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Eishockey: „Mein Akku war ganz einfach leer“

Eishockey

„Mein Akku war ganz einfach leer“

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    Marco Sturm im Trikot des ERC Ingolstadt: Den Lockout der NHL in der Saison 2004/05 überbrückte der Stürmer in Oberbayern – und gewann mit den Panthern auch gleich den DEB-Pokal.
    Marco Sturm im Trikot des ERC Ingolstadt: Den Lockout der NHL in der Saison 2004/05 überbrückte der Stürmer in Oberbayern – und gewann mit den Panthern auch gleich den DEB-Pokal. Foto: Archiv

    Miami/Ingolstadt Seit vergangenem Wochenende ist es amtlich: Marco Sturm, einer der besten deutschen Eishockey-Spieler aller Zeiten, hat seine glanzvolle Karriere offiziell beendet. Neben 938 Partien in der nordamerikanischen National Hockey League für die San Jose Sharks, Boston Bruins, Los Angeles Kings, Washington Capitals, Vancouver Canucks und zuletzt Florida Panthers ging der 35-jährige Landshuter auch in der Deutschen Eishockey-Liga für seinen Heimatverein EV Landshut, die Kölner Haie und den ERC Ingolstadt auf Torjagd. Kein Wunder, dass die Anhänger der Schanzer noch heute in Erinnerungen schwelgen und fast schon wehmütig auf die Spielzeit 2004/2005 zurückblicken, als neben Andy McDonald (damals bei den Anaheim Ducks), Jamie Langenbrunner (New Jersey Devils) und Aaron Ward (Carolina Hurricanes) eben auch Sturm (San Jose Sharks) den NHL-Lockout in Oberbayern überbrückte. Wir haben mit dem zweifachen Familienvater in seiner Wahlheimat Coral Springs (Florida) sowohl über die Vergangenheit als auch seinen jetzigen Rücktritt vom Profisport gesprochen.

    Herr Sturm, warum haben Sie sich ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt dazu entschlossen, Ihre aktive Laufbahn als Eishockey-Profi zu beenden?

    Sturm: Mein Akku war ganz einfach leer. Ich hätte nicht mehr die 100 Prozent, die nötig gewesen wären, geben können – vor allem mental. Natürlich ist eine solche Entscheidung nicht einfach. Im Gegenteil, sie tut schon auch weh. Aber trotz allem ist sicherlich auch eine gewisse Erleichterung dabei.

    Sie haben sich für Ihre Entscheidung viel Zeit gelassen! Hatten Sie tatsächlich in Betracht gezogen, möglicherweise in dieser Saison nochmals zu spielen?

    Sturm: Ja, auf alle Fälle. Im Grunde bin ich vor einigen Monaten mit der gleichen Mentalität in die Sommerpause gegangen, wie in der Spielzeit zuvor. Ich wollte für mich herausfinden, ob das Verlangen, nochmals aufs Eis zurückzukehren, vorhanden ist. In der vergangenen Saison war das Ende Dezember, Anfang Januar der Fall. Ich habe mich seit langer Zeit endlich einmal wieder richtig gesund gefühlt und wollte unbedingt nochmals spielen – was ich dann ja auch bei den Kölner Haien unter Trainer Uwe Krupp getan habe. Doch in diesem Jahr war das Kribbeln einfach nicht mehr da. Und somit konnte es am Ende nur diese eine Entscheidung geben.

    Welche Rolle spielte Ihre Familie bei der Entscheidungsfindung?

    Sturm: Sicherlich eine ganz große beziehungsweise letztlich auch die entscheidende. Meine Ehefrau sowie unsere beiden Kinder mussten während meiner Karriere in der NHL, gerade mit den Klubwechseln in den vergangenen Jahren, sehr viel einstecken und hinnehmen. Jetzt ist es einfach an der Zeit, ihnen das zurückzugeben, worauf sie zuletzt enorm verzichten mussten: Die gemeinsame Zeit mit ihrem Vater und Ehemann. Die Familie steht jetzt für mich zu 100 Prozent im Vordergrund! Ich genieße die gemeinsamen Unternehmungen oder auch einfach nur, meine Kinder von der Schule abzuholen. Das sind Dinge, die ich lange Zeit leider kaum machen konnte.

