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Neuburg-Schrobenhausen: Landrat von der Grün: "Ich erwäge keinen vorzeitigen Rücktritt"

Neuburg-Schrobenhausen

Landrat von der Grün: "Ich erwäge keinen vorzeitigen Rücktritt"

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    2019 gratulierte Roland Weigert seinem frisch gewählten Nachfolger Peter von der Grün. Der Handschlag kam allerdings nicht aus Überzeugung.
    2019 gratulierte Roland Weigert seinem frisch gewählten Nachfolger Peter von der Grün. Der Handschlag kam allerdings nicht aus Überzeugung. Foto: Xaver Habermeier (Archiv)

    Es ist eine Nachricht, die seit Montagabend die politische Diskussion im Landkreis dominiert. Landrat Peter von der Grün kehrt den Freien Wählern den Rücken und befreit sich politisch von der Fraktion im Kreistag. Es ist ein Paukenschlag, den so niemand hat kommen sehen. Und auch am Tag danach können die meisten noch nicht so recht abschätzen, was genau das jetzt zu bedeuten hat. 

    Vor allem bei den Freien Wählern muss der überraschende Austritt erst einmal verdaut werden. Kreisvorsitzender Shahram Tabrizi, Fraktionsvorsitzender Ludwig Bayer und Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner saßen am späten Montagnachmittag in anderer Sache zusammen, als ihnen von der Grün am Ende des Gesprächs kurz und knapp seine Entscheidung mitteilte. Bayer, der eigentlich schon auf dem Sprung zu einem anderen Termin war, fühlte sich von der Nachricht überrollt. "Ich hatte nur noch fünf Minuten Zeit, deshalb konnten wir nicht ausführlicher darüber sprechen. Das hat mir gar nicht gepasst."

    Es sei der fehlende Rückhalt, den er vermissen würde, begründete er seinen Schritt und nannte als jüngstes Beispiel eine fraktionsinterne Entscheidung, die ohne ihn getroffen worden war und mit der er dann unvorbereitet bei der Abstimmung im Kreistag konfrontiert wurde. "Ich war selbst nicht glücklich, wie das gelaufen ist. Aber was hätte ich tun sollen? Die Entscheidung fiel fünf Minuten vor der Kreistagssitzung, und der Landrat war in der Fraktionssitzung nicht dabei", rechtfertigt sich Bayer.

    Landrat Peter von der Grün rechnet scharf mit Roland Weigert ab

    Roland Weigert als Keim allen Übels zu deklarieren, greift für Shahram Tabrizi zu kurz. "Zweifelsohne sind Peter von der Grün und

    Über fast zwei DIN-A4-Seiten hinweg rechnet von der Grün in dem Brief mit seinem Vorgänger ab. Weigert spiele eine zentrale Rolle bei seiner Entscheidung, aus der FW-Fraktion im Kreistag auszutreten. Sinngemäß habe er seine Parteikollegen gegen ihn aufgehetzt, ihn öffentlich bloßgestellt und Gremiumsmitglieder zu Rücktritten angestachelt.

    Nach Ansicht von Peter von der Grün überschätze sich Weigert. "Seine eigene Leistungsbilanz als Landrat erschöpft sich meiner Ansicht nach im Wesentlichen daran, die gelbe Mülltonne eingeführt und den Projektbeschluss für die neue Paul-Winter-Schule herbeigeführt zu haben", heißt es in dem offenen Brief an seine Parteikollegen. Am Kreiskrankenhaus in Schrobenhausen sei indes gar nichts passt, "hier sind wir zehn bis 15 Jahre zurück". Als Landtagsabgeordneter habe er entgegen seinem Versprechen gegenüber den Bürgern plötzlich für einen Flutpolder bei Bertoldsheim gestimmt, und als Staatssekretär habe er kaum Impulse gesetzt. 

    Peter von der Grün will bis 2026 Landrat in Neuburg bleiben

    Roland Weigert nimmt die Vorwürfe gelassen hin. Das Schreiben sei ein Blitzableiter, mit dem sich von der Grün den Frust von der Seele geschrieben habe, sagt er. "Das muss man aushalten und das tue ich auch." Er verschleiere aber, dass es zuletzt über alle Parteien hinweg Kritik gab und nicht nur seitens der Freien Wähler. Nichtsdestotrotz könne er die Reaktion verstehen. "Sie ist sehr menschlich und nachvollziehbar."

    Welche Auswirkungen hat der Austritt nun für die politische Arbeit im Landkreis? Rein formal gesehen, zunächst keine. Peter von der Grün bleibt Landrat, das bestätigt er auch auf Nachfrage. "Ich erwäge keinen vorzeitigen Rücktritt", gleichzeitig mache er aber "den Weg frei für eine personelle Neuausrichtung innerhalb der FW". Politisch gesehen ist die Angelegenheit aber diffiziler. Ohne Fraktion im Rücken ist es deutlich schwieriger, Mehrheiten für sich zu gewinnen. Es hängt deshalb im Wesentlichen davon ab, wie sich die Freien Wähler künftig ihrem abtrünnigen Landrat gegenüber verhalten. Verhärten sich die Fronten oder kommt es zu einer Annäherung? Darüber werden Fraktions- und Kreisvorstand nun sprechen müssen. Unabhängig davon fühlt sich von der Grün "jetzt gestärkt, weil ich noch mehr als zuvor ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit Politik für die Menschen im Landkreis machen kann". 

    Kandidiert Peter von der Grün 2026 womöglich für die Grünen als Landrat?

    SPD-Fraktionssprecher Werner Widuckel stellt sich indes die Frage, auf welcher politischen Grundlage der Landrat sein Amt unter den zerrütteten Gegebenheit künftig ausüben kann. "Bei der Beantwortung dieser Frage muss in erster Linie das Wohl des Landkreises im Vordergrund stehen. Das Ziel muss ein Ende der Konflikte und Belastungen der letzten Monate sein.“ Die CSU nimmt die Geschehnisse allenfalls interessiert zur Kenntnis. "Das ist eine Sache, die die Freien Wähler intern regeln müssen", sagt Fraktionsvorsitzender Stefan Kumpf. 

    Rückendeckung erhält von der Grün dagegen von Martin Wendl. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Kreistag wurde sich, dass der Landrat bei "so vielen Intrigen" nicht schon früher die Reißleine gezogen habe. Es sei "katastrophal, was gerade passiert: Die CSU macht Wahlkampf und die Freien Wähler zerfleischen sich". Die Meinung über Roland Weigert teilt er mit von der Grün, die Kritik an dessen Arbeit kann er nicht nachvollziehen. Wendl hält ihm also die Stange, was die Vermutung nährt, dass Peter von der Grün 2026 womöglich unter grüner Flagge erneut als Landrat kandidieren könnte. Angesprochen darauf, lacht Wendl und sagt: "Gute Idee, ich frag' ihn mal!"

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