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Neuburg/Ingolstadt: Tote Hose statt Partys: Was ist aus dem Nachtleben in der Region geworden?

Neuburg/Ingolstadt

Tote Hose statt Partys: Was ist aus dem Nachtleben in der Region geworden?

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    Ein florierendes Nachtleben mit rauschenden Partynächten und vollen Tanzflächen? Ein Szenario, das man in Neuburg und der Umgebung fast schon vergeblich sucht.
    Ein florierendes Nachtleben mit rauschenden Partynächten und vollen Tanzflächen? Ein Szenario, das man in Neuburg und der Umgebung fast schon vergeblich sucht. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    "Abends werden die Bürgersteige hochgeklappt", eine Redewendung, bezogen auf eine Stadt oder einen Ort, die im übertragenen Sinne so viel heißt, wie: Weggehen, die ganze Nacht tanzen und feiern? Fehlanzeige. Ganz so schlimm ist es in und um Neuburg zwar noch nicht. Viel fehlt allerdings nicht mehr, denn ein richtiges Nachtleben gibt es nicht, besser gesagt nicht mehr. Zeugen dafür sind in jüngster Zeit die Schließung der Diskothek Amadeus, die Pleite des Suxuls, das Aus der Fischerstecher House Bar, aber auch die jahrelange Stille um einstige Feierlokalitäten, wie etwa der Schrannenkeller in Neuburg. Aber woran liegt's?

    Es ist eine Institution im Ingolstädter Nachtleben: das Suxul ("Luxus" rückwärts gelesen) direkt neben dem Münster. Doch vor Kurzem hat Inhaberin Sandra Buck Insolvenz angemeldet. Betroffen ist nicht nur die Disco, sondern auch das benachbarte Tamtam (ehemaliges Sausalitos). Wie Marc-André Kuhne, vorläufiger Insolvenzverwalter der beiden Unternehmen, bestätigte, geht der Betrieb allerdings zunächst weiter. 

    Insolvenzverwalter ist zuversichtlich, dass das Suxul in Ingolstadt weitergeführt werden kann

    Und das soll auch so bleiben. Kuhne war nach einer ersten Sichtung zuversichtlich, dass sowohl das Suxul als auch das Tamtam in Zukunft kostendeckend geführt werden könnten und nicht schließen müssten. Die Lage direkt in der Innenstadt – die allerdings durch nächtliche Ruhestörungen auch immer mal wieder die Polizei auf den Plan gerufen hat – sieht Kuhne als optimale Voraussetzung dafür, den Betrieb fortführen zu können.

    Das Suxul ist einer der letzten Clubs in der Ingolstädter Innenstadt. Allerdings musste die Betreiberin im April Insolvenz anmelden. Der Betrieb geht trotzdem weiter.
    Das Suxul ist einer der letzten Clubs in der Ingolstädter Innenstadt. Allerdings musste die Betreiberin im April Insolvenz anmelden. Der Betrieb geht trotzdem weiter. Foto: Luzia Grasser

    Als ausschlaggebende Gründe für die finanzielle Schieflage nennt er die Corona-Krise, die hohen Energiepreise sowie die Inflation. Es seien Entwicklungen, die vielen Betrieben in der Branche zu schaffen machten, sagt Kuhne. Die beiden Ingolstädter Betriebe haben sie jetzt in die Insolvenz getrieben.

    Die Insolvenz des Clubs ist die zweite Hiobsbotschaft für das Ingolstädter Nachtleben. Vor wenigen Wochen erst hat das Amadeus an der Schulstraße nach über 30 Jahren geschlossen. In einem Interview auf Facebook hat Betreiber Martin Tomiak über die Gründe gesprochen. Einer davon: "Die Leute haben kein Geld und wollen auch keins ausgeben." 

    Geschlossene Clubs und Discos gehören zwar inzwischen der Vergangenheit an, doch die Nachwirkungen dieser Maßnahmen sind noch immer spürbar. "Das Ausgehverhalten hat sich geändert", sagt der Insolvenzverwalter. Da bleiben viele lieber zu Hause, feiern in den eigenen vier Wänden oder bei Freundinnen und Freunden. Gerade auch angesichts der Tatsache, dass die Preise in den vergangenen Monaten auch in der Gastronomie gestiegen sind. 

    Personalmangel und gestiegene Kosten: Nachtleben in Neuburg kaum noch existent

    Die enorm gestiegenen Preise, insbesondere im Zuge der Energiekrise, "haben uns Gastronomen echt das Messer in den Rücken gerammt", sagt Sebastian Bollinger. Der Neuburger, der unter anderem das Hertlein betreibt, spürt die Teuerung. "Die Leute gehen wieder weg - aber es könnten deutlich mehr sein." Hinzu kommen die Ausläufer der Pandemie, die noch immer zu spüren seinen. 

    "Uns fehlt eine Generation, die das Weggehen nicht kennengelernt hat", sagt Bollinger. Anstatt abends in den Club oder die Bar zu gehen, verbringe man das Wochenende lieber gemütlich im Keller des Kumpels oder der WG der Freundin. "Ein Riesending sind auch Festivals." Das dortige Potpourri aus unterschiedlicher Musik, Essen, Drinks sowie einerseits gemütlichem Beisammenseins und andererseits exzessivem Feiern, treffe den Zeitgeist. "Früher waren das die Rockpartys."

    Neben gestiegenen Kosten und einem Wandel der Feierkultur spielt noch ein weiterer Faktor, mit dem nahezu alle Gastronomie-Betriebe zu kämpfen haben, eine wichtige Rolle: Personal. "Und davon gibt es viel zu wenig und das ist ein Riesenproblem", sagt Bollinger. Ohne entsprechende Arbeitskräfte an der Theke oder auch im Service funktioniere keine Bar, keine Diskothek. Ein Problem, das es früher so nicht gegeben habe. "Da hat dann das vorhandene Personal wieder Freunde mitgebracht, die Bock hatten, zu bedienen oder hinter dem Tresen zu stehen, aber das gibt es nicht mehr, leider."

    Es sei ein Teufelskreis: Zu hohe Preise, bedingt durch Kostensteigerungen, bringen keine Kunden. Keine Kundschaft bedeutet wiederum tote Hose in der Innenstadt und das wiederum schreckt Gastronomen ab, sich im Zuge einer neuen Lokalität niederzulassen. "Es gibt nicht die eine Lösung, um das Nachtleben in Neuburg wiederzubeleben", sagt Bollinger. Klar, mehr Läden würden vielleicht auch mehr Gäste anziehen, "aber das ist leichter gesagt, als getan, weil ebenso viele Faktoren dranhängen, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden".

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