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Neuburg: Frank Gräfe: Von Neuburg ins Zentrum der Macht

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Frank Gräfe: Von Neuburg ins Zentrum der Macht

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    Washington ist seine derzeitige Heimat: Frank Gräfe, 2013 bis 2015 Kommodore des Neuburger Luftwaffengeschwaders, ist nun General und Militärattaché.
    Washington ist seine derzeitige Heimat: Frank Gräfe, 2013 bis 2015 Kommodore des Neuburger Luftwaffengeschwaders, ist nun General und Militärattaché. Foto: Carlo Neger

    Herr Gräfe, Militärattaché in Washington klingt aufregend, ist es der Job auch?

    Gräfe: Oh ja, es ist eine sehr interessante Aufgabe. Ich sitze hier mitten im politischen Zentrum der Welt, das ist schon spannend. Allerdings gerade im Homeoffice...

    Homeoffice klingt nicht besonders aufregend...

    Seine Leidenschaft galt der Fliegerei, doch der berufliche Aufstieg brachte es mit sich, dass Frank Gräfe keinen Eurofighter mehr fliegt, wie hier 2015
    Seine Leidenschaft galt der Fliegerei, doch der berufliche Aufstieg brachte es mit sich, dass Frank Gräfe keinen Eurofighter mehr fliegt, wie hier 2015 Foto: Carlo Neger

    Gräfe: Wir rotieren im zweiwöchentlichen Wechsel zwischen Büro und Homeoffice, das ist schon okay. Viel findet online statt, aber der Kontakt zu den Menschen fehlt natürlich – und das ist eine meiner zentralen Aufgaben.

    Was macht ein Militärattaché eigentlich genau?

    Gräfe: Ich bin Verteidigungsattaché und zeitgleich Luftwaffenattaché, das heißt, ich bin der Leiter des Militärattaché-Stabs. Ich bin dem Auswärtigen Amt zugeordnet und habe einen Diplomatenpass. Um meinen Job kurz zusammenzufassen: viel reden, viel schreiben, viel netzwerken.

    Heißt konkret?

    Gräfe: Wir sind das Kommunikationselement zwischen der Bundeswehr und den US-Streitkräften. Wir berichten nach Deutschland über technische und strukturelle Entwicklungen, repräsentieren Deutschland in den USA und sorgen dafür, das Verhältnis der beiden Länder weiter zu verbessern.

    Mit der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten scheint sich die Beziehung der USA zu Deutschland wieder zu verbessern, oder?

    2013 war Frank Gräfe beim Volksfest-Dreikampf im Einsatz.
    2013 war Frank Gräfe beim Volksfest-Dreikampf im Einsatz. Foto: Carlo Neger

    Gräfe: Unser Verhältnis zu den amerikanischen Militärs könnte nicht besser sein, viele von ihnen haben sogar in Deutschland gedient und sprechen mich auf deutsch an. Und auch die Bevölkerung war mir gegenüber bisher immer sehr positiv gestimmt.

    Wie sieht denn so ein Arbeitstag in Washington aus?

    Gräfe: Wenn ich hier aufstehe, ist in Deutschland ja schon viel passiert, deswegen lese ich erst einmal Pressespiegel, US-Medien und diverse Berichte. Dann gibt es eine Morgenbesprechung und diverse Treffen im internationalen Rahmen, die oft in ein Mittagessen gekleidet sind. Außerdem gibt es in den USA viele sogenannte „think tanks“, zu denen ich eingeladen werde.

    Was sind denn „think tanks“?

    Gräfe: Am besten kann man das wohl mit „Denkfabriken“ beschreiben. Ehemalige Politiker, Generäle und diverse Spezialisten treffen sich zu einem ganz bestimmten Thema, das dann wissenschafts- und forschungsmäßig rundum aufgearbeitet wird in Vorträgen oder Workshops. Da kommt man natürlich mit vielen gut informierten Leuten zusammen, die wertvolle Hintergrundinformationen liefern können.

    Und wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

    Gräfe: Viel Freizeit bleibt nicht. Außerhalb der Corona-Zeiten finden an den Abenden und auch am Wochenende Empfänge oder Feierlichkeiten, zum Beispiel im Rahmen von Nationalfeiertagen der vielen in Washington vertretenen Botschaften statt. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich hier hauptsächlich berufliche Kontakte habe.

    Das war in Neuburg anders...

    Gräfe: Allerdings. Ich bin fast ein halbes Jahr von Neuburg nach Berlin gependelt, weil mir der Abschied so schwerfiel. Nach wie vor bin ich in einigen Vereinen Mitglied und freue mich immer, wenn ich über Facebook oder WhatsApp Kontakt habe zu Freunden und Bekannten. Und zum nächsten Schloßfest will ich natürlich auch unbedingt kommen.

    Welche typisch deutschen Eigenschaften lernt man nach über einem Jahr in den USA schätzen?

    Gräfe: Wir Deutschen haben eines der besten Sozial- und Gesundheitssysteme der Welt, das ist uns oft nicht bewusst, und auch dass wir in einem liberalen, vielfältigen Land leben dürfen, das unterschiedliche Lebensformen erlaubt. Außerdem finde ich unser ausgeprägtes Umweltbewusstsein super, das wurde mir erst neulich wieder bewusst.

    Was ist passiert?

    Gräfe: Ich bin, wie ich das aus Deutschland kenne, mit einer Handvoll alter Batterien in den Supermarkt, um sie zu entsorgen. Als ich den Herrn an der Kasse, fragte, wo das denn möglich sei, schaute er mich groß an. Batterien werden in Amerika nicht entsorgt, sondern einfach in den Müll geworfen.

    Wie lang bleiben Sie denn noch in den USA?

    Gräfe: Insgesamt sind es drei Jahre, die ich an das Auswärtige Amt ausgeliehen bin. Bis August 2022 bin ich also noch hier. Wie es dann mit mir weiter geht, weiß ich noch nicht. Ich bin selbst gespannt.

    Zur Person

    Im März 2013 übernahm Frank Gräfe, damals noch Oberstleutnant, das Kommando über das Neuburger Jagdgeschwader 74. Ausgebildet wurde Gräfe noch auf der Phantom F-4F, ehe er auf den Eurofighter umgeschult wurde. Jetpilot bei der Bundeswehr wollte Frank Gräfe schon immer werden, davon hatte er als kleiner Bub in dem 1000-Seelen-Dorf Nohfelden (Saarland) geträumt, als er deutsche und amerikanische Jets aus der nahe gelegenen Airbase-Ramstein beobachtete.

    Und obwohl er sich nach zwei Jahren in Neuburg schon fast heimisch fühlte, war die Ottheinrichstadt nur eine Zwischenstation auf der Karriereleiter. Der Umzug nach Berlin im April 2015 war der 13. in 27 Jahren.

    In Berlin übernahm er im Hauptquartier der Luftwaffe das Referat für fliegende Waffensysteme. Es folgten ein Job im Einsatzführungskommando der Bundeswehr, dann die Referatsleitung Politik im Verteidigungsministerium, ehe er 2019 als Verteidigungsattaché nach Washington ging.

    In Neuburg war der Kommodore bekannt und beliebt – auch außerhalb der Bundeswehr. Er wurde Ritter von der Hutzeldörre 2017 bei der Neuburger Faschingsgesellschaft Burgfunken, kämpfte beim Fischerstechen auf der Donau gegen Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling und wurde einmal in einer Fastenpredigt humorig beschrieben als einer, der „bei Neuburger Festen präsenter ist als jeder Oberbürgermeister und Landrat“. In vielen Neuburger Vereinen ist er nach wie vor Mitglied.

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