Rund um Neuburg lagern noch Halden von Zuckerrüben, sie werden erst im Januar abgeholt. Die Ernte heuer ist mit 100 Tonnen und mehr pro Hektar gewaltig ausgefallen. „Das hatten wir noch nie“, sagt Joachim von Rotenhan, der die Abfuhr über die BMG Donau-Lech organisiert.
Dem starken Gewicht der Zuckerrüben steht allerdings ein magerer Zuckergehalt von derzeit 15,3 Prozent gegenüber. Gut wären 17 bis 18 Prozent. Der Ertrag der südbayerischen Zuckerfabriken Rain und Plattling wird sich also im Durchschnitt einpendeln. „Es war 2024 ein perfektes Wachstum der Rüben, aber in den trüben Herbstwochen fehlte die Sonne“, so lautet das Fazit von Südzucker-Fachmann Benjamin Kirchberger.
Über 600 Lkw-Ladungen Rüben werden derzeit jeden Tag nach Rain am Lech gebracht
Über 600 Lkw-Ladungen Rüben rollen täglich nach Rain am Lech. „Wir könnten Frost brauchen“, meint Joachim von Rotenhan, er könnte die Feldwege besser befahrbar machen. Im tiefen Boden rutschen die Lastwagen mit 26 Tonnen Last manchmal hin und her, bis sie ein schwerer Traktor an die Kette nimmt und herauszieht. Nachts um halb eins musste der Maschinenring-Mann zuletzt einen Fahrer bei Adelshausen abholen, weil sein Lkw liegengeblieben war.
Die Rotenhan-Flotte umfasst drei „Lademäuse“ und 33 Lastwagen. Mit seinen beiden Kollegen schickt er die Fahrer nach exaktem Termin- und Routenplan in die Arbeit. Als Bäuerliche Maschinengemeinschaft Donau-Lech organisieren sie den Transport von 700.000 Tonnen Zuckerrüben nach Rain. Das ist ein erheblicher Teil der 1,5 bis zwei Millionen Tonnen Rüben, die das Südzucker-Werk auch heuer wieder zu etwa 220.000 Tonnen Zucker verarbeitet. Der Zuckerverbrauch in Deutschland ist auf etwa 32 Kilogramm pro Jahr gesunken. Das sind immer noch über 80 Gramm Zucker, die statistisch jeder Bürger täglich über Süßigkeiten, Fertigprodukte, Kuchen oder Getränke aufnimmt. Ärzte und die Krankenhausgesellschaft in Bayern verlangen jetzt sogar eine „Zuckersteuer“.
Zuckerrübenkampagne 2024/2025 soll Ende Januar abgeschlossen sein
Über Weihnachten machen die Rübenfahrer drei Tage Pause, am zweiten Feiertag wird abends wieder nonstop gefahren. Im schwäbischen Werk Rain läuft die Verarbeitung sehr gut, die Kampagne 2024/25 soll Ende Januar abgeschlossen werden. Im niederbayerischen Plattling wird länger gearbeitet, weil eine Ausfallwoche nachgearbeitet wird. Eine von drei Rührwellen sei im Betrieb kaputtgegangen, und eine neue Welle musste aufwendig eingebaut werden.
Die Bedrohung durch schädliche Insekten nimmt im Einzugsgebiet der Zuckerfabrik Rain derweil weiter zu. Nördlich von Ingolstadt hat die Schilf-Glasflügelzikade bei Kösching/Oberdolling bereits etliche Rübenfelder befallen. „Die Zikade war schon länger da, sie schlummert im Boden“, so sagt es Benjamin Kirchberger von Südzucker. Solange man keine Gegenstrategie gefunden habe, müsse man von weiterer Ausbreitung der Schädlinge ausgehen. In Nordbayern gebe es heuer wieder massive Ausfälle mit „Gummi-Rüben“, die den Ernteschnitt auf 60 und weniger Tonnen pro Hektar drückt.
Schädlinge bereiten den Zuckerrübenbauern in der Region große Sorgen
Glasflügelzikaden übertragen zwei Bakterieninfektionen auf Rüben, Kartoffeln und andere Feldfrüchte. Die Fachwelt nennt die Infektionen Stolbur und SBR. Die Insekten saugen an den Blättern, legen ihre Eier an den Rüben ab und infizieren die Pflanzen. Die Blätter werden gelb, die Rüben verlieren Wasser und schrumpeln im Endstadium zusammen. Deshalb spricht man von Gummi-Rüben.
Biologen und Agrarier arbeiten an Gegenmitteln. Bei einem Treffen in München versprach Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber den Bauern und der Industrie Unterstützung. Unter anderem soll im betroffenen Gebiet bei Kösching 2025 ein Forschungsprojekt mit Feldversuchen unter Federführung des Julius Kühn-Instituts weiterlaufen. Ein wirksames chemisches Spritzmittel gegen die Zikade gibt es weiterhin nicht. Auch das „Aushungern“ des Insektes und seiner Larven mit Brachflächen im Winter sei nur begrenzt möglich, weiß Benjamin Kirchberger. Die Landwirtschaft müsse Erosion, Grundwasserschutz sowie Biodiversität im Auge behalten und dürfe große Flächen nicht unbewirtschaftet lassen.
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