Eishockey ist bekanntlich ein Sport, der besonders von Emotionen lebt. Petra Vogl, wie wichtig ist es für die Fans, dass es Identifikationsfiguren innerhalb der Mannschaften gibt?
Vogl: Ich finde es brutal wichtig. Früher war das ja gang und gäbe, dass jedes Team seine jeweilige Identifikationsfigur hatte. In den vergangenen Jahren ist das etwas verloren gegangen. Gerade was die Emotionen betrifft, ist es in meinen Augen, wie bereits gesagt, schon sehr wichtig.
Daniel Lang, wie wünschenswert ist es aus Vereinssicht, mindestens einen Spieler im Klub zu haben, der einer solchen Identifikationsfigur entspricht?
Lang: Grundsätzlich ist ja im Eishockey-Bereich ein großer Wechsel zwischen den einzelnen Spielzeiten fast schon üblich. Umso wichtiger ist es natürlich, Akteure wie beispielsweise unseren Kapitän Fabio Wagner im Verein zu haben, die schon viele Jahre hier sind und mit dem sich die Leute identifizieren können.
Fabio Wagner, als gebürtiger Landshuter stammen sie aus der dortigen EVL-Eishockey-Schule. Gab es während ihrer Nachwuchszeit auch den einen oder anderen Spieler, zu dem sie aufgeschaut haben?
Wagner: Als sich jung war, hatte eigentlich jeder Spieler Marco Sturm als großes Vorbild. Als Landshuter hat er bereits mit 16 Jahren in der DEL gespielt und ist dann nach Nordamerika gegangen, wo er in der NHL sofort Fuß gefasst hat. Von dem er war er seinerzeit das große deutsche Aushängeschild. Aber es gab auch damals in der 2. Liga einige Profis, die ebenfalls Identifikationsfiguren beim EV Landshut waren.
In der Regel haben deutsche Spieler diese Rolle als Identifikationsfiguren inne. Woran liegt das Ihrer Meinung nach, Frau Vogl?
Vogl: Zum einen sind deutsche Spieler zumeist länger bei einem Verein. Zum anderen kommt sicherlich auch die Sprachbarriere dazu. Als Fan ist es oftmals viel einfacher, mit einem einheimischen Spieler in der gleichen Sprache zu sprechen. Dadurch kann man ihnen ganz andere Sachen mitteilen.
Herr Lang, welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich in Ihrem Tätigkeitsbereich Marketing und Sponsoring mit Partnern gemacht? Werden beispielsweise bei Sponsoren-Termine oftmals deutsche Akteure bevorzugt?
Lang: Natürlich ist es immer hilfreich, wenn die von Petra Vogl bereits angesprochene Sprachbarriere wegfällt. Bei Sponsoren wie beispielsweise Audi oder MediaMarktSaturn lässt sich das in der Regel sehr einfach planen, da dort alle sehr gut Englisch sprechen. Wenn man dagegen an unsere Fanstammtische denkt, hat man durchaus mal den einen oder anderen Tisch, an dem das eben nicht der Fall ist. Da wird es dann natürlich schwierig, mit einem Nordamerikaner oder Franzosen entsprechend ins Gespräch zu kommen. Ich denke, dass es letztlich zwei Ebenen gibt. Auf dem Eis kann jeder Profi eine Identifikationsfigur sein. Abseits der Eisfläche ist es dagegen etwas anders. Im Gegensatz zu Fußball ist Eishockey eine Sportart, in der man als Fan nahe an den Spieler rankommt. Und da erleichtert eine einheitliche Sprache sicherlich vieles.
Identifikationsfiguren sind somit in der Regel deutsche Akteure, die schon längere Zeit beim jeweiligen Verein sind und dort auch ihre Leistung bringen. Eine Beschreibung auf Fabio Wagner, der 2014 zum ERC Ingolstadt kam, zutrifft. Fühlen Sie sich selbst als Identifikationsfigur bei den Panthern, Herr Wagner?
Wagner: Nun, für mich persönlich war es eigentlich immer wichtig, dass ich mich auch abseits des Eises entsprechend einbringe. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass man mit den Fans ständig im Austausch ist und für sie ein offenes Ohr hat. Was das betrifft, habe ich mich auch nie verstellt. Wobei ich glaube, dass das die meisten unserer Jungs genau so machen.
Vogl: Gerade bei Fabio finde ich es einfach richtig krass. Man hat ihn 2014 als jungen und schüchternen Burschen kennengelernt – und jetzt ist er auf gut Bayrisch ein „gestandenes Mannsbild“ und ein richtig guter Verteidiger. Auf einen solchen Spieler ist man als Fan natürlich schon sehr stolz. Auf Fabio trifft die Bezeichnung Identifikationsfigur zu 100 Prozent zu.
Können Sie sich denn Fabio Wagner überhaupt in einem anderen DEL-Trikot vorstellen, Frau Vogl?
