Einmalig oder einzigartig - derlei Begriffe sind öfter zu hören, wenn jemand zum Beispiel von einer künstlerischen Darbietung besonders beeindruckt ist. Solche subjektiven Bewertungen stimmen meist nicht ganz, weil es bei näherem Hinsehen genug Alternativen ähnlicher Qualität und mit ähnlichem Programm gibt.
Im Falle von Silke Aichhorn freilich dürfte es auch den besten Experten kaum gelingen, etwas Vergleichbares in der weiten Welt der alten und auch der „jüngeren“ Musik zu finden. Was diese Harfenistin aus dem Chiemgau musikalisch wie auch mit einer kurzweiligen „Harfenkunde“ zwischendurch zu bieten hat, ist konkurrenzlos, also wahrhaft einzigartig.
Silke Aichhorn spielte auf drei Harfen beim Konzert in Neuburg
Drei Instrumente waren vor dem Publikum aufgebaut, eine große Konzertharfe in der Mitte, daneben zwei kleinere, eine Bayernharfe und eine Keltenharfe. Silke Aichhorn spielte alle drei Instrumente in einer lockeren, souveränen und vom ersten Ton an gewinnenden Art, sie brachte die Klangfarben zum Leuchten und legte eine zauberhafte Stimmung in den Saal.
Ein Hauch aristokratische Eleganz breitete sich schon zu Beginn mit Händels „Einzug der Königin von Saba“ im alten Gemäuer aus. Da wirkt nichts gravitätisch oder würdevoll überladen, die Musik schwingt und lebt. Große Barockmusik mit den Mitteln einer einzigen Harfe, das kennzeichnete auch den grandios gestalteten Schluss, die Suite Bachwerkeverzeichnis 1006a. Eine musikalisch und interpretatorisch höchst anspruchsvolle Tanzfolge, ursprünglich für Solovioline komponiert und an diesem Tag mit einer Harfe präsentiert. Auf dem gleichen Niveau bewegen sich die von Silke Aichhorn gespielten Werke der barocken Komponisten (und Harfenvirtousen) John Parry und Turlough O‘Carolan.
Ein Kilo Harfe kostet etwa 1200 Euro
Die Bayernharfe und auch die keltische Schwester sind eine Idee tiefer gestimmt und bringen im Klang eine etwas dunklere Färbung mit als die große, strahlende Konzertharfe. Was Silke Aiochhorn an der bayerischen Variante zu bieten hatte, gehörte zu den schönsten Momenten des Konzerts. Im Grunde sehr einfache Stücke wie der „Mühlbach-Landler“, der „Kohlgrub-Boarische“ oder „A staade Weis“ werden unter den Händen der Harfenistin zu anrührenden Klängen echter, tief empfundener Volksmusik. Es spielt nur eine Harfe, aber man meint oft genug, da wäre auch ein Hackbrett, ein weicher Zupf-Bass, eine Zither und eine Geige mit von der Partie. Klüger und gefühlvoller kann man solche nur bei oberflächlicher Betrachtung simplen Volksweisen kaum spielen.
Ganz nebenbei erfährt man noch, dass eine Harfe bis zu sieben Pedale besitzt, dass man die empfindlichen Instrumente mit ihren vielen Saiten jeden Tag aufwendig stimmen soll und dass die Konzertharfe pro Kilo 1200 Euro kostet. Kurz überschlagen kommt man auf knapp 50 000 Euro, also den Preis eines ordentlichen Mittelklasse-Wagens. Aber was ist der schon gegen eine große Harfe – der Preis ist gleich, der Wert nicht.
Eine Preziose der tollsten Art liefert Silke Aichhorn mit der Zugabe. Das Rondo alla Turca von Mozart erklingt hier in einer umwerfend witzigen, verrückt virtuosen Kombination aus Klassik, Jazz und Swing in allen möglichen und auch ein paar unmöglichen Tonarten und mit verwegenen kompositorischen Volten. Allein dieses charmante Schelmenstück wäre das Eintrittsgeld leicht wert gewesen.
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