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Neuburg: Diese junge Frau hat auf Baustellen in Neuburg das Sagen

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Diese junge Frau hat auf Baustellen in Neuburg das Sagen

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    Die 27-jährige Bauingenieurin Alexandra Vogl aus Sinning ist als Bauleiterin der Firma Richard Schulz unter anderem für die Sanierung der Ingolstädter Straße verantwortlich.
    Die 27-jährige Bauingenieurin Alexandra Vogl aus Sinning ist als Bauleiterin der Firma Richard Schulz unter anderem für die Sanierung der Ingolstädter Straße verantwortlich. Foto: Andreas Zidar

    Man darf sich von ihrem Lächeln und der sympathischen Art nicht täuschen lassen: Auf dieser Baustelle hat Alexandra Vogl das Sagen. Das bekommt an diesem Dienstag auch ein Mann zu spüren, der die Sperrung der Ingolstädter Straße in Richtung Donaubrücke mit seinem Lieferwagen passieren will. „Sie dürfen hier nicht durchfahren“, macht Vogl eine freundliche, aber klare Ansage. „Bitte nehmen Sie die Umleitung.“ Vogl, die eine neonfarbene Warnweste über rosa T-Shirt trägt, weiß sich durchzusetzen – und das muss sie in ihrem Job auch. Die 27-Jährige ist Bauleiterin bei der Neuburger Tiefbaufirma Richard Schulz. Der Werdegang der jungen Frau aus Sinning ist bemerkenswert. Sie behauptet sich als Frau in einer durch und durch männerdominierten Branche, und das bereits seit Jahren. Doch blöde Sprüche von Männern sind gar nicht mal ihr größtes Problem im Alltag.

    Früher, als Teenager, will Vogl, die ursprünglich aus Rohrenfels stammt, noch Tierärztin werden. In einem Praktikum stellt sie fest: So spannend, wie sie es sich vorgestellt hat, ist der Beruf für sie nicht. Ein Freund vermittelt ihr ein Praktikum in einer Baufirma. Dort fühlt sich die damalige Schülerin, die laut eigener Aussage aus einer handwerklich begabten Familie stammt, wohl. „Man sieht abends, was man mit den eigenen Händen geschafft hat.“ Nach dem Abitur bewirbt sich Vogl für ein Duales Studium bei Richard Schulz – und erhält prompt die Zusage. Neben ihrem Bauingenieurwesen-Studium ist Vogl damals bereits an der Seite eines Bauleiters auf Baustellen unterwegs und sammelt erste Erfahrungen.

    Alexandra Vogl aus Sinning arbeitet als Bauleiterin bei Richard Schulz in Neuburg

    Die Hauptarbeit ist getan. Der Truppe der Firma Richard Schulz stellte sich nach der Asphaltierung der Ingolstädter Straße kurz für ein Gruppenbild zusammen.
    Die Hauptarbeit ist getan. Der Truppe der Firma Richard Schulz stellte sich nach der Asphaltierung der Ingolstädter Straße kurz für ein Gruppenbild zusammen. Foto: Winfried Rein

    Mit 22 Jahren hat sie ihren Abschluss in der Tasche und wird selbst zur Bauleiterin in ihrer Firma ernannt. Sie als „kleines, schüchternes Mädchen“, wie sie sich heute rückblickend bezeichnet, hat plötzlich das Sagen auf Baustellen, plant, teilt Personal ein, bestellt Material, erstellt Abrechnungen. In diese Rolle muss sie natürlich erst hineinwachsen. Anfangs ist die Skepsis bei manchem Geschäftspartner groß. Gerade Auftraggeber sind sich anfangs unsicher, „ob die überhaupt weiß, wovon sie spricht“, berichtet Vogl. Mancher habe anfangs lieber mit einem anderen Mann als mit ihr Absprachen getroffen.

    Doch Vogl erarbeitet sich im Laufe der Jahre Respekt. In ihrer bisherigen Karriere war sie geschätzt für rund 50 Baustellen in Neuburg verantwortlich. Ihre bisher größte Herausforderung: eine kurzfristige Baumaßnahme auf der Neuburger Donaubrücke, mitten in den anfänglichen Wirrungen der Corona-Pandemie. Anzutreffen ist die Bauleiterin in der ganzen Region, grob im Bereich zwischen Eichstätt, Donauwörth und Pöttmes. Sie wisse, wie sie im Job „ihren Mann stehen kann“, wie sie selbst sagt. Eine Formulierung, die sie nicht an ihr eigenes Geschlecht anpasst und die deutlich macht: Vogl will nicht durch ihr Geschlecht, sondern ihre Leistung wahrgenommen werden. 

    Neuburg: Alexandra Vogl musste sich in der Baubranche Respekt verschaffen

    Ihre offene Art habe geholfen, anfängliche Vorbehalte aufzulösen, sagt sie selbst. Ihre direkten Mitarbeiter hätten sie ohnehin von Anfang an unterstützt. „Die kennen mich ja quasi von klein auf“, sagt Vogl und lacht. Aber natürlich bleibt im harten Bau-Gewerbe so mancher blöde Spruch nicht aus. Auf einer Baustelle werde immer wieder „Schmarrn“ geredet. Manches gehe an die Schmerzgrenze, in der Regel handele es sich aber um „nichts Böses“, sagt Vogl. Sie komme mit einem rauen Umgangston klar, schließlich komme sie vom Dorf. „Da kennt man so etwas.“ Die 27-Jährige weiß sich zu helfen. „Dann gibt es einen blöden Spruch zurück.“

    Mehr als manche Bemerkung macht ihr das Verhalten von einigen Anwohnern und Verkehrsteilnehmern zu schaffen. „Jeder will eine neue Straße, aber eine Baustelle darf nicht sein“, beklagt sie. Das Verständnis für ihre Arbeit lasse zu wünschen übrig. Es fehle „gewaltig“ an Respekt, ständig werde man angepöbelt. „Beleidigungen sind Standard.“ Immer wieder habe man Probleme mit Menschen, die eine Absperrung oder ausgewiesene Umleitung nicht akzeptieren wollen. Vogl berichtet von einem Fall, als ein wütender Autofahrer vor einer Absperrung nicht haltmachte und sie und ihre Kollegen anfuhr. Daraufhin rief sie die Polizei.

    In ihrer Freizeit ist Alexandra Vogl Betreuerin beim SV Sinning

    Auch in ihrer Freizeit ist Vogl in einem Männerbereich tätig. Sie unterstützt die beiden Herrenmannschaften des SV Sinning als Betreuerin. „Mein Leben ist sehr geprägt von Männern“, ist ihr bewusst. Sie habe schon immer mehr mit Jungs zu tun gehabt. Das Miteinander mit dem anderen Geschlecht empfinde sie als entspannter. „Männer sagen einem, wo das Problem ist, und dann kann man es lösen.“ Frauen würden dagegen eher „hintenrum“ kommunizieren, so ihre Erfahrung. Doch in einem Bereich ist Vogl in gewisser Weise typisch Frau – sie besitzt ein Pferd und reitet gerne.

    Am Donnerstag kann sie die Baustelle in der Ingolstädter Straße abschließen. Die Bauleiterin ist stolz auf das, was sie und ihre Arbeiter in der vorgegebenen Zeit geschafft haben – und das bei Temperaturen von teilweise weit über 30 Grad Celsius. „Ich hätte meine Mitarbeiter gerne öfters früher nach Hause geschickt. Aber das ging leider nicht.“

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