    Sie haben insgesamt 14 Spielzeiten in der besten Eishockey-Liga der Welt, der NHL, verbracht. Was waren dabei Ihre positiven, aber auch negativen Höhepunkte?

    Sturm: Was die positiven betrifft, würde ich neben meinem ersten NHL-Match gegen Chicago, bei dem ich auch gleich mein erstes Tor erzielt habe, sicherlich auch den 2:1-Siegtreffer in der Verlängerung im Winter Classic Game mit den Boston Bruins gegen die Philadelphia Flyers nennen. Die weniger schönen waren zweifelsohne meine beiden Kreuzbandrisse. Der erste im Jahr 2008 war im Nachhinein eigentlich kein Problem. Ich bin nach der Reha, die super verlaufen ist, toll zurückgekommen und habe auf Anhieb wieder über 20 Tore geschossen. Auch die Olympischen Spiele in Vancouver 2010 konnte ich noch völlig problemlos absolvieren. Als ich mir dann wenige Monate später im ersten Play-off-Spiel mit den Bruins gegen Philadelphia zum zweiten Mal das Kreuzband gerissen habe, war das sicher der Knackpunkt in meiner weiteren Karriere.

    Noch weit vor Ihrem ersten Kreuzbandriss haben Sie in der Saison 2004/2005 Ihr Comeback in der Deutschen Eishockey-Liga beim ERC Ingolstadt gefeiert. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr Gastspiel bei den Panthern?

    Sturm: Ich würde es auf alle Fälle zu den schönen in meiner Karriere zählen. Nach langer Zeit hatte ich mal wieder die Möglichkeit, in Deutschland zu spielen und über einen längeren Zeitraum in meinem Haus in Landshut zu wohnen. Darüber hinaus hatte ich mit meinem damaligen Teamkollegen Günter Oswald einen erstklassigen Fahrpartner, mit dem ich ständig zwischen Landshut und Ingolstadt gependelt bin.

    Am Ende wurde aus den anfangs gemutmaßten ein oder zwei Monaten eine komplette Spielzeit in der DEL, da die NHL aufgrund des Lockouts ein komplettes Jahr pausierte...

    Sturm: (lacht) Ja, das stimmt. Damit hatte eigentlich niemand gerechnet. Aufgrund der bereits beschriebenen Gegebenheiten sowie der Tatsache, dass wir eine tolle Truppe und sehr viel Spaß hatten, war das jedoch mehr oder weniger leicht zu verschmerzen. Ich denke auch heute noch sehr gerne an diese schöne Zeit zurück.

    Wie geht es jetzt mit dem ehemaligen Eishockey-Profi Marco Sturm weiter? Haben Sie sich schon Gedanken über Ihre berufliche Zukunft gemacht?

    Sturm: Wie schon gesagt, steht jetzt zunächst einmal die Familie im Vordergrund. Ich trainiere derzeit die Eishockey-Mannschaft meines Sohnes Mason und auch noch andere Jugend-Teams. Das bereitet mir sehr viel Spaß und Freude. Wir waren erst kürzlich bei einem großen Turnier in Orlando. Ansonsten lasse ich alles auf mich zukommen. Unser jetziger Plan ist es, noch ein paar Jahre in Florida zu bleiben. Aber wenn ich einen Anruf mit einer interessanten Aufgabe bekomme, dann werde ich mir das mit Sicherheit anhören. Eines steht dabei jedoch fest: Trainer bei einer Senioren-Mannschaft werde ich niemals machen. Das ist definitiv nichts für mich (lacht).

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