Unerwartet heftige Unwetter sind am Montagmorgen über den Kreis Neuburg-Schrobenhausen hinweggezogen – und haben vor allem rund um Ehekirchen schwere Schäden hinterlassen. 130 Feuerwehrkräfte waren allein in den Ortsteilen Hollenbach, Ambach, Seiboldsdorf und Fernmittenhausen im Einsatz, um vollgelaufene Keller auszupumpen und überschwemmte Straßen zu sichern. Auch im westlichen Landkreis bei Burgheim und Illdorf waren mehr als 60 Einsatzkräfte unterwegs, weil nach dem Starkregen der Leitenbach über die Ufer getreten war. Der abrupte Wetterwechsel von Sommerhitze am Wochenende zu gewittrigem Regen am Montag hat selbst Experten überrascht. Kaum ein Wetterdienst hatte am Vortag derart schwere Unwetter mit so starken Regenmengen vorhergesagt.
Unwetter südlich von Neuburg: 130 Kräfte bei Ehekirchen und 60 in Burgheim im Einsatz
Los ging es mit den Unwettern südlich von Neuburg am Montagmorgen gegen 6 Uhr. Von Südwesten war aus den Landkreisen Donau-Ries und Augsburg eine Gewitterzelle herangezogen, die mit mehr als 2000 Blitzen in einer halben Stunde sehr stark ausfiel. Zwischen 7 und 8 Uhr erreichte das Unwetter seinen Höhepunkt, da waren laut einer Blitzanalyse von Kachelmann-Wetter besonders viele Blitze auch im Westen und Norden von Neuburg zu verzeichnen. Doch im Südwesten des Landkreises blieb die Gewitterzelle hängen, rund um Ehekirchen gingen zwischen 8 und 8.30 Uhr noch einmal sehr viele Blitze nieder.
In gleich mehreren Fällen gab es Blitzeinschläge, die aber allesamt glimpflich und ohne Verletzte verliefen: In Stengelheim schlug ein Blitz in ein Einfamilienhaus ein, wodurch ein Telefonkabel im Dachstuhl durchschmorte. Dank des beherzten Eingreifens der Bewohner und zahlreicher Feuerwehrkräfte konnte der Kabelbrand schnell eingedämmt werden. In Bonsal bei Ehekirchen schlug der Blitz in einen Baum auf einem Grundstück ein und wurde beschädigt. In Stepperg schlug der Blitz in die Satellitenschlüssel eines Hauses ein. Dabei wurden Dachziegel beschädigt und Kabelleitungen schmorten durch. Die Schadenshöhe beläuft sich auf 50.000 Euro. Der Brand wurde von der Feuerwehr Stepperg gelöscht.
Starkregen über Ehekirchen: So hart trafen die Fluten Ambach, Hollenbach und Seiboldsdorf
Weit schwerwiegender waren die Auswirkungen der starken Regenfälle in den Ehekirchener Ortsteilen Ambach, Hollenbach, Seiboldsdorf und Fernmittenhausen. Mehr als 20 Keller waren teils bis zur Decke vollgelaufen, darunter das Tennisheim in Ambach. Offenbar aus dem nahegelegenen Waldstück war nach dem Starkregen massenhaft Wasser den Berg hinuntergeschwemmt worden und hatte mit seiner Gewalt die Türe zum Keller aufgedrückt. Gleich um 7 Uhr morgens war eine Augenzeugin aus der Nachbarschaft aufmerksam geworden: „Ich bin seit 40 Jahren Mitglied und habe hier schon einige Überschwemmungen gesehen. Aber so schlimm war‘s noch nie, das tut mir richtig weh, wie das ausschaut!“
Ebenfalls bis zur Oberkante unter Wasser stand ein paar hundert Meter weiter der Keller von Maria Faigl. Ihre Kinder Werner Faigl und Petra Fahn kamen schnell zu Hilfe, als die ältere Dame sie auf der Arbeit anrief. „Ich habe ihr sofort gesagt, sie soll bloß nicht mehr in den Keller gehen. Das kann ja extrem gefährlich werden mit der Elektrizität!“ Als der Sohn gegen 8 Uhr an seinem Elternhaus ankam, habe er zusehen können, wie das Wasser immer weiter anstieg, sagt Faigl. Die Waschmaschine, die Kühltruhe, der Trockner – alles ist nach der Flut verschlammt und kaputt. „Das Haus ist 1968 erbaut worden – und nie stand hier Wasser. Jetzt passiert das ein Mal – aber dann so richtig.“
