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Vermisster Lehrer Helmut Strigl: Sein rätselhafte Verschwinden

Oberbayern

Rätsel um das Verschwinden eines Lehrers: Wo ist Helmut Strigl?

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    In diesem Haus in Trugenhofen wohnte Helmut Strigl. An den Haustüren sind noch die Spuren der Polizeiarbeit zu sehen.
    In diesem Haus in Trugenhofen wohnte Helmut Strigl. An den Haustüren sind noch die Spuren der Polizeiarbeit zu sehen. Foto: Barbara Wild

    Trugenhofen ist ein oberbayerischer Weiler, wie er im Buche steht: Ab vom Schuss, grüne Wiesen, in der Mitte eine Kirche, die Gastwirtschaft hat längst geschlossen, die Vorgärten der Häuser und Höfe sind üppig und gepflegt. Ruhig und idyllisch liegt Trugenhofen im romantischen Usseltal im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. 100 Menschen leben in diesem Dorf, doch einer fehlt: Helmut Strigl. Seit über fünf Jahren wird er vermisst. Die Geschichte seines Verschwindens ist rätselhaft.

    Zuletzt gesehen wird Helmut Strigl im Juni 2018, fünf Monate, nachdem der beliebte Lehrer von seiner Schule in Neuburg in den Ruhestand verabschiedet worden war. In jenem Sommer klingelt der Kaminkehrer an seiner Haustür in Trugenhofen. Dort lebt der heute 69-Jährige zurückgezogen, ist ein Eigenbrötler. In die Kirche oder zum Feuerwehrfest geht er längst nicht mehr. Er pflegt keinen Kontakt zur Familie oder Kollegen. Er lässt niemanden rein, auch nicht den Kaminkehrer. Nach jener Begegnung kann sich niemand mehr erinnern, Helmut Strigl lebend gesehen zu haben. Aber keinem fällt auf, dass Helmut Strigl nicht mehr da ist.

    Mit diesem Foto – vermutlich aus dem Jahr 2013 – sucht die Polizei nach Helmut Strigl aus Trugenhofen.
    Mit diesem Foto – vermutlich aus dem Jahr 2013 – sucht die Polizei nach Helmut Strigl aus Trugenhofen. Foto: Polizei

    Strigls Vorgarten verwuchert. Kein Rollo geht mehr auf und zu. Es ist schon November 2021, die Welt steckt noch tief in der Pandemie, als eine Cousine mit Strigl Kontakt aufnehmen will. Niemand weiß, wo er ist. Im Dorf glaubt man, der ehemalige Lehrer sei in eine seiner Eigentumswohnungen übergesiedelt, die er von seinen Eltern im nahe gelegenen Neuburg geerbt hat. Strigl war in beiden Orten gemeldet. Später sagt auch der Bürgermeister, dass man einfach davon ausgegangen sei, dass er jetzt lieber in der Stadt bleibe. Doch auch dort: keine Spur von dem Senior.

    Offizielle Suche nach Helmut Strigl läuft drei Jahre nach dem letzten Sichtkontakt an

    Die Cousine meldet Strigl offiziell als vermisst. Doch die Ermittlungen laufen langsam an. Erst ein Jahr später wird der Fall öffentlich – durch einen Artikel unserer Redaktion. Erst dann geht die Kripo mit der Vermisstensuche an die Öffentlichkeit. Polizeihauptkommissar Michael Graf von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt erklärt, warum: "Im Fall Strigl war eine Gefahr für Leib und Leben zu Beginn der Ermittlungen nicht ersichtlich." Die Beamten hätten sich zunächst auf Abrechnungen vom Bankkonto Strigls konzentriert. Und tatsächlich bucht jemand regelmäßig Geld vom Konto ab, doch das ist nicht Helmut Strigl.

    Das neueste Fahndungsplakat mit dem die Polizei Ingolstadt den vermissten Lehrer aus Trugenhofen sucht.
    Das neueste Fahndungsplakat mit dem die Polizei Ingolstadt den vermissten Lehrer aus Trugenhofen sucht. Foto: Barbara Wild

    Es gerät ein Mann ins Visier der Behörden, der wohl zufällig im Leben des vermissten Lehrers eine wichtige Rolle einnimmt. Weil Helmut Strigl seinen Führerschein verloren hat, engagiert er einen Fahrer. Adrian P. (Name von der Redaktion geändert) ist bis zu dessen Verschwinden sein Chauffeur. P. fährt ihn in die Stadt, erledigt Einkäufe. Manchmal taucht er mit Familie im Dorf auf, geht bei Strigl ein und aus. Er nutzt dessen blauen BMW, kennt Strigls Gewohnheiten und erwirbt sich sein Vertrauen. Klar ist mittlerweile: Adrian P. nutzt das Verschwinden des Lehrers massiv. Er zieht in eine der Wohnungen in der Stadt und lebt einige Jahre darin. Er verkauft den BMW Strigls. Vor allem aber räumt er das Konto des Lehrers leer: Er bedient sich an dessen Ersparnissen und überweist sich die monatlich gezahlte Pension auf das eigene Konto. Dafür fälscht er Unterschriften Strigls auf dem Überweisungsträger. Niemandem fällt es auf.

    Sein Fahrer ist wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Haftstrafe verurteilt

    Das alles ist mittlerweile gerichtlich festgestellt. Wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung wird Adrian P. im Juni 2023 vor dem Landgericht Ingolstadt zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Das erschlichene Geld – ein mittlerer sechsstelliger Betrag – muss er zurückzahlen. Zum Verbleib des vermissten Lehrers verweigert P. allerdings jede Aussage.

    Tagelang durchkämmt die Kripo das wohl stark vermüllte Anwesen in Trugenhofen, pumpt die Sickergrube aus, filzt Wohnungen in Neuburg und in Rumänien. "Es gibt keine Hinweise auf den Verbleib Strigls", sagt Polizeihauptkommissar Graf. Vor wenigen Tagen lässt die Kripo ein neues Fahndungsplakat gestalten, das nun im Landkreis und darüber hinaus verteilt und öffentlich ausgehängt wird. Neue Zeugenhinweise gibt es aber nicht.

    An der Haustür Strigls sind noch die Spuren der Polizeiarbeit zu sehen.
    An der Haustür Strigls sind noch die Spuren der Polizeiarbeit zu sehen. Foto: Barbara Wild

    Das Landgericht Ingolstadt hat einen Vermögensverwalter bestellt. Denn Helmut Strigl bekommt weiter die Pension aufs Konto überwiesen, die ihm als Lehrer im Ruhestand zusteht. Die Kripo bleibt bei der offiziellen Sprachregelung; sie gehe davon aus, dass der 69-Jährige noch lebt. Für alles andere, wie naheliegend es auch sein mag, fehlt jeglicher Beleg.

    Info Die Polizei bittet um Mithilfe: Wer kann Angaben zum Verbleib von Helmut Strigl machen? Er ist 1,83 Meter groß, war zuletzt von untersetztem Körperbau, trug eine Brille und einen Oberlippenbart. Hinweise sind unter Telefon 0841/93430 oder in jeder anderen Polizeidienststelle möglich.

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