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Warum die perfekte "Grüne Welle" ein Traum bleibt

Ingolstadt

100 Jahre Ampel: Der Traum von der perfekten „Grünen Welle“

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    Vor drei Jahren hat die Stadt Ingolstadt 20 Ampeln gegen eine Spende abgegeben. Der Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement und Geoinformation, Ulrich Schäpe, präsentiert eine dieser ausrangierten Ampeln.
    Vor drei Jahren hat die Stadt Ingolstadt 20 Ampeln gegen eine Spende abgegeben. Der Leiter des Amtes für Verkehrsmanagement und Geoinformation, Ulrich Schäpe, präsentiert eine dieser ausrangierten Ampeln. Foto: Thomas Michel/Stadt Ingolstadt (Archivbild)

    Vor 100 Jahren, am 15. Dezember 1924, wurde die erste elektrische Ampel in Deutschland am Potsdamer Platz in Berlin in Betrieb genommen. Seitdem hat sich viel getan: An die Stelle des Polizisten, der vormals mit Stoppuhr die Grünzeiten regelte und manuell die Farbe wechselte, ist ein höchst anspruchsvolles System getreten.

    In Ingolstadt gibt es mehr als 160 Ampel-Kreuzungen

    Bis in Ingolstadt die erste Ample installiert wurde, sollte es allerdings noch einige Jahre dauern. Sie ging laut einer Mitteilung der Stadt Ingolstadt im Dezember 1945 am Schliffelmarkt - mitten in der heutigen Fußgängerzone - in Betrieb. Heute gibt es in der Stadt mehr als 160 Ampel-Kreuzungen. Autos, Fußgänger, Radfahrer und Busse haben hohe Ansprüche: kurze Wartezeiten, lange Grünphasen und die „Grüne Welle“ stehen auf der Wunschliste. Die Aufgabe der städtischen Verkehrsplaner ist es, es möglichst allen recht zu machen – und dann gibt es ja noch zahlreiche Richtlinien, Empfehlungen und Gesetze, die hier berücksichtigt werden müssen. Das, was die Verkehrsteilnehmer dann letztendlich vor Ort sehen, ist nur der letzte Schritt: das Spiel von Rot-Gelb-Grün.

    Für die Ampeln im Stadtgebiet Ingolstadt ist das Amt für Verkehrsmanagement und Geoinformation mit Sitz in der Spitalstraße zuständig – dieses feiert heuer ebenfalls einen runden Geburtstag, nämlich sein 20-jähriges Bestehen. Unter Leitung von Ulrich Schäpe haben die Verkehrsingenieure das Verkehrsgeschehen ständig im Blick. Sie erstellen die Programme, reagieren auf Baustellen und prüfen die Anregungen von Bürgern und Politik. Einmal haben sie sogar 20 Ampeln gegen eine Spende an Interessierte abgegeben. Das war 2021, als die Geräte auf LED-Technik umgerüstet worden sind. Die Nachfrage damals, kurz vor Weihnachten, war riesig, angeblich wollten 2000 Menschen einen ausrangierten Signalgeber in ihren eigenen vier Wänden stehen haben.

    Heute kaum noch vorstellbar: Mitten in Ingolstadt, am Schliffelmarkt, trafen sich einst die beiden Hauptverkehrsachsen Augsburg – Regensburg und München – Nürnberg. Dort wurde auch die erste Ingolstädter Ampel installiert.
    Heute kaum noch vorstellbar: Mitten in Ingolstadt, am Schliffelmarkt, trafen sich einst die beiden Hauptverkehrsachsen Augsburg – Regensburg und München – Nürnberg. Dort wurde auch die erste Ingolstädter Ampel installiert. Foto: Stadtarchiv Ingolstadt

    Mittlerweile ist die Programmierung eines Ampelprogramms äußerst aufwendig, heißt es in der Mitteilung. Mit bis zu 80 Seiten technischer Daten und Ablauflogiken funktionieren alle Ampeln in Ingolstadt verkehrsabhängig. Schleifen in der Fahrbahn, Druckknöpfe, Detektoren und Kameras liefern dem Steuergerät die erforderlichen Daten, um den Verkehr bestmöglich abzuwickeln. Das ist der aktuelle Stand, doch wo geht die Reise hin? Die Kommunikation car2x – also die Kommunikation zwischen Auto und Ampel schreitet mit großen Schritten voran. Auch Künstliche Intelligenz hat bei der Verkehrsplanung und Signalisierung bereits Einzug gehalten, heißt es vonseiten der Verkehrsplaner.

    Nicht nur in Ingolstadt ist es schwer, die perfekte „Grüne Welle“ an den Ampeln zu planen

    Auf die Frage, welches Thema am häufigsten im Amt für Verkehrsmanagement und Geoinformation eingeht, antworten die Experten dort einstimmig: „Die ‚Grüne Welle‘“. Aber warum schafft es scheinbar keine Stadt, eine perfekte „Grüne Welle“ zu planen? Dazu kann Ulrich Schäpe Auskunft geben: „Meistens variiert die Art der einzelnen Ampeln von einfachen Fußgängerampeln bis hin zu komplexen Anlagen. Außerdem sind deren technische Ausstattung ebenfalls höchst unterschiedlich: von einfachen Festzeitanlagen, die ihre Signalprogramme nur linear abarbeiten können, bis hin zu vollverkehrsabhängigen Anlagen mit Bus-Priorisierung, die mittels Detektoren und Kameras das augenblickliche Geschehen an einer Kreuzung erfassen und ihre Signalprogrammbearbeitung entsprechend variieren können.“

    „Grüne Wellen“ sind in der Regel nur richtungsabhängig realisierbar. Sie orientieren sich meist an der Lastrichtung, die zum Beispiel den morgendlichen oder abendlichen Hauptverkehrsströmen angeglichen ist. Autofahrer, die antizyklisch fahren, haben deshalb meist das Nachsehen und laufen des Öfteren bei Rot auf.

    Voraussetzung für eine „Grüne Welle“ ist natürlich auch, dass die Anzahl der Fahrspuren in der betrachteten Strecke unverändert bleibt. Dies trifft immer dann nicht mehr zu, wenn zum Beispiel auf der Straße Ladevorgänge in zweiter Reihe abgewickelt werden.

    Darüberhinaus behält eine optimal ausgelegte „Grüne Welle“ nur so lange ihre Funktionsfähigkeit, solange ihre Belastungsgrenze nicht überschritten wird. Da auch in Ingolstadt das Verkehrsaufkommen zunimmt, kommt es unweigerlich zu Situationen, in denen eine „Grüne Welle“ nicht mehr funktionieren kann, da der Straßenraum schlichtweg überlastet ist. (AZ)

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