Vogl: Schwer. Wenn jemand so ist wie Fabio, dann möchte man einen solchen Spieler am liebsten niemals gehen lassen. Momentan kann ich mir den ERC Ingolstadt ohne ihn ehrlich gesagt nicht vorstellen. Was ich im Übrigen auch noch extrem cool finde: Bei Fabio kommt auch immer die ganze Familie inklusive Oma zu den Spielen. So etwas ist für mich sehr emotional.
Wagner: Ja, das stimmt. Meine Oma, die bereits 90 Jahre alt ist, fährt mit meinem Papa nach wie vor zu jedem Heimspiel. Auch mein Opa, der hoffentlich im übernächsten Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, ist ein ganz großer Fan.
Ihr Vertrag beim ERC Ingolstadt läuft 2025 aus, Herr Wagner. Können Sie Petra Vogl jetzt schon die Angst nehmen, dass es zu einem Vereinswechsel kommen könnte?
Wagner: (lacht) Solche Aussagen zu treffen, ist immer schwierig. Ich glaube, dass man im Sport immer in der Gegenwart bleiben muss. Aber ich würde mich natürlich freuen, noch länger beim ERC Ingolstadt bleiben zu können. Was am Ende dabei herauskommt, wird man sehen. Für uns ist jetzt erstmal wichtig, als Team erfolgreich zu sein.
Als Direktor Marketing und Vertrieb käme Ihnen ein Verbleib des Panther-Kapitäns Fabio Wagner doch sicherlich auch entgegen, Herr Lang…
Lang: Nun, ich war in diesem Jahr zum ersten Mal in die Gestaltung unserer Trikots eingebunden beziehungsweise dafür verantwortlich. Dementsprechend muss man sich vor der Spielzeit auch Gedanken machen, welche Jerseys wohl gut und welche nicht so gut gehen. Und genau da sind wir wieder beim Thema Identifikationsfigur. Letztlich ist es zweitrangig, ob es ein Kontingentspieler oder deutscher Akteur ist. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass diese Spieler schon ein paar Jahre im Verein sind und im Idealfall auch noch längere Zeit bleiben. Denn wenn ich mir als Fan ein Trikot kaufe, ist es mir freilich lieber, dass dieser Profi auch künftig für meinen Verein spielt und nicht schon im nächsten Jahr wieder geht.
Vogl: Wenn ich mir persönlich ein Trikot kaufe, muss es ein Spieler sein, der bereits seine Spuren in Ingolstadt hinterlassen hat. Daher würde ich mir vor Saisonbeginn auch niemals ein Trikot von einem Neuzugang holen, da dieser erst einmal etwas für den Verein leisten muss. Daher habe ich zum Beispiel auch ganz viele Greilinger-Trikots daheim in meinem Schrank (lacht).
Der ERC Ingolstadt ist bekanntlich im Jahr 2002 in die DEL aufgestiegen. Wie hat sich denn das Ingolstädter Eishockey beziehungsweise der Verein in den vergangenen 23 Jahren aus Ihrer Sicht verändert, Frau Vogl?
Vogl: Natürlich ist der Klub insgesamt viel professioneller geworden. Was die Liga betrifft: Es hat in diesem Zeitraum immer mehr Multifunktionshallen gegeben, was ich persönlich als Fan jetzt nicht so toll finde. Stadien wie in Straubing oder Augsburg bedeuten für mich noch richtiges Eishockey-Feeling, während in großen Arenen viel verloren geht. Aber auch das Fanverhalten hat sich deutlich verändert. Früher gab es viele kleine Fangruppen, von denen immer mal jemand zu singen angefangen hat. Mittlerweile wird alles aus dem Ultra-Block heraus gesteuert. Darüber hinaus war vor einigen Jahren die Stimmung in den Hallen noch wesentlich aggressiver als heutzutage. Würden wir aktuell die Schlachtgesänge von früher singen, hätten wir wohl alle Stadionverbote (lacht). Jetzt müssen bereits im Vorfeld Fahnen, Busse und so weiter offiziell angemeldet werden. Dadurch ist eine gewisse Spontanität und Emotionalität einfach verloren gegangen.
Herr Lang, Sie stehen mittlerweile seit einem Jahr beim ERC Ingolstadt in der Verantwortung. Wenn Sie sich mit aktuellen Sponsoren sowie potenziellen Partnern unterhalten: Wie wird der Verein in Ingolstadt und der Umgebung wahrgenommen?
Lang: Das Eishockey hat in Ingolstadt eine große Tradition. Als ich das erste Mal mit meiner Tante im Eisstadion an der Jahnstraße war, war ich 13 oder 14 Jahre alt. 2024 hatten wir ja das 60-jährige Vereinsjubiläum. Und ich denke, dass man dazu gar nicht viel sagen muss. Oder wenn wir beispielsweise die Region 10 nehmen, in der ja auch die Neuburger Rundschau beheimatet ist: Da ist der ERC Ingolstadt definitiv ein Begriff. Daher glaube ich nicht, dass es in unserer Region viele Menschen gibt, denen der Verein unbekannt ist.
