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Neuburg-Schrobenhausen: "Frust-Brief" an den Landrat: Bürgermeister zeigen die Rote Karte

Neuburg-Schrobenhausen

"Frust-Brief" an den Landrat: Bürgermeister zeigen die Rote Karte

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    Die Kosten für die Verwaltung des Landratsamtes sind einer der Punkte, über die sich die Bürgermeister mit dem Landrat streiten. Die Frage nach dem notwendigen Personal steht dabei ganz oben.
    Die Kosten für die Verwaltung des Landratsamtes sind einer der Punkte, über die sich die Bürgermeister mit dem Landrat streiten. Die Frage nach dem notwendigen Personal steht dabei ganz oben. Foto: Hajo Dietz

    Es sollte ein Gespräch werden, das Geschlossenheit demonstriert. Das zeigt, dass Landrat Peter von der Grün den mehrfach eindringlich geäußerten Appell der Bürgermeister nach massiven Einsparungen im Kreishaushalt erkennbar ernst nimmt. Dass die Bürgermeister ihrerseits bereit sind, an der Erarbeitung von Sparmaßnahmen mitzuwirken. Dass aus diesem Grund der Haushalt nicht mehr in diesem Jahr beschlossen wird, sondern man sich die Zeit nimmt, einen für alle tragbaren Etat auf die Beine zu stellen. Doch stattdessen wird einmal mehr deutlich: Zwischen dem Landrat und den Bürgermeistern herrscht Eiszeit. In einem gemeinsamen Schreiben wurde der tief sitzende Frust jetzt auch schwarz auf weiß dokumentiert.

    Die Bürgermeister haben bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie keinesfalls damit einverstanden sind, wie der Landkreis im nächsten Jahr sein Geld einplant. Es sind vor allem die hohen Verwaltungsausgaben, die ihnen sauer aufstoßen und die nur dann finanzierbar wären, wenn die Kommunen nächstes Jahr mehr Kreisumlage an den Landkreis überweisen. Der Haushaltsentwurf wurde dementsprechend in der Luft zerrissen: Alle Bürgermeister waren sich darin einig, dass er keine Grundlage für weitere Diskussionen in den Kreisgremien sein könne. 

    Landrat und Bürgermeister uneins zum Haushalt 2024: Entscheidung wurde vertagt

    Landrat Peter von der Grün.
    Landrat Peter von der Grün. Foto: Claudia Stegmann

    Am Mittwochabend haben alle Bürgermeister, Fraktionssprecher und Referenten das weitere Vorgehen besprochen. Tags darauf teilt Landrat Peter von der Grün das Ergebnis des Treffens mit: Die Finanzkrise auf Bundesebene sei der Grund dafür, dass aktuell vieles auf dem Prüfstand stehe und deshalb der Kreishaushalt dieses Jahr nicht mehr beschlossen werden könne. Nach "vielen Einzelgesprächen mit Bürgermeistern" habe er deshalb den Vorschlag gemacht, den Haushaltsplan erst am 25. Januar absegnen zu lassen. "Alle waren einverstanden, damit wir mehr Zeit haben, um zu prüfen, zu streichen und zu priorisieren", erklärt von der Grün. Er sei dankbar, dass alle an einem Strang ziehen. "In der schwierigen Gemengelage brauchen wir einen Schulterschluss."

    Was im Anschluss daran allerdings Fridolin Gößl sagt, klingt alles andere nach Schulterschluss und Zusammenhalt. Der Oberhausener Rathaus-Chef war als Sprachrohr seiner Kollegen mit zum Gespräch gebeten worden und sollte wohl eigentlich den gemeinsam beschlossenen Weg bestätigen. Stattdessen platzte es aus dem ansonsten zurückhaltenden Bürgermeister heraus. Denn was ihn ärgerte: Von der Grün schiebt die Nachbesserungen am Kreishaushalt allein auf die Finanzlage des Bundes. Die massiven Interventionen der Bürgermeister lässt er unerwähnt. "Sie haben wieder einmal nicht verstanden, um was es geht", macht Gößl seinem Unmut Luft und sieht sich gezwungen, ein Schreiben herauszugeben, das von der Grün bei der Besprechung am Mittwoch überreicht worden war. 

