Das mit dem Traumberuf ist in der Regel so eine Sache. Wer wünscht es sich nicht, mit dem, was ihm außerordentlich Spaß bereitet, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Während viele Menschen dieser Wunschvorstellung oftmals ihr ganzes Leben mehr oder weniger erfolglos hinterherjagen, scheint es bei Carina Seitzer anders zu sein. „Ich habe meinen Traumjob gefunden“, versichert die 33-Jährige glaubhaft. Und wer die Physiotherapeutin des ERC Ingolstadt in diesen Tagen während des Trainingslagers in Latsch aufmerksam beobachtet, kommt schnell zu der Erkenntnis, dass es sich dabei in der Tat um keine Worthülsen handelt, die in erster Linie dem Arbeitgeber schmeicheln sollen.
Egal, wo man die gebürtige Aachenerin auch trifft: Aus ihrem Gesicht tritt stets ein freundliches und zufriedenes Lächeln, oftmals garniert mit einem lustigen und netten Spruch. Kurzum: Schlechte Laune scheint es im (Berufs-)Leben der gebürtigen Aachenerin kaum zu geben. „Es macht einfach einen Riesenspaß, mit der gesamten Truppe zu arbeiten - zumal sie wirklich absolut pflegeleicht ist“, berichtet Seitzer, die „ihre“ Jungs bereits seit der vergangenen Saison im wahrsten Sinne des Wortes fest im Griff und sich dadurch innerhalb der Mannschaft ein erstklassiges Standing erarbeitet hat.
Physiotherapie-Studium über acht Semester
Dass ihr Weg früher oder später in den (Profi-)Sportbereich führen würde, war für Seitzer indes schon frühzeitig klar. Nach dem Abitur absolvierte sie zunächst ein Physiotherapie-Studium über acht Semester, ehe schließlich im Alter von 22 Jahren das Berufsleben begann. „Nachdem ich bereits während meines Studiums die Entscheidung getroffen hatte, den ‚sportlichen Weg‘ einzuschlagen, habe ich bereits bei meinen Bewerbungen darauf geachtet, dass es bei den jeweiligen Praxen diesbezüglich einen Zusammenhang gibt“, berichtet die Nordrhein-Westfälin, die es dann letztlich nach Ravensburg verschlug. Insgesamt neun Jahre verbrachte sie dort - sechs davon als Physiotherapeutin bei den Towerstars, die mit Seitzers Physio-Praxis entsprechend zusammenarbeiteten.
Etwaige Berührungsängste oder Bedenken vor der Arbeit mit den „hartgesottenen“ Eishockey-Profis als junge Frau hatte Seitzer indes nicht. „Vielleicht kommt es ja davon, dass ich mit zwei Brüdern aufgewachsen bin“, lacht sie und ergänzt: „Letztlich ist es egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Das Wichtigste in unserem Job ist, dass man sich das Vertrauen der Jungs erarbeitet. Sie müssen einfach wissen, dass sie sich auf dich und deine Arbeit verlassen können.“
Seit August 2023 beim ERC Ingolstadt
Nach einem knapp fünfmonatigen Intermezzo beim späteren DEL-Absteiger Bietigheim Steelers folgte schließlich zum 1. August 2023 der Wechsel ins Therapiezentrum Mailing von Matthias Klein, bei dem sie mittlerweile komplett für den ERC Ingolstadt abgestellt ist. „Nachdem ich im ersten Jahr meinem Vorgänger Florian Scheuerer noch über die Schulter schauen und dadurch die ganzen Abläufe kennenlernen konnte, bin ich nun zu 100 Prozent selbst verantwortlich“, berichtet Seitzer, die sich in ihrer „neuen“ Aufgabe - wen wundert's - bereits blendend zurechtgefunden hat. Auch die logistische Herausforderung für das einwöchige Trainingslager in Latsch löste sie mit Bravour. „Natürlich muss man sich im Vorfeld schon Gedanken machen, wie viele Sachen man letztlich mitnimmt, da man ja nichts vergessen will. Im Vergleich zu einem normalen Auswärtsspiel sind die Mengen, die man einpacken muss, logischerweise deutlich größer.“
Dass ihr Traumjob freilich auch überaus zeitintensiv ist, daraus macht Carina Seitzer erst gar keinen Hehl. „Wenn man einen solchen Job ergreift, dann weiß man schon im Vorfeld, was auf einen zukommen wird.“ Bislang hat sie jedoch Arbeit, Freizeit und Familie immer noch bestens unter einen Hut gebracht. „Klar ist vor allem die Vorbereitung ziemlich anstrengend. Sobald jedoch die Saison beginnt, stellt sich auch wieder ein gewisser Rhythmus ein“, weiß Seitzer. Nachdem der Montag im Eishockey zumeist der arbeitsfreie Tag ist, würden ihre Freunde oder Familienmitglieder eben bereits am Sonntag zu einem Heimspiel kommen, um dann gemeinsam den freien Montag zu genießen. „Damit haben sich mittlerweile alle, die mich kennen, sehr gut arrangiert.“
Guter Stress, schlechter Stress
Auch wenn die derzeit rund sechswöchige Vorbereitungszeit - wie bereits erwähnt - einen deutlichen zeitlichen Mehraufwand mit sich bringt, lässt sich die ehemalige Tennisspielerin nicht aus der Ruhe bringen. „Für mich gibt es immer guten und schlechten Stress“, erklärt Seitzer und fügt hinzu: „Ich finde einfach, wenn du deinen Traumjob machst und dabei Stress hast, ist es immer noch guter Stress. In diesem Fall kannst du damit dann auch ganz anders umgehen.“ Ihr fröhliches und zufriedenes Lächeln im Gesicht liefert dabei den schlagenden Beweis.
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