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Schrobenhausen : Millionenschäden und politische Hürden: Schrobenhausen nach der Flutkatastrophe

Schrobenhausen

Millionenschäden und politische Hürden: Schrobenhausen nach der Flutkatastrophe

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    Das Hochwasser Anfang Juni hat im Schrobenhausener Ortsteil Mühlried erhebliche Schäden verursacht.
    Das Hochwasser Anfang Juni hat im Schrobenhausener Ortsteil Mühlried erhebliche Schäden verursacht. Foto: Reinhard Köchl

    Es sind schwere Wochen, die Harald Reißner hinter sich hat. „Das Hochwasser war für mich die schlimmste Zeit, die ich je erlebt habe. Autos sind an mir vorbeigeschwommen, eine Frau ist in ihrem Keller ertrunken, im gesamten Stadtgebiet mussten wir 500 Keller auspumpen, das Altenheim und der Kindergarten wurden überflutet, Menschen wussten nicht mehr wohin. Das sind Dinge, die man nicht vergessen kann und die mich heute noch mitnehmen. Ich bin wirklich gerne Bürgermeister von Schrobenhausen, aber so etwas muss ich nicht noch einmal mitmachen!“

    Der 63-jährige FW-Politiker wirkt auch mehr als einen Monat nach der Jahrhundertflut, die seine Stadt mit voller Wucht getroffen hat, noch so betroffen, als hätte sich alles erst gestern ereignet. Gleichzeitig versucht das Stadtoberhaupt fieberhaft Bewegung in die seit Jahren festgefahrene Debatte um einen Hochwasserschutz für Schrobenhausen zu bringen, eilt von Termin zu Termin, spricht mit Betroffenen und fungiert derzeit als oberster Krisenmanager. „Ich wünsche mir, dass nicht jeder immer nur sein eigenes Süppchen kocht, sondern dass wir uns endlich einmal alle auf eine Lösung verständigen können, die hilft, eine Wiederholung der fürchterlichen Ereignisse vom 1. Juni zu vermeiden!“ Denn als die über die Ufer getretene Paar damals die Menschen fast im Schlaf überraschte, war niemand darauf vorbereitet.

    Das Hochwasser hat in Schrobenhausen einen Millionenschaden verursacht

    Harald Reißner beziffert den Gesamtschaden in Schrobenhausen und seinen Ortsteilen im Gespräch mit unserer Redaktion nach vorsichtigen Schätzungen auf rund 35 Millionen Euro. Allein die Stadt muss 2,8 Millionen Euro aufbringen, um die entstandenen Schäden zu reparieren. Aus diesem Grund hat sich der Rathauschef der Lenbachstadt in dieser Woche auch in Hohenwart (Kreis Pfaffenhofen) auf Vermittlung des Landtagsabgeordneten Roland Weigert (FW) mit Kollegen aus anderen Paar-Anrainer-Gemeinden aus den Landkreisen Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen wie Alfred Lengler (Gachenbach), Helmut Roßkopf (Berg im Gau) und Klaus Angermeier (Aresing) getroffen, um gemeinsame Maßnahmen zur Vermeidung einer abermaligen Katastrophe auf den Weg zu bringen. „Unsere neue Leidensgemeinschaft“, nennt Reißner die Allianz mit leichtem Galgenhumor. Dabei herrschte Einigkeit, dass die Paar in ihrer Gesamtheit betrachtet und unbedingt auch der Landkreis Aichach-Friedberg mit ins Boot geholt werden müsse. Denn: „Wasser macht nicht vor einer Gemeinde- oder Landkreisgrenze Halt“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme.

