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Interview: Wojciech Stachowiak und Daniel Pietta: Lernen von einer DEL-Legende

Interview

Wojciech Stachowiak und Daniel Pietta: Lernen von einer DEL-Legende

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    Der „Lehrling“ und sein „Lehrmeister“: Mit Wojciech Stachowiak (links) und Daniel Pietta (rechts) hat der ERC Ingolstadt zwei absolute deutsche Top-Center in seinen Reihen. Foto: Dirk Sing
    Der „Lehrling“ und sein „Lehrmeister“: Mit Wojciech Stachowiak (links) und Daniel Pietta (rechts) hat der ERC Ingolstadt zwei absolute deutsche Top-Center in seinen Reihen. Foto: Dirk Sing Foto: Dirk Sing

    Daniel Pietta, was zeichnet in Ihren Augen einen guten Mittelstürmer im Eishockey aus?

    Daniel Pietta: Ich denke, er muss auf dem ganzen Eis präsent sein, seine Reihe sowohl offensiv als auch defensiv führen und leiten sowie im Idealfall die Mitspieler entsprechend in Szene setzen.

    Trifft diese Beschreibung auf Ihren Teamkollegen Wojciech Stachowiak zu?

    Pietta: Nee (lacht). Spaß beiseite, „WoJo“ hat sich in den vergangenen beiden Jahren – was die angesprochenen Punkte angeht – wirklich sehr gut entwickelt. Grundsätzlich braucht man aber schon eine gewisse Zeit und auch Erfahrung, um die Center-Rolle richtig ausfüllen zu können. Als Außenstürmer hat man sicherlich etwas mehr Freiheiten als ein Mittelstürmer. Letzterer ist unter anderem auch dafür verantwortlich, defensiv gut zu stehen, damit deine Reihe nicht bei jedem Gegentreffer auf dem Eis steht. Und genau das macht „WoJo“, der ja auch als Außenstürmer zum Einsatz kommt, mittlerweile sehr gut. Was bei ihm noch dazukommt: Er ist extrem schnell. Das ermöglicht es ihm, in die eine oder andere Situation, in der er vielleicht falsch steht, wieder reinzukommen.

    Wojciech Stachowiak, welche Fähigkeiten muss für Sie ein echter Führungsspieler besitzen?

    Wojciech Stachowiak: Er macht zum einen die kleinen Sachen auf dem Eis richtig. Zum anderen hören ihm die anderen Spieler zu, wenn er etwas zu sagen hat oder dir Tipps beziehungsweise Anweisungen gibt. Im Grunde sollte er so etwas wie Vorbild für seine Teamkollegen sein.

    Wie Daniel Pietta?

    Stachowiak: Geht schon (lacht).

    Pietta: Das muss er ja jetzt sagen (lacht).

    Stachowiak: Nein, die Beschreibung trifft definitiv auf „Pietzi“ zu. Gerade als junger Spieler schaut man natürlich auf die erfahrenen Jungs im Team, die bereits viel erlebt haben. Mit der Erfahrung, die „Pietzi“ hat, kommt freilich auch sehr viel Wissen dazu. Und davon kann ich extrem viel lernen. Ein gutes Beispiel ist auch das Verhalten auf dem Eis. Egal ob man vorne oder hinten liegt – als Leader musst du stets die Ruhe bewahren, dein Team führen und gegebenenfalls das richtige Play machen. Und genau das kann „Pietzi“ extrem gut.

    Bleiben wir bei der Position des Mittelstürmers. Ein möglichst hohes Spielverständnis setzt gleichzeitig einen hohen Eishockey-IQ voraus. Sind das Dinge, die man lernen kann? Oder hat man diese einfach beziehungsweise nicht?

    Pietta: (überlegt) Eigentlich beides. Es gibt sicher Dinge, die man lernen kann oder auch durch die Erfahrung kommen. Als ich selbst noch jung war, konnte ich das Spiel definitiv noch nicht so gut lesen, wie es heute der Fall ist. Aber einen bestimmten Teil vom Hockey-IQ hat man oder eben nicht.

    Können Sie diesbezüglich ein Beispiel geben?

    Pietta: Wenn sich eine Scoring-Option bietet, muss man schnell erkennen, ob man mit diesem „Rush“ mitläuft oder sich zurückzieht, um eine andere Situation zu kreieren. Das sind Dinge, für die man schon ein gewisses angeborenes Talent benötigt. Würde jeder über diese Eigenschaften verfügen, hätten wir in der DEL, in der ja jeder Eishockey spielen kann, ausschließlich Topscorer. Im Grunde ist es eine Mischung aus Lernen, hartem Arbeiten und vorhandenem Talent.

    Stachowiak: Ich sehe das ähnlich wie „Pietzi“. Was den Hockey-IQ betrifft, denke ich auch, dass mindestens ein Teil davon angeboren ist. Natürlich kann man auch in bestimmten Bereichen dazulernen. Wenn man beispielsweise schon länger spielt, kommt automatisch eine gewisse Ruhe an der Scheibe hinzu, was es einem ermöglicht, bessere Entscheidungen zu treffen. Von dem her kann ich „Pietzi“ nur zustimmen.

