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Randsportarten: Die letzten Steinstoßer Neuburgs

Randsportarten

Die letzten Steinstoßer Neuburgs

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    Mit voller Kraft: Günter Selhuber (links) und Erwin Kettl beim Steinstoßen, einer von drei Disziplinen im Rasenkraftsport. Außerdem messen sich die beiden Neuburger im Hammerwerfen und Gewichtwerfen.
    Mit voller Kraft: Günter Selhuber (links) und Erwin Kettl beim Steinstoßen, einer von drei Disziplinen im Rasenkraftsport. Außerdem messen sich die beiden Neuburger im Hammerwerfen und Gewichtwerfen.

    Im Winter 2014 hatten die beiden alten Sportfreunde Günter Selhuber und Erwin Kettl einen glänzenden Einfall. Sie wollten wieder an einem Wettkampf im Rasenkraftsport, der die Disziplinen Hammerwerfen, Gewichtwerfen und Steinstoßen umfasst, teilnehmen.

    Da in Deutschland aber alles korrekt zugehen muss und deshalb Sportler bei offiziellen Wettbewerben Startpässe benötigen, wandten sich die beiden Neuburger vertrauensvoll an ihren Klub, den TSV. Nur um dort zu erfahren, dass die Rasensport-Abteilung gerade aufgelöst worden war. Ein Jammer – vor allem für den TSV. Denn nun schmückt sich der SV Zuchering mit einem deutschen Senioren-Vizemeister in der vom Aussterben bedrohten Sportart Steinstoßen.

    Es gab eine Zeit, da gehörte der TSV Neuburg zu den Hochburgen des Rasenkraftsports. Das ist zwar schon lange her. Doch Selhuber (55 Jahre) und Kettl (67 Jahre) können sich noch gut daran erinnern. „Mitte der 70er-Jahre ist die Abteilung gegründet worden“, sagt Kettl. Treibende Kraft war damals die Heinrich-Familie rund um Trainer Hermann und dessen Sohn Wolfgang. Wolfgang, weiß Kettl, sei zu jener Zeit ein „echter Star“ im Hammerwerfen gewesen. Bis zu 75 Meter habe er das Sportgerät geschleudert. „Damit gehörte er in Deutschland zu den Besten.“

    In Heinrichs Windschatten warfen bis zu 20 junge Neuburger mal schwere Kugeln (Hammer und Gewichte), mal noch schwerere Quader (Steine) durch die Gegend. Und das richtig gut. Kettl war da schon nicht mehr dabei. Er hatte seine Rasenkraftsport-Hochphase Ende der 60er-Jahre erlebt. Selhuber dagegen blieb damals lieber Stabhochspringer und Zehnkämpfer. Nur selten wagte er sich an das Steinstoßen. Noch seltener half er bei der Rasenkraftsport-Mannschaft aus.

    Die 70er- und 80er-Jahre gingen vorüber – und mit ihnen die „goldenen Zeiten“ des Rasenkraftsports in Neuburg. Wolfgang Heinrich wurde Masseur, Selhuber Apotheker und Kettl Wirtschaftsprüfer. Der Neuburger Rasenkraftsport siechte so langsam dahin. Bis Selhuber und Kettl der Ehrgeiz packte. Eine spontane Idee sei es gewesen, wieder mit dieser Sportart anzufangen, sagt Selhuber. Zusätzliche Motivation bot die süddeutsche Meisterschaft im September 2015.

    Um dort teilzunehmen, mussten sich die beiden aber erst einmal einen neuen Verein suchen. Das war nicht schwer: Der SV Zuchering nahm sie mit offenen Armen auf. Denn damit stieg die Teilnehmerzahl des Klubs auf satte zehn Leute an. Dass Selhuber in dieser Riege zu den Jüngeren zählt, verwundert die beiden nicht. „Rasenkraftsport ist keine Trendsportart“, sagt Kettl und lacht.

    Der erste Wettkampf im September verlief für die zwei Neuburger unterschiedlich erfolgreich. „Gut“, sagt Selhuber. „Nicht so gut“, sagt Kettl. Selhuber wurde in seiner Altersklasse der 50- bis 59-Jährigen Vizemeister, Kettl bei den 60- bis 69-Jährigen Siebter. Doch weniger als ein halbes Jahr später, bei der bayerischen Hallenmeisterschaft, bei denen nur das Steinstoßen auf dem Programm stand, funktionierte es schon besser – vor allem für Kettl. Seinen Stein schleuderte er gleich um 1,5 Meter weiter als ein halbes Jahr zuvor – auf insgesamt 7,64 Meter.

    „Wenn ich so weitermache, werfe ich in zwei Jahren über zehn Meter“, scherzt Kettl. Damit wäre er in der Tat ein ernsthafter Kandidat für das deutsche Steinstoß-Nationalteam. Ohne die baden-württembergische Konkurrenz wurde Selhuber dagegen locker bayerischer Meister. Genug, um sich aufs bundesweite Parkett zu wagen.

    Im Internet hatte der findige 55-Jährige vorab nach möglicher Konkurrenz Ausschau gehalten und vier ernsthafte Rivalen ausgemacht. Beim Bundeswettbewerb in der Erfurter Halle besiegte er sie alle – und wurde doch nur Zweiter. Denn ein wuchtiger Steinstoßer hatte just zu diesem Zeitpunkt auf unter 88 Kilogramm abgespeckt. Nun durfte er in Selhubers Gewichtsklasse antreten und gewann. Doch aufgeben wird Selhuber nicht. Eher hoffen, dass er bald 60 wird. „Dann bin ich in meiner Altersgruppe wieder der Jüngste“, sagt er. Und der Weg zum deutschen Meistertitel ist weniger steinig.

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