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Neuburg: Stadttheater: Herzerfrischender „Tartuffe“

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Stadttheater: Herzerfrischender „Tartuffe“

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    Die zu Molières Zeiten umstrittene Komödie spielt diesmal in den wilden 70er Jahren.
    Die zu Molières Zeiten umstrittene Komödie spielt diesmal in den wilden 70er Jahren. Foto: Elke Böcker

    Mit einem mitreißenden „Tartuffe“ von Molière begeisterte die Burghofbühne Dinslaken das Neuburger Publikum. Die zu Molières Zeiten höchst umstrittene Komödie um den skrupellosen, gleichzeitig charismatischen Tartuffe wird in der Inszenierung von Boris C. Motzki ganz spielerisch in die wilden 70er Jahre des 20. Jahrhunderts versetzt.

    Ein sardonischer Tartuffe, gekonnt verkörpert von István Vincze, bringt das Leben von Orgon, den Arno Kempf in aller Leidenschaft darstellt, völlig durcheinander. Orgon verfällt dem messianischen Scharlatan völlig widerstandslos, verspricht ihm seine Tochter zur Frau, jagt den eigenen Sohn aus dem Haus und überschreibt Tartuffe all sein Hab und Gut. Nur sein Freund Cleante (Matthias Guggenberger) und das kluge Dienstmädchen Dorine (Christine Schaller) durchschauen den Schurken von Anfang an.

    Ränkespiele im Stadttheater in Neuburg

    Doch auch Ehefrau Elmire (Christiane Wilke), Tochter Mariane (Maren Kraus) und der eher missratene Sohn Damis (Philip Pelzer) erkennen deutlich schneller als Orgon die Ränkespiele des manipulativen Betrügers. Auch der ausgebootete und hinreißend stotternde und komisch tollpatschige Verlobte Valère (Markus Penne) will bei dessen Entlarvung helfen. Doch am Ende kommt alles ganz anders als erwartet.

    Ein mehr als ambitioniertes Ensemble, das trotz Corona-Masken gut zu hören war, zeigte in der sehr eigenständigen, überzeugenden Inszenierung, die Versform und französische Chansons gleichermaßen gekonnt einsetzte, was Theater bedeuten kann. Mit Folke Brabands Molière-Übersetzung bekommt die unwiderstehliche Komödie ein fast unglaubliches Tempo, die Dramaturgie von Nadja Blank verleiht ihr eine comicähnliche Bildsprache und mit Manuel Kolips zum Teil recht ulkigen Kostümen gelingt eine Verortung in der nahen Vergangenheit und auch im Heute.

    "Tartuffe": Die Zuschauer in Neuburg klatschten

    Den enthusiastisch klatschenden Zuschauern hat das Landestheater Wesel einen unvergesslichen, herrlich komischen und nachdenkenswerten Abend beschert. So können wir – auf alle Sicherheitsvorkehrungen achtend, die die Mitarbeiter des Kulturamtes mit viel Sorgfalt und Mühe vorhalten – mit geistigem Input die Krisen der entnervenden Pandemie durchstehen. Theater ist in diesen Tagen wichtiger denn je, lässt es uns doch die Welt ein Weilchen fast vergessen oder schenkt uns einen ganz speziellen, analytischen Blick auf selbige.

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