    Alle Bürgermeister aus Neuburg-Schrobenhausen schreiben Peter von der Grün einen Brief

    Oberhausens Bürgermeister Fridolin Gößl.
    Oberhausens Bürgermeister Fridolin Gößl. Foto: Norbert Eibel

    Tenor des eineinhalb seitigen Briefes, der von allen 18 Bürgermeistern des Landkreises unterschrieben wurde: vernichtend. In eindringlichen Worten, wie sie in höflich formulierter Form nicht deutlicher sein könnten, werfen sie dem Landrat eine augenscheinlich planlose Strategie vor, mit der er den Landkreis finanziell "mit voller Kraft gegen die Wand fahren" würde. Darüber hinaus sei sein "zugesichertes Rotstift-Versprechen" eine "Farce" gewesen, da es zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wurde, als bereits feststand, dass 16 neue Stellen zur Genehmigung anstehen. Die Bürgermeister prangern an, dass ihre Bedenken und Einwände zum Haushalt nur mit größter "Vehemenz und Hartnäckigkeit" gehört wurden und es erst auf "massiven Druck" hin zu einem Dialog kam. Ein Sparwille werde seitens des Landrats zwar immer wieder beteuert, jedoch nicht gelebt.

    Schon einmal hatten die Bürgermeister an den Landrat appelliert, den Haushalt nicht übers Knie zu brechen und die finale Abstimmung zu vertagen – ohne Erfolg. In dem Schreiben wiederholen sie nun ihre Aufforderung: "Wir bitten noch mal in aller Deutlichkeit, dass die Haushaltsberatungen ausgesetzt werden." Die Zeit soll dazu genutzt werden, um einen Sparplan zu erarbeiten, "der Ihre Handschrift trägt und vor allem erkennen lässt, dass Sie es mit dem Ansetzen des Rotstiftes ernst meinen". Ziel müsse sein, die Leistungsfähigkeit der Kommunen nicht zu gefährden. Würde die derzeitige Finanzplanung des Kreises greifen und müssten die Kommunen die strittigen 52,5 Prozent Kreisumlage bezahlen, wären wohl mindestens sechs Kommunen im Landkreis nicht mehr in der Lage, einen rechtsgültigen Haushalt aufzustellen. 

    Fridolin Gößl über den Kreishaushalt: Landrat hat marode Situation seit Jahren aufgebaut

    "Das, was wir niedergeschrieben haben, ist nicht unser Stil. Aber jetzt geht es nicht mehr", rechtfertigt Gößl seine Entscheidung, das Schreiben öffentlich zu machen. Die marode Finanzlage sei kein Ergebnis der aktuellen Ereignisse, sondern sei über Jahre hinweg aufgebaut worden. Immer wieder hätten die Bürgermeister gedrängt, an den entscheidenden Stellen in der Verwaltung zu sparen, damit künftige Investitionen gestemmt werden könnten. "Aber es sei nichts passiert." Mehr noch: Die Kommunen hätten in den vergangenen Jahren sogar an die 35 Millionen Euro zuviel an den Landkreis überwiesen, weil geplante Ausgaben nicht umgesetzt wurden. Dieses Geld bekommen die Gemeinden und Städte aber nicht zurück, sondern es fließt in die Schuldentilgung des Landkreises.

    Es ist unüberhörbar: Der Frust sitzt tief. Da kann auch Werner Widuckel (SPD) als Sprecher der Fraktionen nichts schönreden – auch wenn er es versucht und für gegenseitiges Verständnis wirbt. Er spricht von Vertrauen in der Zusammenarbeit, von einer vernünftigen Basis, die es jetzt brauche. Und er sei gespannt, ob der Kreistag am 25. Januar wirklich schon einen von allen Seiten akzeptierten Haushalt vorlegen könne. Fridolin Gößl hat dazu eine klare Meinung: auf keinen Fall. Zu groß seien die Diskrepanzen, zu klein der gemeinsame Nenner. Es sei nun am Landrat, eine Strategie zu entwickeln, wie man sich am Ende einigt. Der Startschuss fällt am kommenden Montag: Bei einem Meeting sollen alle Sachgebietsleiter des Landratsamts den Auftrag erhalten, Sparpotenziale für ihre Bereiche zu erarbeiten. 

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