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Neuburg-Schrobenhausen: Apotheker protestieren gegen ein "kaputt gespartes System"

Neuburg-Schrobenhausen

Apotheker protestieren gegen ein "kaputt gespartes System"

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    Apotheker Dominik Weigl spricht für alle seine Berufskolleginnen und -kollegen im Landkreis, wenn er sagt, dass sich bei der Finanzierung der Medikamente und bei der Bürokratie etwas ändern muss.
    Apotheker Dominik Weigl spricht für alle seine Berufskolleginnen und -kollegen im Landkreis, wenn er sagt, dass sich bei der Finanzierung der Medikamente und bei der Bürokratie etwas ändern muss. Foto: Claudia Stegmann

    Die Apothekerinnen und Apotheker im Land haben die Schnauze voll, auch die im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Zum ersten Mal überhaupt wollen sie deshalb bundesweit alle gemeinsam die Arbeit niederlegen. Am kommenden Mittwoch, 14. Juni, blieben deshalb ausnahmslos alle Apotheken im

    Weigl betreibt zwei Apotheken in Neuburg – am Geriatriezentrum und am Schrannenplatz. Dass er sie am Mittwoch geschlossen lässt, sei nicht als Streik zu verstehen, sondern als Maßnahme, um "auf die gravierenden Missstände im Apothekensystem hinzuweisen, die von der Bundespolitik bisher ignoriert oder nur unzureichend mit halbherzigen Minimaßnahmen angegangen wurden". In erster Linie geht es um das staatliche Finanzierungssystem von verschreibungspflichtigen Medikamenten, aber auch um die zunehmende Bürokratie und den damit verbundenen personellen Aufwand in Apotheken. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) als Spitzenorganisation aller Apothekerinnen und Apotheker hat deshalb zu einem Protesttag aufgerufen, um entsprechende Gesetzesänderungen zu erwirken. 

    Für rezeptpflichtige Medikamente ist der Preis staatlich vorgeschrieben

    Um zu verstehen, welche Kritik die Branche übt, muss man erklären, wie sich eine Apotheke finanziert. Da gibt es zum einen die rezeptfreien Medikamente, Produkte und Kosmetikartikel. Hier können die Apotheken die Verkaufspreise selbst gestalten. Im Gegensatz dazu sind die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente staatlich reguliert. Dahinter steckt der Grundgedanke, dass Patienten ein bestimmtes Arzneimittel in jeder Apotheke zu den gleichen Bedingungen bekommen sollen.

    Und so ein Preis setzt sich im Wesentlichen wie folgt zusammen: Die Apotheke kauft ein Medikament von einem Pharmaunternehmen für beispielsweise 50 Euro. Auf diese Kosten darf der Apotheker drei Prozent des Einkaufspreises plus eine Pauschale (Fixum) von 8,35 Euro aufschlagen. Dazu kommen kleinere Zuschläge für Notdienste und pharmazeutische Dienstleistungen. Zuzüglich der Mehrwertsteuer steht am Ende dann der Preis, den die Apotheken von den Krankenkassen erstattet bekommen. Die Gewinnspanne schmilzt allerdings noch mal um zwei Euro für den gesetzlichen Apothekenabschlag. Auch die Mehrwertsteuer und die Zuschläge werden abgezogen, so dass am Ende ein Apotheker laut Weigl an einem verschreibungspflichtigen 50-Euro-Medikament 7,92 Euro verdient.

    Apotheker fordern ein höheres Fixum für verschreibungspflichtige Arznei

    Rechnet man jedoch die Betriebskosten gegen, ist das Ergebnis ein anderes. Nach Angaben der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover haben Apotheker in den vergangenen Jahren immer weniger an einem Rezept verdient. Seit 2020 habe sich der Stückgewinn sogar in einen Verlust gewandet, der zuletzt bei 27 Cent pro Packung lag. "Da sieht man mal, wie kaputtgespart das System ist", sagt Dominik Weigl.

    Es muss sich deshalb etwas ändern, fordern die Apothekerverbände. In der Kritik steht vor allem der Fixaufschlag von 8,35 Euro. Seit 2013 sei er nicht angepasst worden, während die Betriebskosten deutlich gestiegen seien – durch Löhne, durch notwendige technische Ausstattung, durch höhere Allgemeinkosten. Angemessen wären deshalb zwölf Euro. Zeit- und Geldfresser sind nach den Worten von Weigl auch die überbordende und teilweise "schwachsinnige" Bürokratie, der enorme Dokumentationsaufwand und die Suche nach alternativen Präparaten, wenn wieder einmal ein Medikament nicht lieferbar ist.

    Apotheken in Neuburg-Schrobenhausen bleiben am 14. Juni geschlossen

    "Wir haben viel mehr Arbeit als früher", sagt Dominik Weigl, der 2014 in die Apotheke seines Vaters eingestiegen ist und diese vor vier Jahren übernommen hat. Indem der Staat den aufoktroyierten Mehraufwand ausgleicht, soll sich der Beruf wieder lohnen – auch im Hinblick auf den Nachwuchs. Denn wenn keiner mehr in einer Apotheke arbeiten möchte, werde es auch immer weniger Apotheken geben, was zuerst auf dem Land spürbar werde. In der Tat hat sich die Zahl der Apotheken reduziert. 2011 gab es noch mehr als 21.000 öffentliche Apotheken in Deutschland, inzwischen sind es weniger als 18.000 - der niedrigste Wert seit 40 Jahren. Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist die Zahl der Apotheken dagegen weitgehend stabil geblieben. 2002 waren es 21, aktuell sind es 18.

    Der Protesttag am 14. Juni trifft den gesamten Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. An diesem Tag bleiben ganztags alle Apotheken geschlossen. Der Notdienst ist jedoch gesichert. Die diensthabenden Apotheken können unter der Hotline 0800/00-22833 erfragt werden. (mit krom)

    Anm. d. Red.: In einer vorherigen Version war in der Beispielrechnung von einem Gewinn von 22 Euro bei einem 50-Euro-Medikament die Rede. Dabei waren jedoch verschiedene Abzüge nicht berücksichtigt worden.

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