Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neuburg
Icon Pfeil nach unten

Neuburg: Ein kleiner Riese: Der Weidenbohrer kriecht durch den Auenwald

Neuburg

Ein kleiner Riese: Der Weidenbohrer kriecht durch den Auenwald

    • |
    • |
    Der Weidenbohrer (Cossus cossus) kriegt auch durch den Auwald in und um Neuburg.
    Der Weidenbohrer (Cossus cossus) kriegt auch durch den Auwald in und um Neuburg. Foto: Michael Denk

    Fast schon erschrickt man beim Anblick der gigantischen Larve des Protagonisten dieses Artikels. Seine Schmetterlingsraupe ist Rekordhalterin in Sachen Größe – der Weidenbohrer (Cossus cossus). Verbreitet ist dieser Falter in ganz Europa und bevorzugt dort feuchte, waldreiche Gebiete. Insbesondere findet man ihn in der Nähe von Gewässern, an denen seine Wirtspflanzen - Weiden, Erlen und Pappeln - häufig anzutreffen sind. Die Neuburger Donauauen bei Grünau bieten sich also wunderbar als Habitat für diesen Falter an. Beginnend mit der Eiablage in Ritzen und Fugen der Wirtsbäume im Frühjahr, findet hier praktisch der gesamte Lebenszyklus des Weidenbohrers statt. Im Spätsommer schlüpfen die Larven auch schon und sie wachsen immens!

    Bekommt man die Schmetterlingsraupen zu Gesicht, möchte man meinen, es handele sich um einen verwesenden wandelnden Finger: Die Larve ist auffällig rotbraun bis purpurrot gefärbt und bewegt sich mit wellenförmigen Muskelkontraktionen über den Boden. Hinzu kommt der schwarze, einem blutunterlaufenen Fingernagel gleichendem Kopf. Und die Larve ist groß, sehr groß sogar: mit einer Länge von bis zu zehn Zentimetern und einer Breite von zwei Zentimetern ist die Weidenbohrer-Raupe die größte in Mitteleuropa. Sie besitzt kräftige Kiefer, mit denen sie sich durch das Holz ihrer Wirtspflanzen fräst. Dort lebt und frisst sie zwei bis vier Jahre – eine essbare Unterkunft also, die sie nur selten verlässt. Hier verpuppt sich die Raupe auch direkt und geht in die Phase der „Puppenruhe“ über.

    Der Weidenbohrer: Ein Gigant im Neuburger Auwald

    Im folgenden Sommer schlüpft der nicht weniger imposante Falter und fliegt von Juni bis August. Mit einer Flügelspannweite von bis zu neun Zentimeter ist er ebenfalls ein Hüne. Die Färbung seiner Außenhaut ist jedoch weniger auffällig: eine wilde Collage aus von schwarzen Linien durchbrochenen Brauntönen mit weißen Sprenkeln – die perfekte Nachahmung einer mit Flechten bewachsenen Baumrinde. Die geschlechtsreifen Insekten (in fachkundiger Sprache „Imagos“ genannt) weisen nur verkümmerte Saugrüssel auf, sodass sie nicht in der Lage sind, Nahrung aufzunehmen. Da passt es, dass sie ihre verbleibenden Lebenswochen hauptsächlich einer anstrengenden Aufgabe widmen müssen – der Fortpflanzung. Wie bei vielen Faltern üblich, locken Weidenbohrer-Weibchen ihre Sexualpartner über Sexuallockstoffe an. Hierzu besitzen die Männchen stark gefächerte Fühler, mit denen sie die Luft regelrecht nach Pheromonen sieben, um weibliche Imagos zu lokalisieren. Nach erfolgreicher Kopulation legen die Weibchen mehrere hundert Eier in Rindenritzen oder andere geschützte Stellen der Wirtspflanzen – und so beginnt der Kreislauf von vorne.

    Wie so manch anderes Tier, gilt die Weidenbohrer-Larve manchem Förster als „Schädling“, da diese es wagt, Holz zu verspeisen, statt es mit der Kettensäge zu fällen und hernach zu verbrennen. Die Raupe ist durchaus in der Lage, Bäume erheblich zu schädigen und ihnen mitunter den Todesstoß zu versetzen. Jedoch bevorzugen Weidenbohrer bereits geschwächte Bäume und vor allem Arten, die kaum mehr forstwirtschaftlich genutzt werden. Die Weibchen legen ihre Eier bevorzugt an verletzten Stellen. Die Risse im Baum, welche die weiblichen Imagos über austretende Pflanzensäfte finden, erleichtern den Raupen den Zugang ins Holz. Der Raupenfraß trägt zum Abbau von totem oder geschwächtem Holz bei, was die Zersetzung beschleunigt und Nährstoffe in den Boden zurückführt. Ferner dienen Weidenbohrer diversen Fledermäusen und Vögeln, insbesondere Spechten, als Beute. So gliedert sich dieser Riesenfalter nicht nur im Holze des Auwalds, sondern auch in dessen komplexes Nahrungsnetz ein. (AZ)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden