Der Mann kommt eine Stunde zu spät. Doch er kommt, im Unterschied zu mehreren angesetzten Verhandlungen in den vergangenen Monaten. Seit Jahren beschäftigt sein Fall das Neuburger Amtsgericht. Dort ist er kein Unbekannter, wurde er 2019 bereits verurteilt. Der Vorwurf damals wie heute: Der Besitz von tausenden pornographischen Dateien, die Kinder und Jugendliche zur Schau stellen. . Nach genauen Analysen durch eine Fachfirma ist jetzt ein Urteil möglich. Und dieses lässt den Angeklagten verstummen.
Der 61-jährige Mann aus Neuburg wiederholt immer wieder einen Satz: "Da war ja auch viel Legales dabei." Darum ginge es doch gar nicht, winkt Richter Christian Veh ab. In den Verhandlungen geht es um die illegalen Daten, die der Angeklagte in großer Menge besaß. Und diese Zahl an Daten musste seit Verhandlungsbeginn immer wieder nach oben korrigiert werden.
Als der Neuburger 2022 zum ersten Mal in diesem Fall vor Gericht stand, war die Rede von rund 10.000 kinder- und jugendpornografischen Inhalten. Vor allem Bilder und vereinzelt Videos waren gefunden worden. Später wurde diese Zahl auf 30.000 erhöht. Und nun stand eine nochmals über doppelt so hohe Zahl an Dateien im Raum, rund 66.00 Daten waren gefunden worden. Diese waren durch ein Ingolstädter Fachbüro als Tageslicht befördert worden.
Sogar noch größere Summen standen im Raum, als der Mann überhaupt zum ersten Mal auf der Anklagebank saß. Durch einen Zufall, sein Computer war kaputtgegangen, waren bei der Reparatur des Geräts verdächtige Inhalte auf dem Computer des Mannes entdeckt worden. Am Ende waren es rund 200.000 kinder- und jugendpornografische Inhalte. Der Neuburger wurde für dieses Vergehen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden, ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung.
Neuburger besitzt über 60.000 kinderpornografische Inhalte
Dass die Polizei nach der Verurteilung im Jahr 2019 noch einmal die Wohnung des Angeklagten durchsuchte, lag an einer Aussage des Sohnes des Angeklagten. Er musste sich wegen des gleichen Vorwurfs wie sein Vater vor Gericht verantworten und gab dabei an, das Material auf dem Rechner seines Vaters gefunden zu haben. Also ging die Polizei bei dem 61-Jährigen im Jahr 2020 erneut auf Spurensuche, eine weitere Durchsuchung fand im Jahr 2022 statt.
Erneut wurden CDs, DVDs, ein Computer, Smartphones, Festplatten und USB-Sticks sichergestellt. Die Ingolstädter Fachfirma, die sich auf die Auswertung solcher Datenträger spezialisiert hat, sollte bei der Sichtung unterstützen. Vor allem ging es um die Frage, ob es sich bei dem Material, auf dem schnell wieder zahlreiche einschlägige Inhalte entdeckt wurden, um altes Material handelte, das der Angeklagte nach dem Urteil 2019 versäumte zu vernichten, oder ob er erneut aktiv diese Dinge beschafft und heruntergeladen hatte.
Insgesamt wurde so ein Datenvolumen von etwa drei Terabyte überprüft, "eine gewaltige Menge", wie der Firmenmitarbeiter meinte. Und wieder häufte sich das belastende Material. Auf einem Speichergerät befinden sich über 8000 eindeutig illegale Dateien, weitere 7000 Nacktaufnahmen von Kindern auf einem anderen Gerät. Auf den bei der Wohnungsdurchsuchung im Jahr 2022 gefundenen USB-Sticks finden die Spezialisten 64.000 kinder- und jugendpornografische Inhalte. Zwar waren diese bei der Auswertung bereits von den Speichergeräten gelöscht, ihre ehemalige Existenz kann die Fachfirma aber eindeutig nachweisen.
Neuburger erneut vor Gericht wegen kinderpornografischen Dateien
Was die Firma auch klar rekonstruieren kann: Die Bilder und Videos wurden im Frühjahr 2020 auf die Geräte gespielt. Tausende illegale Dateien, meist täglich auf die Sticks gezogen, geordnet, katalogisiert und beschriftet. "Das wurde wissentlich und willentlich gemacht", so die Einschätzung des Experten, "das war eine strukturierte Ablage von Kinderpornos ist selbst angelegten Ordnern". Erst im April 2020 löschte der Angeklagte sämtliche Inhalte von den beiden USB-Sticks.
Und damit war für Richter Christian Veh klar: "Sie sind der klassische Bewährungsversager." So formulierte es Veh im Rahmen der Urteilsverkündigung. Staatsanwältin Julia Grempel hatte sich für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten ausgesprochen und betont, dass hinter der Vielzahl dieser Daten schwerste Vergehen stecken, "das ist schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, der betrieben wird, um solche Inhalte zu produzieren". Verteidiger Martin Angermayr plädierte auf eine Geldstrafe, da die Daten bereits vor knapp vier Jahren von den Speichermedien gelöscht worden waren.
Richter Veh entschied sich für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, eine erneute Bewährung kam für ihn nicht infrage. "Sie haben aktiv nach dem ersten Urteil noch einmal etwas angelegt", sagte Veh zur Begründung, "nur ein halbes Jahr später haben Sie sich wieder mit dem Dreck beschäftigt". Der Angeklagte, der zuvor sehr verharmlosend über den Vorwurf gesprochen hatte, auch wenn er sich geständig gezeigt hatte, blieb nach dem Urteilsspruch stumm.