Wenngleich die Neuburger Theatersaison aufgrund der Brandschutzmaßnahmen noch relativ jung ist, kann doch schon jetzt das Schauspiel „Der Wal“ als herausragend bezeichnet werden.
Die erstmals deutsche Aufführung des Oskar-prämierten und erfolgreich verfilmten Theaterstücks von Samuel D. Hunter bewegte die Zuschauer in Neuburg in hohem Maße. Im Mittelpunkt der berührenden, eindrucksvollen Inszenierung von Stephan Hoffmann stand Thorsten Münchow als „Charlie“, der die letzten Tagen seines erschreckend einsamen Lebens lebt.
In dichten Szenen und Dialogen trifft der monströs übergewichtige, homosexuelle, schwer kranke, auf seine Wohnung beschränkte Online-Dozent auf die quirlige Krankenschwester Liz alias Franziska Endres, die alles tut, um ihn zum Leben zu bewegen. Charlie bekommt Besuch vom gescheiterten Mormonenprediger Elder Thomas, den der spontan eingesprungene Mario Schnitzler glaubhaft mimt. Starke Dialoge zum Thema Religion sind so im Stück angesiedelt.
Thorsten Münchow beeindruckt als Charlie in „Der Wal“ im Stadttheater in Neuburg
Besonders bemerkenswert sind jedoch die Begegnungen der bewunderns- und bemitleidenswerten Hauptfigur mit seiner höchst pubertären Tochter Ellie. Daria Vivien Wolf verleiht dieser biografisch wichtigen Figur sehr gekonnt und mehr als überzeugend jugendliche Wut, Verwirrung, Sinnsuche, aber auch Frustration und Hoffnungslosigkeit. Iris Boss vervollständigt ganz gegen Ende des symbolreichen Stückes als die im Lauf von Charlies Leben eher nebensächlich gewordene Ex-Ehefrau Mary das oft von Missverständnissen und Ausgrenzung bestimmte Leben des Gestrandeten .
Immer wieder erklang Meeresrauschen, gab es Sequenzen aus Melvilles berühmtem Roman „Moby Dick“ und Verknüpfungen mit dem biblischen „Jona“, der auf der Flucht vor Gott im Bauch des Walfischs landet. Das Schauspiel bot intensivste, sehr emotionale Begegnungen, leise, oft auch komische Zwischentöne und einen feinsinnigen Schluss. Voller Liebe und Verständnis für seine zornige Tochter gab „Charlie“ seinen Wunsch nach Vergebung, Empathie und Mitgefühl weiter. Bemühen wir uns darum.
Wer das großartige Stück bedauerlicherweise versäumt hat, der kann sich zumindest noch den gleichnamigen Film auf der ARD-Mediathek ansehen.
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