin nicht optimistisch, was die Zukunft angeht", urteilte der 78-Jährige. "Ich habe den Verdacht, dass Luciano ein hervorragender Coach ist, aber dass er sich als Nationaltrainer enorm verbessern muss."
(dpa)