i
Foto: Uwe Anspach, dpa (Symbolfoto)
Foto: Uwe Anspach, dpa (Symbolfoto)

Babys kann eine Infektion mit dem RS-Virus stark zu schaffen machen.

Neuburg
10.11.2021

Über der Kapazitätsgrenze: RS-Virus bringt Neuburger Kinderklinik ans Limit

Von Katrin Kretzmann

Während Corona die Intensivstationen in den Krankenhäusern an ihre Kapazitätsgrenzen bringt, ist es das RS-Virus in den Kinderkliniken. Warum die Krankheit sich so stark ausbreitet und wie die Lage in Neuburg ist.

Es ist kein neues Virus und gehört eigentlich zu den klassischen Erkältungskrankheiten, die in jedem Herbst und Winter vorkommen. Doch heuer bringt es die Kinderkliniken in ganz Deutschland mittlerweile an ihre Belastungsgrenzen: das RS-Virus. Besonders Kleinkinder und Säuglinge sind von der Krankheit betroffen, die die Atemwege, aber auch Bronchien und Lunge befallen kann – teilweise mit schwerem Verlauf. Auch die Klinik für Kinder und Jugendliche an der KJF Klinik Sankt Elisabeth in Neuburg ist am Limit – und das nicht nur aufgrund des RS-Virus.

Klinik in Neuburg an Belastungsgrenze: RS-Virus als häufigster Bronchitiserreger bei Kindern

„Wir sind an der Kapazitätsgrenze, ja sogar darüber“, sagt Florian Wild, Leitender Oberarzt an der Kinderklinik in Neuburg. Mit der Außenstelle in Ingolstadt stehen insgesamt 65 Betten zur Verfügung, 40 davon in der Kreisstadt. „Wir betreuen aber aktuell 71 Kinder“, sagt der Mediziner. Um der Belegung nachzukommen, habe man dafür bereits zusätzliche Betten in der Gynäkologie im Haupttrakt der KJF Klinik in Neuburg aufgestellt.

Insgesamt 15 Kinder, die alle unter zwei Jahre alt sind, befinden sich aufgrund einer Infektion mit dem RS-Virus aktuell in stationärer Behandlung – und damit laut Wild doppelt so viele wie in früheren Jahren. „Es ist der häufigste Bronchitiserreger bei Kindern unter zwei Jahren“, erklärt der Oberarzt. „Und je jünger die Kleinen, desto kränker sind sie.“

i
Foto: Silvia Marks, dpa (Symbolfoto)
Foto: Silvia Marks, dpa (Symbolfoto)

„Maske, Abstand und Lockdown" haben laut Arzt für Anstieg der RS-Infektionen gesorgt.

Das Respiratorische-Syncytial-Virus, kurz RSV oder RS-Virus, ist laut Robert-Koch-Institut ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern. Die typischen Symptome der Krankheit – auch bei Erwachsenen – sind neben einer triefenden Nase und Husten auch Halsschmerzen und Fieber.

Bei Säuglingen oder Kleinkindern verläuft eine RSV-Infektion im Allgemeinen schwerer, häufig kommt es nur zu einer Bronchitis, teilweise aber auch einer Lungenentzündung. „Gefährlich wird es, wenn das Immunsystem geschwächt ist“, erklärt Wild. Das gelte neben Kindern mit Vorerkrankungen besonders auch für Frühchen, deren Abwehrkräfte noch nicht voll funktionsfähig seien. „Und je kleiner die Kinder sind, desto höher ist das Risiko, eine schwere Lungenentzündung zu bekommen.“ Im schlimmen Fällen müssen die Kleinen beatmet werden. Das sei laut Wild aber momentan nicht der Fall, auch liege keines der Kinder, das mit dem RS-Virus infiziert ist, auf der Intensivstation.

„Maske, Abstand und Lockdown" haben laut Arzt für Anstieg der RS-Infektionen gesorgt

Für den drastischen Anstieg der Infektionen mit dem RS-Virus sieht der Leitende Oberarzt klare Gründe: „Maske, Abstand und Lockdown.“ Das Virus wird durch eine Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Durch geschlossene Kindertagesstätten, aber auch Kindergärten und Schulen habe es an Kontakten und somit an Möglichkeiten gefehlt, sich anzustecken, erklärt Wild. „Wir hatten jetzt auch aufgrund der Herbstferien generell einen leichten Rückgang der Erkrankungen festgestellt, da die Einrichtungen geschlossen sind.“

Wie können die Kinder vor der Infektion geschützt werden? Laut Oberarzt Wild ist das kaum möglich. „Ein Kind im Kita-Alter muss einen Infekt durchmachen, damit das Immunsystem lernt.“ Aufgrund der Regelungen zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus habe es im vergangenen Jahr so gut wie keine Erkältungskrankheiten gegeben, die Abwehrsysteme der Kinder hätten also keine Chance gehabt, mit dem RS-Erreger sozusagen Erfahrung zu sammeln. „Die Kinder holen jetzt alles nach“, sagt Wild.

Ein weiterer Schutz sei natürlich Abstand, aber den einzuhalten, sei bekanntlich nicht immer leicht, besonders bei Kindern. Wer die Krankheit hingegen schon einmal hatte, egal ob Erwachsener oder älteres Kind, könne sich zwar wieder anstecken. Der Verlauf sei dann aber meist deutlich milder.

Obwohl die Lage in der Klinik für Kinder und Jugendliche in Neuburg momentan mehr als angespannt ist, „weisen wir niemanden ab“, betont der Mediziner – auch wenn die kleinen Patienten bis aus München oder Regensburg kommen. „Und das ist aufgrund der Lage und des akuten Personalmangels natürlich alles andere als leicht.“

Facebook Whatsapp Twitter Mail