Sie konnten in den vergangenen zwölf Monaten den ERC Ingolstadt von „innen“ bestens kennenlernen. In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial, etwas zu verändern beziehungsweise an welchen Stellschrauben haben Sie bereits gedreht?
Lang: Ich denke, dass wir schon viele Dinge in Angriff genommen haben. Das beginnt damit, dass wir in der Sommerpause beide VIP-Räume umgebaut haben, was uns sicherlich vor Herausforderungen gestellt hat. Als Außenstehender fällt man in der Regel - unabhängig vom Thema - schnell mal sein Urteil. Wenn man dann aber mal einen Stein umdreht, tun sich plötzlich drei neue Fragen auf. Und wenn du diese dann beantwortet hast, tauchen auf einmal neun Fragen auf. Nichtsdestotrotz haben wir, wie gesagt, bereits einiges angestoßen. Neben den Umbaumaßnahmen in der Arena haben wir unter anderem einen neuen Ausschank geöffnet oder auch LED-Banden installiert, mit denen eine Modernisierung in der Halle Einzug hält. Darüber hinaus gibt es noch eine weitere Neuerung, die mir sehr am Herzen liegt.
Welcher wäre das?
Lang: Wir haben ein Modell mit dem Namen „Meine erste Dauerkarte“ geschaffen. Dabei handelt es sich um eine Saisonkarte für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die zu einem sehr reduzierten Preis angeboten wird. Als Verein ist uns klar, dass wir im Grunde neue Fans brauchen - gerade auch im Hinblick auf die Altersstruktur. Es wird immer wieder Anhänger geben, die irgendwann nicht mehr in der Kurve stehen, sondern sich lieber für einen Sitzplatz entscheiden. Und mit unserer neuen Aktion wollen wir einfach junge Leute dazugewinnen. Wir haben bislang schon über 60 dieser Dauerkarten verkauft, mit denen man dann beispielsweise auch mal an einem Regelkunde-Abend im VIP-Raum teilnehmen oder ein Training beziehungsweise Fahnenmal-Kurs besuchen kann. Sprich: Wir wollen diesen jungen Leuten den Eishockey-Sport einfach näherbringen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn du beim Eishockey mal dabei bist, bleibst du aufgrund der Attraktivität auch hängen.
Lassen Sie uns abschließend noch gemeinsam nach vorne blicken. Frau Vogl, welche Wünsche haben Sie sowohl an den Verein als auch die Mannschaft für die DEL-Saison 2024/25?
Vogl: Vom Team wünsche ich mir, dass es immer mit Herzblut spielt. Man kann immer verlieren, das ist klar. Aber dennoch muss man sehen, dass zumindest der Wille zum Gewinnen da war. Das hat mir in der vergangenen Saison leider oftmals gefehlt. Die Spieler sollen Spaß haben, bei uns zu spielen und unsere Farben in der Liga mit Stolz vertreten. Was den Verein betrifft: Es wäre schön, wenn wir immer in einem guten Austausch stünden, damit wir gemeinsam für die Fans noch viele coole Aktionen machen können. Wobei ich glaube, dass wir diesbezüglich auf einem guten Weg sind.
Welche Hoffnungen und Wünsche hegen Sie als Vereinsvertreter für die neue Spielzeit, Herr Lang?
Lang: Ich denke wirklich, dass wir im vergangenen Jahr einiges angestoßen haben. Im ersten Testspiel gegen Dresden haben wir für diese Veränderungen tatsächlich sehr viel positives Feedback bekommen. Das stimmt mich sehr zufrieden. Darüber hinaus bin ich auch der Meinung, dass der Kontakt zu allen Fangruppierungen richtig gut ist. Rein sportlich betrachtet wünsche ich mir von der Mannschaft logischerweise den maximalen Erfolg. Gleichzeitig muss man jedoch schon auch sagen, dass alle anderen DEL-Standorte ebenfalls nicht schlafen und ihre Hausaufgaben machen. Der Grundstock für eine gute und solide Saison ist zweifelsohne, dass alle gesund beziehungsweise von Verletzungen verschont bleiben.
Vogl: Was ich mir übrigens auch noch wünschen würde: Dass man den Spieler hinter der Nummer als Menschen etwas näher kennenlernt. Damit meine ich überhaupt nicht sein Privatleben. Aber es wäre schön, wenn man insgesamt doch etwas mehr von unseren Spielern erfahren würde.
Was wünschen Sie sich für die anstehende DEL-Saison, Herr Wagner?
Wagner: Dass wir als geschlossene Einheit auftreten, uns über die Saison als Mannschaft ständig weiterentwickeln, möglichst konstant spielen und auf dem Eis unsere eigene Identität schaffen. Wenn uns das gelingt, stehen unsere Chancen auf sportlichen Erfolg sicherlich gut. Wofür es dann am Ende in dieser sehr engen und ausgeglichenen Liga, in der oftmals nur Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden, reicht, wird sich zeigen.
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