Jazz ist immer wieder eine Wundertüte. Man weiß vorher einfach nie so genau, was drin ist. Das gilt insbesondere für die Reihe Art of Piano im Neuburger Birdland, die im vielmals gleichen und vermeintlich vergleichbaren Setting des Trios aus Piano, Bass und Schlagzeug so oft Unerwartetes aus dem Hut zaubert. Und das gilt noch einmal mehr für Konzerte von Jermaine Landsberger, für den das Birdland schon ein Stück Heimat ist, so oft ist er hier schon aufgetreten. Und bei jedem dieser Konzerte heißt es dann doch wieder: Surprise, diesmal auf Französisch!
Natürlich ist sein persönlicher Stil unverkennbar, flüssig, flott und voller Fantasie, immer auch getragen von einem unverwechselbaren Drive. Aber im Detail und abseits der Mainstream-affinen Grundhaltung entpuppen sich zugleich jede Menge kleiner feiner Überraschungen im Puls des Geschehens. »Parisienne«, so der spontan gefundene Titel eines nigelnagelneuen Stücks, weist den Weg in die Hauptstadt Frankreichs, deren elegante Nonchalance, deren Esprit und deren Vielfalt sich im Spiel des neuen Trios Landsbergers überaus lebendig spiegelt, mal temperamentvoll, mal geschmeidig, stets in beredter Eloquenz, auch in ruhigeren Momenten: »Silence« .
Jermaine Landsberger im Birdland in Neuburg: Immer wieder erfindet er sich ein Stück weit neu
Seine Wurzeln als Sinto mag Jermaine Landsberger nicht leugnen, das Erbe blitzt immer wieder auf, reichert sein Spiel an mit eigenwilligen Harmonien, elastischem Swing und rasanten Sprints über die Tastatur, niemals l‘art pour l‘art, stets in kohärentem Erzählfluss der eigenen Sprache, unverkennbar schon im ersten Stück des Abends. „Romanes“, natürlich auch in Landsbergers wunderbarem „Valse manouche“ sowie in der romantischen Ballade „Gypsynight in Budapest“, die an eine freundschaftliche Begegnung mit der Musikerfamilie Lakatos erinnert.
Immer wieder mal erfindet sich Landsberger ein Stück weit neu, geht ein Stück weiter hinaus, sucht sich Partner, die seine Leidenschaft teilen, der eigenen Musik konsequent auf den Grund zu gehen. Diesmal also das ungemein wendige, agile „Paris“-Trio mit dem überaus beweglichen, quirlig flinken Bassisten William Brunard und dem so umtriebig wie variabel und zugleich melodiebewusst groovenden Raphael Pannier am Schlagzeug. Selten findet sich ein Trio von so homogener Einheit, so stark schlagendem Puls, so kompakter Geschlossenheit und so elegantem Flair. Das liegt auch daran, dass der Primus inter pares am Bösendorfer sich immer wieder dem Gesamtklang eines wohlbalancierten Dreigestirns zuordnet, dass viel Platz ist für Soloexkurse von Bass und Schlagzeug, von dem beide Partner zur Freude des begeisterten Publikums sehr ersprießlichen Gebrauch machen.
Die Referenzen reichen von Django Reinhardt, wie könnte es anders sein – herrlich die am blauem Himmel swingende Version von „Nuages“ – bis zu Keith Jarrett und dessen „So Tender“, in je eigener Klangsprache, die im Bewusstsein der Herkunft Gegenwart gestaltet und sich in die Zukunft streckt. Pures Leben, spontane Kreativität „with heart and soul“, locker und ganz bei sich selbst. Der beste Landsberger, den es je gab!
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