    Herr Pietta, Sie haben in der Saison 2003/04 Ihr DEL-Debüt bei den Krefeld Pinguinen gefeiert. Seitdem hat sich das Eishockey doch deutlich verändert. Trifft das auch auf die Position und Spielweise des Centers zu?

    Pietta: Insgesamt ist das Eishockey sicherlich deutlich athletischer geworden. Früher gab es immer mal zwei oder drei Spieler, die aus der Sommerpause gekommen sind und bei denen man meinte, das wären unsere Busfahrer. So etwas kannst du dir heutzutage absolut nicht mehr leisten. Wenn du das machst, fällst du ganz schnell hinten runter und bekommst keinen Vertrag mehr. Was die Spielweise des Mittelstürmers betrifft: Ich glaube, dass der Center früher das Spiel noch deutlich mehr kontrolliert hat, da alles ein bisschen langsamer war und man dadurch mehr Zeit mit der Scheibe hatte.

    Wie einfach oder schwierig war es für Sie, sich den neuen Gegebenheiten immer wieder anzupassen?

    Pietta: Letztlich ist so etwas immer ein schleichender oder laufender Prozess. Man merkt einfach, was man aktuell braucht und versucht, sich so schnell wie möglich darauf einzustellen. Ich bin jetzt auch nicht der schnellste Spieler, was den Antritt betrifft. Dennoch glaube ich, dass ich einen recht „smarter“ Stürmer verkörpere, der sehr gut antizipieren kann, wo der Puck gerade hingeht. Aber solche Dinge kommen dann auch mit der bereits erwähnten Erfahrung.

    Herr Stachowiak, Sie haben von 2014 bis 2016 in Nachwuchs des Krefelder EV gespielt. Zu dieser Zeit war Daniel Pietta bei den Pinguinen bereits das Gesicht der Pinguine. Wie haben Sie ihn damals wahrgenommen?

    Stachowiak: Als ich damals mein erstes DNL-Jahr beim KEV absolviert habe, durfte ich auch mehrfach beim DEL-Team mittrainieren. Als dann bei einer meiner ersten Einheiten zwei Spieler der Pinguine heftig zusammengefahren sind und sich einer davon sogar verletzt hatte, wusste ich, dass hier ein ganz anderer Wind weht (lacht). Natürlich war ich gerade zu Beginn unglaublich nervös, als ich nur in die Kabine gegangen bin. Lustigerweise saß ich dann sogar des Öfteren direkt neben „Pietzi“. Das war schon ziemlich cool. Weißt du das noch?

    Pietta: Nein, tut mir leid! Daran kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern (lacht).

    Stachowiak: Aber klar, als damals 16- oder 17-Jähriger hat man natürlich zu einem Daniel Pietta aufgeschaut und beobachtet, was er auf und neben dem Eis macht. Wobei das viele meiner DNL-Teamkollegen in diesem Fall gemacht haben.

    Pietta: Zu diesem Zeitpunkt war ich sogar noch schnell.

    Stachowiak: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern (lacht).

    Seit dem Jahr 2020 sind Sie nun Mannschaftskameraden beim ERC Ingolstadt. Gab es auch in dieser Zeit Dinge, die Sie bei Daniel Pietta abgeschaut haben oder es immer noch machen, Herr Stachowiak?

    Stachowiak: Ja, auf alle Fälle! Das Meiste von ihm habe ich sicher bei den Bullys gelernt. Nachdem ich zu meiner Anfangszeit in Ingolstadt mehr als Außenstürmer im Einsatz war, hatten wir dann im vergangenen Jahr doch ziemlich viele gemeinsame Gespräche auf dem Eis. Nachdem „Pietzi“ einer der besten Bully-Spieler in der DEL ist, kann ich mir nach wie vor eine ganze Menge von ihm abschauen und lernen.

    Stichwort Bully-Spiel: Sie zählen in der Tat zum Besten, was die Liga in diesem Bereich zu bieten hat, Herr Pietta. War das schon immer Ihre Domäne oder haben Sie daran in den vergangenen Jahren hart und intensiv gearbeitet?

    Pietta: Ich würde jetzt schon behaupten, dass ich das eigentlich schon immer ganz gut konnte. Aber natürlich kommt auch hier die Erfahrung wieder dazu. Im Laufe der Zeit lernt man seine Gegenspieler am Bullykreis kennen und weiß, was sie machen. Hinzu kommt, dass ich auch körperlich stärker geworden bin. Man trainiert ganz speziell seinen Oberkörper dafür, was letztlich auch hilft. Früher habe ich diesbezüglich Lehrgeld bezahlt, heute ist es das Gegenteil.

    Herr Stachowiak, nachdem Sie sich – wie wir jetzt wissen – von Daniel Pietta immer wieder Tipps und Ratschläge holen: Können Sie sich denn Ihren Teamkollegen später einmal als Trainer vorstellen?

    Stachowiak: Ja, definitiv – wobei ich „Pietzi“ jetzt schon eher in die Kategorie „Härterer Trainer“ einordnen würde. Ich denke, dass er seinen Spielern genau sagen, was sie falsch gemacht haben und gleichzeitig erwarten würde, dass sie es beim nächsten Mal richtig machen. In meinen Augen ist das auch eine gute Einstellung. Als Spieler kannst und sollst du ja auch Fehler machen, um dann daraus zu lernen. Nachdem „Pietzi“ ohnehin ein klassischer Führungsspieler ist, der ganz genau weiß, wie Eishockey funktioniert, kann ich mir ihn als Trainer wirklich sehr gut vorstellen – sei es bei den Profis oder im Jugendbereich!

    Sehen Sie sich nach Ihrer aktiven Spieler-Karriere auch im Trainer-Geschäft, Herr Pietta?

    Pietta: Schwierige Frage. Als Cheftrainer im Profibereich wohl eher nicht. Was ich mir dagegen schon vorstellen könnte, wäre die Arbeit mit jungen Spielern, um diese zu verbessern – sei es als Development Coach oder im Nachwuchsbereich. Ob ich mir den ganzen Druck bei den Profis antun möchte? Schwer zu sagen. So etwas entwickelt sich dann ja auch. Ich habe in der Vergangenheit schon oft von Leuten gehört, dass sie diesen oder jenen Job auf gar keinen Fall machen möchten – und genau das haben sie dann doch getan! Von dem her muss man einfach abwarten. Wenn Sie mich aber jetzt fragen, kann ich mir aktuell am ehesten eine solche Aufgabe als Bindeglied zwischen Nachwuchs und Profis vorstellen. Oder alternativ eine Tätigkeit als Scout. Aber ich hoffe, dass das noch weit weg ist. Ich habe ja immer betont, dass ich gerne bis zu meinem 40. Lebensjahr spielen möchte. Danach habe ich dann genügend Zeit, um über meine Zukunft nachzudenken.

    Herr Stachowiak, Sie sind 24 Jahre alt und damit 13 Jahre jünger als Daniel Pietta. Ist es für Sie vorstellbar, auch im Alter von 37 Jahren noch in der DEL zu spielen?

    Stachowiak: Sofern es mein Körper erlaubt, dann ja! Ich werde daher versuchen, so lange es geht körperlich fit und gesund zu bleiben – was „Pietzi“ im Übrigen sehr gut macht. Er ist auf alle Fälle fitter wie einige junge Spieler, die ich in der Liga kenne. Für mich ist es wichtig, dass ich später einmal zu einem Zeitpunkt aufhöre, zu dem ich noch meine Leistung bringe. Diesbezüglich ist Patrick Reimer ein perfektes Beispiel. Er hat nach seiner vergangenen starken Saison einen perfekten Zeitpunkt gefunden.

    Herr Pietta, in Ihrer DEL-Vita stehen aktuell 970 Partien zu Buche. Sollten Sie gesund bleiben, könnten Sie noch in dieser Saison in den Play-offs die 1000-Spiele-Marke überschreiten. Was bedeutet Ihnen dieser Meilenstein?

    Pietta: Natürlich wäre ich schon stolz darauf, so viele Partien in der höchsten deutschen Eishockey-Liga absolviert zu haben – zumal es nicht viele Spieler gibt, denen das ebenfalls gelungen ist. Wir waren ja in der vergangenen Saison mit dem ERC dabei, als Frank Hördler von den Eisbären Berlin sein 1000. Spiel gemacht hat. Das wurde schon ziemlich groß aufgezogen und war ein tolles Erlebnis. Bis es dann bei mir so weit ist, stehen noch einige Begegnungen bevor. Dabei gilt es, einerseits gesund zu bleiben und andererseits im Idealfall derart erfolgreich zu sein, dass wir im Anschluss noch weiterspielen. Aus Erfahrung weiß ich: Wenn man erfolgreich ist, machen solche Geschichten deutlich mehr Spaß.

    Werfen wir abschließend auch bei Ihnen einen kleinen Blick nach vorne, Herr Stachowiak. Im Jahr 2026 finden die Olympischen Spiele in Mailand und Cortina statt. Nachdem Sie in diesem Jahr mit der DEB-Auswahl bei der WM schon Silber gewonnen haben: Wäre eine Olympia-Teilnahme für Sie ein Traum?

    Stachowiak: Für mich ist das auf alle Fälle ein großes Ziel. Im Eishockey haben die Olympischen Spiele nochmals eine höhere Bedeutung wie eine Weltmeisterschaft. „Pietzi“ hat eine solch großartige Erfahrung ja bereits 2022 in Peking machen dürfen. Daher ist es auch für mich in der Tat ein großer Traum, für den ich weiter hart arbeiten werde.

    • Derby gegen München: Beim Derby am Donnerstag (19.30 Uhr) in der Saturn-Arena gegen Red Bull München bestreitet Panther-Cheftrainer Mark French sein 99. DEL-Spiel. Dabei kann er Kanadier möglicherweise wieder auf die beiden zuletzt fehlenden Angreifer Patrik Virta und Enrico Henriquez zurückgreifen. Ein letztes Mal gesperrt ist dagegen Nationalspieler Philipp Krauß.
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