Wer es schafft, zu vorgerückter Stunde einen leibhaftigen Landrat, einen Oberbürgermeister und einen Hoffnungsträger der lokalen CSU zum hanebüchenen Blödsinn auf offener Bühne zu verführen, der hat eigentlich alles richtig gemacht. Als der Oberpfälzer Comedian „Da Bobbe“ alias Robert Ehlis scheinbar wahllos auf „den Kapitän und den mit dem Glitzeranzug“ zeigt und sie mit zwei anderen nach oben bittet, da ahnen Peter von der Grün, Bernhard Gmehling, Matthias Enghuber und Fred Biber noch nicht, was gleich mit ihnen passieren wird. Sie sollen „Meine Tante aus Amerika“ spielen, die immer neue Sachen mitbringt. Das Quartett bekommt die Aufgabe, diese Geschenke pantomimisch darzustellen. Plötzlich kreiseln die Promis lasziv mit den Hüften, machen doppeldeutige Hand- und Mundbewegungen und kriegen sich nicht mehr ein vor Lachen, während „Da Bobbe“ feixt und das Publikum fast keine Luft mehr bekommt.
Die politische Lokalprominenz gibt sich bei der Rosenmontagsgaudi dem Blödsinn hin
Es sind herrliche, fast ikonische Bilder, die bei dieser Einlage entstehen und die für den anstehenden Kommunalwahlkampf wahrscheinlich einige Steilvorlagen bieten könnten. Fasching halt! Oder besser: die Rosenmontagsgaudi der Burgfunken. Vor zwei Jahren etwas in Verruf geraten, gelobte die Faschingsgesellschaft Besserung. Auch in diesem Jahr wolle man wieder die Politik komplett außen vor lassen, versprach Hofmarschall Nico Zitzelsberger. Stattdessen nehmen sich die Burgfunken vor, die Gaudi im nicht ganz ausverkauften Kolpingsaal vor allem durch den Einsatz externer Künstler sowie eines bunten Auszugs aus dem eigenen Showrepertoire zu gewährleisten. Dass dies in einem atemlos durchgetakteten Programm nicht über die gesamten vier Stunden hindurch gelingt, muss deshalb niemanden überraschen. Die Garde, der Hofstaat und Kinderhofstaat sowie die Prinzenpaare verzaubern zum vorletzten Mal mit ihren Tanzdarbietungen, kurz vor Mitternacht bieten die Brucker „Feierdeifi“ ein lustiges Männerballett sowie die Breakdancegruppe „WhyNot“ aus Wagenhofen rasante und athletische Moves zu wummernden Hip-Hop-Beats.

Im Mittelpunkt stehen aber eindeutig die Gäste, wie eben „Da Bobbe“, bereits im vergangenen Jahr das Highlight der Rosenmontagsgaudi. Auch diesmal reißt der kernige, dauerplappernde 46-jährige Oberpfälzer wieder das Steuer an einem etwas schwer in die Gänge kommenden Abend herum. Mal serviert er im irren Tempo fast aberwitzige Gstanzl, mal erzählt er von einer Begegnung mit einem nicht ganz auf absolute Sauberkeit achtenden Metzger im hintersten Bayerischen Wald, mal empfiehlt er, Kindern den bayerischen Dialekt zu lernen oder er vertauscht in einem Song witzig und launig einfach die Geschlechter. Nur der Plot mit den verschleierten „Dubai-Frauen“ entgleist ihm ein wenig. „Da Bobbe“ ist deftig, herb, oft hart an der Gürtellinie, aber nur selten Millimeter darunter. Und genau das scheint bei einem bunten Faschingstreiben genau das richtige Rezept zu sein, um die Besucher aus der Reserve zu locken. Keine moralisierenden Kabarettpredigten, keine tiefgründigen Denksportaufgaben, sondern hinterfotzige Pointen, teils auch spontan drauflosimprovisiert.

Eigentlich geht es permanent um die berühmte Grenze, die auch der singende „Sitzbiesler“ Tobi Probst an der Harfe (!) bei seiner Neuburg-Premiere pausenlos ins Visier nimmt. Dabei steht der 22-jährige, hochmusikalische Wahl-Münchner erst am Beginn seiner Karriere, trifft aber als hauptberuflicher Lokführer bei der Bahn mit seinem „Verspätungs-RockʼnʼRoll“ punktgenau den Nerv. Und jeder pflichtet ihm bei, wenn er in „Es muaß a Bleede gem“ von Menschen singt, die im August bei 30 Grad Lebkuchen kaufen, oder einfach nur seufzt: „I wui ins Hotel Mama zurück“.

Die „Gaudifunken“ haben sich anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Burgfunken stattdessen ein anderes Geburtstagskind ausgeguckt, das ebenfalls 1955 seine ersten Gehversuche unternahm: die legendäre Kult-Rateshow „Was bin ich?“ Am Rosenmontag 2025 marschieren ein Hochstapler (der Paletten hoch stapelt) und eine Kupplerin (die mechanische Dinge miteinander verkuppelt) auf, das Rateteam um „Guido Schluckeinbier“, „Marianne Blöd“, „Hans Ballermanns“ und „Anette Wiegottsieschuf“ kommt aber ums Verrecken nicht drauf.
Erst am Schluss, als Kolpingsaal-Wirt und Stadtrat Manfred Enzersberger als Promi neben drei etwas konzeptlos über die Bühne hüpfenden Schweinchen auftaucht, erraten sie die Identität „ihres“ Ritters von der Hützeldörre. Doch die vom Bühnenbild her liebevoll inszenierte Abwandlung des Fernseh-Klassikers wirkt seltsam humorfrei, was offenbar der spürbaren Angst der Burgfunken geschuldet ist, abermals „heiße Eisen“ anzufassen – man könnte sich ja wieder die Finger verbrennen.
Aber was hätte die aktuelle kommunalpolitische Lage nur alles für herrliche Bilder beim Berufsraten geboten, etwa den verhinderten Brückenbauer oder den OB-Kandidaten, den niemand fragen will, von der Weltpolitik ganz zu schweigen? Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, sich mit einem profunden Autor zusammenzutun, um im nächsten Jahr ein launiges, pfiffiges (Sing-)Spiel auf die Bühne zu zaubern, das sich zwar immer hart an der Schmerzgrenze bewegt, diese aber nie überschreitet.
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