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Neuburg-Schrobenhausen: Hochwasser: Warum der Polder bei Riedensheim nicht geöffnet wird

Neuburg-Schrobenhausen

Hochwasser: Warum der Polder bei Riedensheim nicht geöffnet wird

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    Die vom Hochwasser betroffenen Anlieger in Stepperg forderten die Öffnung des Polders. Bürgermeister Georg Hirschbeck zeigt sich dagegen skeptisch. Die Öffnung des Polders brauche eine exakte Vorbereitung und Klärung des Schadensersatzes für die gefluteten Felder. Beides sei derzeit nicht der Fall.
    Die vom Hochwasser betroffenen Anlieger in Stepperg forderten die Öffnung des Polders. Bürgermeister Georg Hirschbeck zeigt sich dagegen skeptisch. Die Öffnung des Polders brauche eine exakte Vorbereitung und Klärung des Schadensersatzes für die gefluteten Felder. Beides sei derzeit nicht der Fall. Foto: Winfried Rein

    Am Sonntag hätte man zeitweise glauben können, in Stepperg gibt es ein großes Fest. Autos mit auswärtigen Kennzeichen und Radfahrer fuhren durch die Straßen und ignorierten dabei auch so manches Sperrschild. Ihr Ziel war allerdings kein Festgelände, sondern der Flutpolder. Es hatte sich die Nachricht verbreitet, dass die Anlage angesichts des Hochwassers ihre Schleusen öffnet - ein Gerücht, das durch einen überraschenden Anruf eines Ministers ausgelöst worden war. Entsprechend viele Menschen waren an dem Bauwerk bei Riedensheim unterwegs, bis Bürgermeister Georg Hirschbeck die Straßen sperren ließ, weil der Tourismusverkehr die Feuerwehr in ihrer Arbeit behinderte. 

    Der Flutpolder blieb nicht nur am Sonntag, sondern auch am Tag danach geschlossen. Am Montag bestätigt das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, dass eine Flutung aller Voraussicht nach nicht stattfinden wird, weil die dafür notwendige Wassermenge fehlt. Denn der Betrieb für den Riedensheimer Flutpolder sieht vor, erst bei einem Abfluss von 2200 Kubikmetern pro Sekunde in der Donau den Polder zu fluten. Damit ist sein Einsatz nur in extremen Hochwassersituationen vorgesehen. Und diese Menge wird den Prognosen nach nicht erreicht.

    Das untere Dorf in Stepperg ist dieser Tage nur per Boot zu befahren. Das gilt auch für die Mitglieder der Feuerwehr.
    Das untere Dorf in Stepperg ist dieser Tage nur per Boot zu befahren. Das gilt auch für die Mitglieder der Feuerwehr. Foto: Winfried Rein

    Damit ein Flutpolder wirkt, ist es wichtig, den Höchststand des Hochwassers zu erwischen. "Es macht keinen Sinn, das Wasser in das Becken zu lassen, wenn der Fluss noch ansteigt. Denn wenn der Scheitelpunkt kommt und der Polder dann schon voll ist, hat er überhaupt keinen Effekt mehr", erklärt der zuständige Abteilungsleiter Thomas Zapf vom Wasserwirtschaftsamt. Wird er geöffnet, können auf einer Fläche von 220 Hektar rund acht Millionen Kubikmeter Wasser zurückgehalten werden. Das hat zur Folge, dass der Spitzenabfluss in der Donau um 165 Kubikmeter pro Sekunde reduziert und in Neuburg die Wasserhöhe um etwa 35 Zentimeter gesenkt werden kann. 

    Flutpolder in Riedensheim überschwemmt größtenteils landwirtschaftliche Flächen

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    Das Wasser ergießt sich dann größtenteils über landwirtschaftlich genutzte Ackerflächen. Kreisrat Ludwig Bayer baut dort Futtermais für seine Tiere an. Würden seine Äcker jetzt geflutet, wäre der Anbau zunichtegemacht. Ihn ärgert, dass unbedarfte Menschen schon "beim ersten Tropfen Wasser" die Öffnung des Polders fordern, ohne an die Konsequenzen der betroffenen Landwirte zu denken. Die finanziellen Einbußen muss zwar der Freistaat übernehmen, die Ausfälle bleiben aber. "Ich kann meinen Tieren ja keine 50-Euro-Geldscheine zum Fressen hinwerfen."

    Einer, der den Riedensheimer Polder am Wochenende ebenfalls frühzeitig öffnen wollte, war Umweltminister Thorsten Glauber. Er hat Ludwig Bayer am Samstag höchstpersönlich angerufen und ihn darüber informiert. Wie Bayer erzählt, habe er Glauber davor gewarnt, weil der Scheitelpunkt erst für Dienstag prognostiziert war und eine verfrühte Flutung die Wirkung verfehle. Überzeugen ließ sich der Minister von Bayers Worten allerdings nicht, weshalb der Landwirt seine Kollegen informierte und sich so die Nachricht verbreitete, die sich später als Fehlinformation herausstellen sollte.

    Umweltminister Glauber spricht über vorzeitige Öffnung des Polders

    Dass ein Minister eine derart wichtige Entscheidung über einen Landwirt kommuniziert und nicht über den Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, den Landrat oder den betreffenden Bürgermeister, kann Georg Hirschbeck nicht nachvollziehen. Die Verärgerung ist in den wenigen Sätzen, die er darüber verliert, nicht zu überhören. "So was geht überhaupt nicht. Da muss man gar nicht weiterreden. Da fehlt's vom Boa weg." Der Vorfall werde ein entsprechendes Gespräch nach sich ziehen, "und es wäre mir recht, wenn der Ministerpräsident dabei wäre". 

    MdL Roland Weigert (im Tarnanzug) sprach mit Anliegern und Einsatzkräften über die Lage in Stepperg.
    MdL Roland Weigert (im Tarnanzug) sprach mit Anliegern und Einsatzkräften über die Lage in Stepperg. Foto: Winfried Rein

    Als am Sonntag die Wehranlage von Schaulustigen besiedelt wurde, stand bereits fest: Der Polder wird nicht vorzeitig geflutet. Das hatte Landrat Peter von der Grün nach Rücksprache mit dem Wasserwirtschaftsamt erfahren. Einen Tag später stand dann fest, dass der Flutpolder bei diesem Hochwasser mit sehr großer Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr zum Einsatz kommen wird. Die letzte Prognose geht von einem Höchststand von 1950 Kubikmetern aus und liegt damit weit unter der Sollgrenze.

    Mit dem Polder können auch ökologische Flutungen gesteuert werden. Sie dienen in erster Linie der Belebung und Aufwertung von Flora und Fauna im Donau-Auwald. Bei Hochwasser kommen ökologische Flutungen allerdings nicht zum Einsatz, sagt Thomas Zapf vom Wasserwirtschaftsamt, weil die Abflussmenge gering und die Wirkung auf das Hochwasser nur marginal ist. Die kontrollierten Auwald-Überschwemmungen sind aktuell aber ohnehin nicht möglich, weil die Fischaufstiegstreppe bei Bittenbrunn noch im Bau ist. Darum kümmert sich Kraftwerksbetreiber Uniper, mit einer Fertigstellung sei nicht vor 2026 zu rechnen.

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