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Schrobenhausen: Landrat von der Grün bei "jetzt red i": "Wir sind am Anschlag"

Schrobenhausen

Landrat von der Grün bei "jetzt red i": "Wir sind am Anschlag"

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    In der Turnhalle der Maria-Ward-Realschule wurde die Sendung "jetzt red i" aufgezeichnet. Politische Gäste waren der CSU-Generalsekretär Martin Huber und die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge.
    In der Turnhalle der Maria-Ward-Realschule wurde die Sendung "jetzt red i" aufgezeichnet. Politische Gäste waren der CSU-Generalsekretär Martin Huber und die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge. Foto: Claudia Stegmann

    Rund 2300 Flüchtlinge hat der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen mittlerweile aufgenommen. Und es hört nicht auf. Alle zwei Wochen fährt ein Bus am Landratsamt vor und bringt weitere Menschen, die sich in Deutschland ein besseres Leben erhoffen. Die Frage, ob und wie der Kreis sie unterbringen kann, stellt sich nicht. Es muss gehen, egal wie. 80 Unterkünfte unterschiedlichster Größe verwaltet das Landratsamt mittlerweile, zwei Turnhallen sind dauerhaft belegt, zwei Containerunterkünfte wurden gebaut. Und trotzdem reicht es nicht. "Wir sind am Anschlag", sagt Landrat Peter von der Grün am Mittwoch in der Sendung "jetzt red i". Das Bayerische Fernsehen war nach Schrobenhausen gekommen, um dort die Bürgerinnen und Bürger zu fragen: Was muss sich in der Flüchtlingspolitik ändern? Des Rätsels Lösung konnte freilich an diesem Abend niemand geben.

    Die meisten Wortbeiträge der Livesendung, die in der Turnhalle der Maria-Ward-Realschule aufgezeichnet wurden, hatten im Kern eine Aussage: Die Zeiten von "Wir schaffen das" und unbegrenzter Aufnahme sind vorbei, stattdessen braucht es Grenzen – und zwar in beide Richtungen: weniger rein, mehr raus. So brachte es auch der CSU-Generalsekretär Martin Huber auf den Punkt: "Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze, ein Wandel ist notwendig." Es brauche eine Obergrenze, mehr Grenzkontrollen und mehr Abschiebungen.

    Auch Landrat Peter von der Grün kam zu Wort. Alle zwei Wochen kommen neue Flüchtlinge in den Landkreis – zuletzt vermehrt aus der Türkei.
    Auch Landrat Peter von der Grün kam zu Wort. Alle zwei Wochen kommen neue Flüchtlinge in den Landkreis – zuletzt vermehrt aus der Türkei. Foto: Claudia Stegmann

    Neben ihm war auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge politischer Gast der Sendung. Sie ist Mitglied im Innenausschuss und findet, dass schärfere Regelungen für Abschiebungen nur ein kleiner Teil der Lösung sein könnten. Es gehe auch darum, wie human man mit den Geflüchteten umgehen wolle. Ankerzentren an den europäischen Außengrenzen halte sie deshalb nur für bedingt erstrebenswert. Die Menschen dort über lange Zeit "wie im Gefängnis" zu halten, bis deren Status feststehe, sei jedenfalls nicht gewollt. 

    Zuletzt kommen vermehrt Flüchtlinge aus der Türkei in den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen

    Doch wann und wo soll sich entscheiden, wer nach Deutschland kommen darf? Landrat Peter von der Grün gab etwa zu bedenken, dass in den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen längst nicht nur Schutzbedürftige kommen. Zuletzt habe München vor allem Menschen aus der Türkei in den Bus nach Neuburg gesetzt. Für sie gebe es faktisch keine Bleibeperspektive, und trotzdem muss sich der Landkreis zunächst um sie kümmern. In der Sendung sagt er: "Wir sind an einem Punkt, dass wir nicht wissen, wo wir den nächsten Bus unterbringen sollen." Dieser Satz wurde jedoch in den vergangenen Jahren immer wieder ausgesprochen. Und immer wieder fand sich eine Lösung. Was wäre auch die Alternative? Den Bus zurückschicken, das traute sich bislang nur der Landshuter Landrat Peter Dreier.

    Gachenbachs Bürgermeister Alfred Lengler erzählte von seinen Erfahrungen mit übergriffigen Flüchtlingen in seiner Gemeinde.
    Gachenbachs Bürgermeister Alfred Lengler erzählte von seinen Erfahrungen mit übergriffigen Flüchtlingen in seiner Gemeinde. Foto: Claudia Stegmann

    Dass die Stimmung nicht nur bei den Behörden, sondern auch in der Bevölkerung kippen kann, erzählte Gachenbachs Bürgermeister Alfred Lengler. Seine Gemeinde haben sich zu Beginn der Flüchtlingswelle sehr schnell hilfsbereit erklärt und prozentual zur Einwohnerzahl die meisten Asylbewerber im Landkreis aufgenommen. Doch als dann Geflüchtete übergriffig wurden – körperlich wie materiell –, war es aus mit der Hilfsbereitschaft. Seitdem hätten seine Bürger Angst, nachts im Dunkeln durchs Dorf zu laufen. Noch gibt es zwei Flüchtlingsunterkünfte in seiner Gemeinde, doch deren Ende sei besiegelt. "Und dann nehm' ich niemanden mehr auf", sagt er BR-Moderator Tilmann Schöberl unumwunden. Damals wie heute scheut sich der CSU-Bürgermeister nicht, öffentlich zu einem "Jetzt reicht's" zu stehen.

    Bei der BR-Sendung "jetzt red i" spricht Bürgermeister Alfred Lengler aus Gachenbach Klartext

    Lengler fordert, wie andere Gäste an diesem Abend auch, eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge – und nicht nur eine Arbeitserlaubnis. "Die Kinder der Migranten haben ja schließlich auch eine Schulpflicht." Auch die Umwandlung von Bargeld in Sachleistungen kommt zur Sprache. 7,5 Milliarden Euro an Sozialleistungen sind nach den Worten von Generalsekretär Martin Huber bislang ins Ausland zurückgeflossen – als Unterstützung für die zurückgebliebenen Familien. Die Flüchtlingsdebatte sei an diesem Punkt auch eine Gerechtigkeitsdebatte, sagt er. So mancher deutscher Steuerzahler frage sich in diesem Zusammenhang schon, wer in diesem Land eher einen Anspruch auf Sozialleistungen habe. 

    Moderator Tilmann Schöberl konnte unter anderem Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner, Landrat Peter von der Grün (vorn rechts) und MdL Matthias Enghuber (links) begrüßen.
    Moderator Tilmann Schöberl konnte unter anderem Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner, Landrat Peter von der Grün (vorn rechts) und MdL Matthias Enghuber (links) begrüßen. Foto: Claudia Stegmann

    Auf der Arena-Tribüne des BRsaß auch Bettina Häring. Nach ihren Erfahrungen mit dem Umzug der Neuburger Gemeinschaftsunterkunft an den Stadtrand fühlt sich die Vorsitzende des Vereins "Asylsuchende sind Mitbürger" als Ehrenamtliche wenig wertgeschätzt. Ein Austausch mit den Migranten sei dort nicht möglich – "Integration ist vielleicht auch gar nicht gewollt", mutmaßt sie. Die aktuellen Debatten um ausreisepflichtige Menschen, Leistungsbezug und Obergrenze seien ihr mittlerweile zu nüchtern. "Wir reden nur noch über Zahlen. Wir müssen die Diskussion wieder ins Humanitäre lenken." 

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