Völlig unerwartet kamen die Überschwemmungen auch für Ehekirchens Bürgermeister Günter Gamisch, der sich in Gummistiefeln am Montagvormittag an vielen betroffenen Orten selbst ein Bild von der Lage machte: „Es hat diesmal einfach Orte getroffen, die wir sonst noch nie bei Hochwasser-Ereignissen auf dem Radar hatten.“ Wirklich glücklich und erleichtert sei er, dass das Unwetter in seiner Gemeinde keine Menschenleben gefährdet habe. Nun gehe es für die Feuerwehren und die Gemeinde darum, zu priorisieren: Wo müssen noch Keller leergepumpt werden? Welche Straßen sind durch Überschwemmungen nicht passierbar? Und wo kann die Gemeinde Aufräumarbeiten unterstützen, etwa mit einem Sonder-Sperrmüll?
Besonders beeindruckt zeigt sich Gamisch von der Arbeit der Feuerwehren: „Die Einsatzkräfte waren in der Früh sofort da, das ist wirklich top, mit wie vielen Kräften sie unterwegs sind!“ Dabei war die Einsatzleitung aus Hollenbach am Montagvormittag anfangs kein leichtes Unterfangen – denn die Feuerwehr Hollenbach war selbst von Überschwemmungen betroffen, wie der zuständige Kreisbrandinspektor Alexander Bauer verrät: „Zum Feuerwehrhaus war kein Durchkommen, also haben wir unsere Einsatzleitstelle im Bushäuschen bezogen.“
Von dort aus koordinierten Bauer, Kreisbrandmeister Maximilian Mayer und der Hollenbacher Kommandant Roland Auernhammer mehr als 20 Einsätze rund um Ehekirchen, zu denen insgesamt 130 Feuerwehrkräfte ausgerückt waren. Größere Sorgen bereiteten der Feuerwehr die Blitzeinschläge am Morgen sowie Öltanks und Heizungsanlagen, die drohten, in vollgelaufenen Kellern in Brand zu geraten. Doch mehrfach konnten Hausbesitzer dies noch verhindern, sagt Bauer: „Da sind wir dankbar, dass Bewohner so geistesgegenwärtig gehandelt haben.“
Unwetter überrascht Region Neuburg: Lothar Schleicher analysiert Blitzphänomen
Und selbst Experten wurden von den extremen Unwettern am Montagmorgen überrascht. Der Neuburger Meteorologe Lothar Schleicher hatte am Wochenende nur Hinweise auf kleinere Gewitter entdeckt. Warum die Starkregenfälle nicht klar vorherzusagen waren, erklärt er so: „Es waren große, feuchtwarme Luftmassen über der Region. Kommt in dieser Wetterlage ein kleines Zusatzereignis hinzu, reagieren die labilen Luftmassen und es entstehen Gewitter. Offenbar haben die Wetterdienste dieses Zusatzereignis in ihre Vorhersagen nicht miteinkalkuliert.“
Weil im Süden von Neuburg gleich mehrere Gewitterzonen zusammengekommen seien, wurde das Unwetter so extrem, so der Experte: „Die Gewitterzonen sind aufeinander getroffen und haben sich regelrecht gegenseitig gepusht.“ Da die Windgeschwindigkeiten im Unwettergebiet sehr gering gewesen seien, konnten die Gewitter kaum weiterziehen. So hat sich eine riesige Gewitterzelle gebildet, die so lange an einem Punkt geblieben ist. Und die für Ehekirchen zum unkalkulierbaren Risiko wurde.
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