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Neue Selbsthilfegruppe des Hospizvereins in Neuburg: Wie umgehen mit einem Suizid?

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Neue Selbsthilfegruppe in Neuburg: Wie umgehen mit einem Suizid?

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    Nimmt sich jemand selbst das Leben, bleiben Angehörige und Freunde oft völlig ratlos zurück. In Neuburg und Schrobenhausen gibt es nun eine neue Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene.
    Nimmt sich jemand selbst das Leben, bleiben Angehörige und Freunde oft völlig ratlos zurück. In Neuburg und Schrobenhausen gibt es nun eine neue Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene. Foto: Matthias Becker (Symbolbild)

    Warum hat er das getan? Gab es Anzeichen, die ich nicht bemerkt habe? Scheidet ein Familienmitglied oder ein guter Freund oder eine gute Freundin durch Suizid aus dem Leben, bleiben die Lebenden meist ratlos und hilflos zugleich zurück. So etwas ist nur sehr schwer verarbeitbar. Der Hospizverein Neuburg-Schrobenhausen hat nun in Neuburg eine Selbsthilfegruppe gegründet, die Anfang Januar die Arbeit aufnimmt. In Schrobenhausen gibt es ebenfalls eine ab April.

    Suizide werden gesellschaftlich nicht selten mit einem Tabu überzogen, das den Hinterbliebenen die Trauerbewältigung erschwert. Denn etwas, worüber man nicht reden kann, ist auch nicht verarbeitbar. Beim Verarbeiten einer solchen extremen Trauersituation will nun der Hospizverein mit besonders weitergebildeten Trauerbegleiterinnen und Trauerbegleitern helfen. „Wir starten mit der Selbsthilfegruppe ab 7. Januar. Ab da treffen sich Betroffene an jedem ersten Dienstag im Monat, immer von 18 bis 19.30 Uhr, in den Räumen unseres Vereins in der Münchener Straße“, berichtet Helga Grunwald, die die Trauerbegleitung koordiniert.

    Sie begleiten Trauernde in ihren schweren Stunden mit Rat und Gesprächen: (Von links) Liane Hatz, Helga Grunwald und Gisela Juen.
    Sie begleiten Trauernde in ihren schweren Stunden mit Rat und Gesprächen: (Von links) Liane Hatz, Helga Grunwald und Gisela Juen. Foto: Manfred Dittenhofer

    Hospizverein: Neue Suizid-Selbsthilfegruppe in Neuburg und Schrobenhausen

    Von den rund 30 Trauerbegleiterinnen und Trauerbegleiter, die der Verein einsetzt, haben fünf Frauen eine Weiterbildung bei dem Verein Agus durchgeführt. Agus steht für „Angehörige um Suizid“. Die Selbsthilfegruppe ist für Angehörige und auch Freunde gedacht, die einen Suizid verarbeiten müssen. Oft würden gerade solche Todesfälle regelrecht stigmatisiert, betont Gisela Juen, die zusammen mit Renate Rau die Neuburger Gruppe leitet. In Schrobenhausen werden Ines Eberl und Anja Rath zuständig sein. Liane Hatz springt in beiden Standorten als Trauerbegleiterin ein.

    Die Arbeit in dieser Gruppe gilt als besonders anspruchsvoll. Neben der Ausbildung zur Trauerbegleiterin, die 80 Unterrichtsstunden an vier Wochenenden von Freitag Mittag bis Sonntag Nachmittag in Anspruch nimmt, kommt noch eine Zusatzausbildung oben drauf. Dann erst ist man für diese anspruchsvolle und auch oft belastende Arbeit gerüstet.

    Nach einem Suizid bleiben Angehörige oft ratlos zurück

    Nimmt sich jemand selbst das Leben, bleiben Angehörige und Freunde oft völlig ratlos zurück. Abschiedsbriefe schreiben laut Statistik lediglich 65 Prozent der Suizidenten. 2023 setzten 10.300 Menschen in Deutschland ihrem Leben selbst ein Ende. Abschiedsbriefe können bei der Trauer helfen, wenn sie Erklärungen bereit halten. Es kommt aber auch vor, dass im letzten Brief Vorwürfe geäußert werden. Oft haben die Angehörigen eh schon Schuldgefühle. Mütter, die dachten, dass sie ihre Kinder kennen. Ehepartner, die aus allen Wolken fallen. „Angehörige haben nicht selten mit dem Verlust ihres Selbstwertgefühls, ihrer Sicherheit und ihres Vertrauens zu kämpfen“, erzählt Liane Hatz aus ihrer Erfahrung als Trauerbegleiterin. „Man dachte doch, dass man den Menschen kennt. Da ist dann kein Stein mehr auf dem anderen.“

    Da Suizid immer noch ein Tabuthema ist, wird er häufig verschwiegen. Andere Gründe für den plötzlichen Tod werden vorgeschoben. „Aber das hilft bei der Trauerbewältigung nicht“, weiß Gisela Juen. „Die Selbsthilfegruppe ist ein sehr niederschwelliges Angebot an Betroffene“, erklärt Helga Grunwald. Man kann über seinen Fall reden – man kann aber auch nur zuhören. „Alles, was gesprochen wird, bleibt in der Gruppe und wird vertraulich behandelt.“

    Vor der Selbsthilfegruppe steht immer ein Einzelgespräch

    Schlimm sei alleine schon, dass die Gesellschaft meist von Selbstmord spreche, so Liane Hatz. „Dabei ist Mord eine schwere Straftat.“ Deshalb sei es wichtig, diese Fehlbezeichnung zu vermeiden. Suizidenten befänden sich oft in Ausnahmesituationen, in tiefer innerer seelischen Not. Und sehen keinen Ausweg mehr. Häufig würden sie sich selbst als das Problem und den Suizid als Entlastung für die Angehörigen sehen. Dabei stürzen sie genau diese Angehörigen in ein Trauma. Und meist gebe es kaum Antworten auf das Warum. Besser ist es, sich die Frage zu stellen: „Wie kam es dazu?“ Hilfreich sei es, eine Verbindung mit dem Verstorbenen einzugehen, ihn ins Leben zu integrieren und den Suizid zu respektieren. „Was nicht bedeutet, dass man ihn akzeptieren muss.“ Nicht selten stürzt der Suizid Angehörige in eine tiefe Lebenskrise. Diese zu bewältigen, dabei will der Hospizverein helfen. Vor dem Besuch der Selbsthilfegruppe steht immer ein Einzelgespräch, damit Interessierte wissen, was auf sie zukommt und wie ihnen geholfen werden kann.

    Nähere Informationen findet man auf der Website des Hospizvereins www.hospizverein-neusob.de. Anmelden kann man sich über die Mailadresse info@hospizverein-neusob.de oder telefonisch unter 08431/4364061.

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