Der Tod gehört zum Leben. Keine Tage machen die bittere Wahrheit deutlicher als Allerheiligen und Allerseelen. Solche Momente zum Innehalten hält Stadtpfarrer Herbert Kohler für unverzichtbar im Leben. Mit seinen Priesterkollegen segnete er die Gräber in Neuburg und im Umland.
Am grauen Freitagnachmittag füllte sich der alte Friedhof an der Franziskanerstraße, am Ende kam die Sonne noch einmal heraus. Pfarrer Herbert Kohler erinnerte an die vielen - auch jungen - Verstorbenen dieses Jahres. Die Beerdigung einer 57-jährigen Musiklehrerin und eines 70-Jährigen einen Tag vor Allerheiligen sei „symptomatisch“ gewesen. In Bittenbrunn standen 17 Kerzen für Verstorbene auf dem Altar, in Ried sieben. Man könne den Tagen leider nicht mehr Leben geben, so der Geistliche, „ich hätte eine ganze Liste voller Namen gehabt“.
Wichtiger sei es, „den Tagen mehr Leben zu geben“. Der Stadtpfarrer erinnerte an die letzten Wochen mit seinem sterbenskranken Bruder. Er habe diese Zeit mit besonderem Bewusstsein und Klarheit erlebt. „Leben Sie ihre Tage bewusster als Geschenk“, empfahl Herbert Kohler seinen Zuhörern vor dem großen Kreuz. Die Freude, einen Sonnenstrahl „nach dem Neuburger Nebel“ zu sehen oder einen Singvogel zu hören, sei etwas Besonderes. Und es sei leichter, ein gutes Wort zu sprechen als zu kritisieren. „Und schreiben Sie wieder mal einen kurzen Brief, das ist mehr wert als die Buchstaben in WhatsApp.“
Neuburg gedenkt mit Pfarrer Kohler den Verstorbenen
Die Neuburger Stadtkapelle spielte „Ich lege meine Hände getrost in Deiner Hand“, als Pfarrer Kohler die Gräber und die Besucher segnete. Er bedankte sich bei der Mannschaft der Friedhofsverwaltung und besonders bei Holger Rinberger, der nach einem gefährlichen Sturz vom Dach wieder genesen ist.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft legte einen Kranz für ihre verstorbenen Mitglieder nieder. Seit Jahren gilt diese Geste der Heimatvertriebenen als ein Zeichen gegen Kriege, Vertreibung und Gewalt jeder Art. „Heute sind wieder Millionen von Menschen auf der Flucht vor Terror, Krieg und Hunger und auf der Suche nach einer Zukunft für sich und ihre Familien“, sagte Gerhard Wurps in seiner Ansprache. Er erinnerte an die „unbarmherzige Vertreibung aus dem Sudetenland“ und betonte gleichzeitig die Wichtigkeit von Versöhnung.
Allerheiligen sehen die christlichen Kirchen auch als freudiges Hochfest zum Gedenken an ihre Heiligen – die bekannten und weniger bekannten. Es seien großartige Persönlichkeiten mit eigenen Gedenktagen darunter, sagte Pater Gerhard Lagleder in seiner Predigt in der Peterskirche. „Aber auch wir alle sind durch die Taufe geheiligt und zu einem Leben im Sinne von Christus aufgefordert worden“, mahnte der Afrika-Missionar. Das Kyrie sang er beeindruckend in der Zulu-Sprache. Bis 22. Dezember bleibt er wieder in der alten Heimat.
Allerheiligen wird nur in fünf Bundesländern gefeiert
Den stillen Feiertag begehen in Deutschland nur die fünf Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Für die evangelische Kirche ist Allerheiligen inoffiziell ein Tag der Heiligen. Die Protestanten gedenken am Totensonntag oder Ewigkeitssonntag ihrer Toten. Er findet immer am Sonntag vor dem ersten Advent statt.
Zu Allerseelen – am eigentlichen Gedenktag für die Verstorbenen – gibt es diverse Bräuche, darunter der „Allerseelenspitz“, den Bäckermeister Wolfgang Schlegl noch produziert und am Freitag auch verkauft hat. Grablichter leuchten auf den Friedhöfen. Dieses Momentum für die „armen Seelen“ gibt es nur in der römisch-katholischen Kirche. Die Pfarrei Heilig-Geist bietet dazu am Samstag, 2. November, um 18 Uhr einen Impuls mit den Thema „Wenn ich nicht mehr bin“ an. Mit Chorgesang und Texten von Gerhard Reissig geht es in der Hl.-Geist-Kirche um den Abschied von geliebten Menschen und um die eigene Vergänglichkeit.
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