    Das Hochwasser hat in Schrobenhausen zu großen Schäden geführt.
    Das Hochwasser hat in Schrobenhausen zu großen Schäden geführt. Foto: Marc Gruber, dpa

    Mühlried kämpft seit 1994 um einen mobilen Hochwasserschutz

    Die Probleme kennt der Mühlrieder Reißner, der seit 2020 im Rathaus sitzt, zur Genüge. Seit 1994 kämpft die Stadt um einen mobilen Hochwasserschutz, doch ein bestehendes Baurecht für drei Häuser im Zentrum verhinderte bislang dessen Verwirklichung. „Das Landratsamt hätte das Problem lösen können, doch es hat den Schwarzen Peter an uns abgeschoben“, übt der Bürgermeister unverhohlen Kritik an der Kreisbehörde. Weil das fragliche Grundstück sieben Jahre leer stand, wollte die Stadt den Bebauungsplan auflösen, stieß jedoch beim Grundstücksbesitzer auf erheblichen Widerstand, „weil Baurecht nun mal ein hohes Gut ist“, so Reißner. Nach zweijährigen, zähen Verhandlungen ist nun endlich eine Lösung in Sicht: Das Baurecht wird an anderer Stelle gewährt, das Grundstück würde dann frei.

    Das Hochwasser in Mühlried überschwemmte die Straßen und riss Autos mit.
    Das Hochwasser in Mühlried überschwemmte die Straßen und riss Autos mit. Foto: Reinhard Köchl

    Ein weiterer Dauerbrenner ist das Naturschutzgebiet Goachat südwestlich der Stadt, das nach dem Willen einer neu gegründeten Bürgerinitiative um den früheren Schrobenhausener Bürgermeister Josef Plöckl (CSU) spätestens nach der Katastrophe vom Juni zu einem zusätzlichen Rückhalteraum werden muss. Dagegen sträubt sich jedoch die noch ältere Bürgerinitiative „Rettet das Goachat“, die getreu ihres Namens die als FFH-Gebiet ausgewiesenen Paarauen zwischen Schrobenhausen und Hörzhausen in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten will und auch vehement gegen den Bau einer Trasse kämpft. Das Thema wird derzeit mindestens genauso heiß diskutiert, weil es inzwischen sogar Forderungen gibt, die ursprünglich auf Stelzen geplante Tangente durch das Goachat anzuheben, um damit quasi eine Art Staudamm zu erhalten.

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    Die Regenmassen haben Teile von Schrobenhausen unter Wasser gesetzt. Besonders die überlaufenen Flüsse Paar und Weilach machen Straßen und Wege unpassierbar. Einsatzkräfte versuchen alles, damit Häuser geschützt werden. Hier die Bilder von Samstag und Sonntag.

    Der folgende Satz Reißners könnte auch von seinem Neuburger Kollegen Bernhard Gmehling stammen: „Die Straße ist die einzige Möglichkeit, den Verkehr aus der Stadt zu bringen!“ Ließen sich damit die jahrzehntelangen Probleme lösen? Luftaufnahmen vom Juni-Hochwasser belegen jedenfalls, dass das Naturschutzgebiet in weiten Teilen vom Hochwasser verschont blieb – ganz im Gegensatz zu den Paarauen vor Waidhofen und Hohenwart. Am Montag, 15. Juli, soll bei einem Gespräch mit dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt der nächste Schritt in der „unendlichen Geschichte“ (Reißner) festgelegt werden.

    Bürgermeister Harald Reißner bleibt optimistisch

    Dass der Bürgermeister angesichts der andauernden Konflikte und Streitigkeiten immer noch Optimist bleibt, liegt vielleicht auch an der Landesgartenschau, die Schrobenhausen im Jahr 2031 ausrichten soll. Bis dahin soll das Thema „Hochwasser“ nach Möglichkeit nur noch eine finstere Episode der Stadtgeschichte sein. „Deshalb hoffe ich wirklich inständig, dass wir in spätestens vier bis fünf Jahren unseren Hochwasserschutz bauen können“, gesteht Harald Reißner. „Denn wegen der Klimaerwärmung häufen sich solche Ereignisse. Die Abstände jedenfalls werden immer kürzer!“

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