Noch wirkt das Büro ein wenig karg. Die Wände sind leer, auf dem Schreibtisch steht lediglich der PC und daneben liegen ein paar Unterlagen. Doch nach und nach werden so manche Erinnerungsstücke und Momentaufnahmen einziehen, die eine Geschichte, einen Werdegang erzählen - so auch von Jürgen Schönhöfer. Seit Anfang April ist er neuer Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg. Die Freude über seinen neuen Posten ist dem Oberstleutnant ins Gesicht geschrieben. „Ich bin einfach nur sehr glücklich, dass ich hier sein darf“, sagt er strahlend. Und das hat viele Gründe.
Geboren und aufgewachsen ist der heute 49-Jährige in Hersbruck, einer Kleinstadt im Nürnberger Land. Schon als Kind war für ihn klar: „Ich will Pilot bei der Bundeswehr werden.“ Immer wenn ein Kampfjet am Himmel über ihm vorbeirauschte, habe er sie gespürt, diese Faszination, das Gefühl der Freiheit, die Begeisterung für die Technik. 1992 trat er in die Bundeswehr ein, startete ein Jahr später ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in München. Auf der Sheppard Air Force Base in Texas wurde sein Kindheitstraum dann mit der Ausbildung zum Kampfjetpiloten 1997 real. „Es war eine schöne Zeit“, sagt Schönhöfer. Im Anschluss ging es für ein Jahr nach New Mexiko, wo er auf die F4 umschulte – und sich auch familiär etwas veränderte. „Ich war zwei Wochen dort und dann wurde unsere erste Tochter geboren.“
Jürgen Schönhöfer ist neuer Kommodore im Neuburger Geschwader
Nach sechs Jahren beim Taktischen Luftwaffengeschwader 71 in Wittmund wurde Schönhöfer 2006 Staffelkapitän in Neuburg - und von da an wurde die Ottheinrichstadt zur Heimat, sowohl für ihn und seine Familie als auch fliegerisch. „Der Verband hat diesen besonderen Spirit, die Kameradschaft, das fast schon familiäre Umfeld", lobt Schönhöfer den Neuburger Standort. Von Anfang an habe er sich hier zu Hause gefühlt. Nach drei Jahren standen dann wieder neue Aufgaben an. So ging es unter anderem ins Kommando Luftwaffe sowie ins Verteidigungsministerium nach Berlin, zum Taktischen Luftwaffengeschwader 31 nach Nörvenich sowie ins Planungsamt der Bundeswehr in Taufkirchen. Und dann kam im Februar der entscheidende Anruf.
„Ich war gerade in Mali, als das Telefon klingelte.“ Die Gerüchteküche brodelte bereits seit Wochen, er hatte schon eine Ahnung. Aber als es dann sicher feststand, „war die Freude natürlich riesig, auch bei meiner Familie“. Denn seine Frau und die beiden Töchter, heute 21 und 23 Jahre alt, sind seit 2006 in Neuburg geblieben. All die Jahre dazwischen ist Schönhöfer gependelt. „Es war natürlich nicht immer einfach, aber für uns als Familie hat es funktioniert und darauf kommt es am Ende an."
Als Soldat dort zu arbeiten, wo man wohnt, jeden Abend nach Hause fahren zu können, noch dazu in dieser Funktion, "das ist der absolute Jackpot", freut sich Schönhöfer. „Und es ist natürlich das Höchste für einen Flieger, einmal einen solchen Verband zu führen.“ Das gute Gefühl, hier zu sein, werde auch durch das entgegengebrachte Vertrauen bestärkt. „Es ist schön zu wissen, dass es genügend Leute gibt, die einem das ehrlich gönnen, das Gefühl vermitteln, dass man eine gute Wahl ist“, sagt der Oberstleutnant. Das bringe auch eine gewisse Erwartung mit sich, die, dass man seine Aufgabe gut mache „Ich werde nicht sagen: So, jetzt krempeln wir alles um - im Gegenteil.“
Neuer Kommodore wohnt mit seiner Familie seit 2006 in Neuburg
Ganz oben auf der Prioritätenliste des 49-Jährigen stehen die Menschen, sie kennenzulernen, ins Gespräch zu gehen, zu beobachten, zu verstehen. „Mir ist es ganz wichtig, Vertrauen aufzubauen, eine Basis zu schaffen.“ Wichtig ist Schönhöfer auch die Kommunikation nach außen. „Das Geschwader ist hier sehr stark verwurzelt, das ist schön und soll auch so bleiben.“ Er will in den Dialog mit den Bürgern gehen, transparent und offen sein. „Nur so funktioniert ein gutes Miteinander."
Schönhöfer blickt motiviert auf das, was kommt - und es steht einiges an, angefangen mit der Beteiligung an „Air Defender 2023“ im Juni. In gut einer Woche kommen die Eurofighter aus dem Lechfeld zurück, dann herrscht auf der Basis wieder regulärer Flugbetrieb - und der neue Kommodore hat sich noch ein Stück mehr eingearbeitet. „Ich freue mich sehr, dass ich hier bin – und ich glaube, das sieht man mir auch an“, sagt der Oberstleutnant und erneut macht sich ein Lächeln über seinem Gesicht breit.