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Neuburg: Die Furcht vor dem Eisstoß der Donau gab es auch in Neuburg

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Die Furcht vor dem Eisstoß der Donau gab es auch in Neuburg

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    Das Eis schwimmt davon, und die Donau ist nach dem strengen Winter 1963 wieder frei. Damals hatte der Nachtberg noch einen freien Blick auf die Peterskirche und Altstadt erlaubt.
    Das Eis schwimmt davon, und die Donau ist nach dem strengen Winter 1963 wieder frei. Damals hatte der Nachtberg noch einen freien Blick auf die Peterskirche und Altstadt erlaubt. Foto: von Waldenfels

    Die Temperaturen steigen, der Schnee ist verschwunden. Vor 60 Jahren war der nahende Frühlingsbeginn mit großer Sorge verbunden: Der Eisstoß der zugefrorenen Donau bedrohte die Brücken der

    Vorausgegangen war ein Extremwinter 1962/63 mit Dauerfrost von -30 Grad Celsius. Die Eisschollen auf der Donau begannen sich zu stauen und bildeten eine 102 Kilometer lange Eisdecke zwischen Kloster Weltenburg und Günzburg. Ein solches Naturereignis wird es so schnell nicht mehr geben.

    Rolf Hanisch wohnte damals in der Schilchermühle. „Die Eisschollen knirschten und krachten, ich konnte kaum mehr schlafen“, so sind die eiskalten Nächte in seinem Gedächtnis geblieben. Die Donau habe nachts „ein schrilles Konzert gegeben.“

    Immer mehr Menschen wagten sich damals auf den zugefrorenen Fluss vor ihrer Haustür. "Natürlich überquerten wir die Donau", erinnert sich Neuburgs Ehrenbürger Anton Sprenzel, 90, "das Eis war schon eine Sensation." Ihm sei durchaus bewusst gewesen, wie gefährlich die Sache gewesen war: "Ein Loch im Eis, und die starke Strömung hätte dich mitgenommen." 

    1963 war halb Neuburg auf dem Eis, das sich auf der Donau gebildet hatte

    Auch Anton Göbel und Walter Egen (rechts) stellten sich vor 60 Jahren zu einem Erinnerungsfoto auf das Eis – zur Sicherheit in Ufernähe.
    Auch Anton Göbel und Walter Egen (rechts) stellten sich vor 60 Jahren zu einem Erinnerungsfoto auf das Eis – zur Sicherheit in Ufernähe. Foto: Winfried Rein

    Dieses Risiko habe man in Kauf genommen, so Bäckermeister Anton Göbel, 75, "halb Neuburg war ja auf dem Eis". Außerdem hätten erfahrene Leute mehrfach die Festigkeit der Eisschollen überprüft. Horst Heidrich, 87, war damals mit dabei gewesen, "aber das Jahr 1963 hat sich bei mir eher wegen meiner Hochzeit eingeprägt". Auf Schwarz-Weiß-Fotos von Julius Sayle lässt sich dieser besondere Winter gut nachempfinden.

    Den Eisstau durch Schollen gibt es schon deswegen nicht mehr, weil heute 26 Staustufen die Donau zwischen Ulm und Passau bremsen und die Fließgeschwindigkeit reduzieren. In kalten Wintern können die Stauseen zufrieren wie Kiesweiher. Im Januar 1985 baute sich zwischen dem Kraftwerk Bertoldsheim und Donauwörth eine Decke mit Treibeis auf. Wagemutige Spaziergänger überquerten die schroffe Schollenlandschaft. Die Rhein-Main-Donau AG als Kraftwerksbetreiber versuchte das Eis mit Schwellbetrieb zu brechen.

    In Ingolstadt führte der Eisstau im Februar 1963 zu einem mittleren Hochwasser. Sprengmeister jagten die Eiswüste vor dem Neuen Schloss in die Luft. Die entstandene Rinne verbesserte den Abfluss und die neue Konrad-Adenauer-Brücke war gesichert. 

    Die Eiszeit beeindruckte die Menschen nicht zuletzt entlang der Donau, wie auch in Neuburg

    Die Eiszeit beeindruckte die Menschen früherer Jahrhunderte. Im Januar 1849 riss der Eisstoß das Dorf Kleinmehring mit, die Bewohner vermochten nur ihr eigenes Leben zu retten. In den ersten Märztagen 1929 meldeten die Zeitungen täglich Sachstandsberichte über den Eisstoß der Donau in Donauwörth, Neuburg, Bergheim, Gerolfing, Ingolstadt, Großmehring, Pförring, Vohburg, Kelheim, Neustadt, Saal und Regensburg. Für Neuburg forderte das Straßen- und Flussbauamt die Pioniere an. Zwischen Café Hertlein und Brandlbad sprengten die Soldaten eine breite Rinne in das verkeilte Eis.

    Der Eisstoß, der sich in doppelter Schicht zwischen Stepperg und Finkensteinfelsen aufgebaut hatte, "ging Samstagnachmittag, 11. März, gegen vier Uhr glücklich an der Stadt vorbei. Ohne Rinne hätte der Eisstoß weiter in Neuburg festsitzen müssen, während von oben der Wasserdruck stärker wurde", notierten die Chronisten.

    "Ein sonderbar knirschendes Rauschen erfüllte die Luft, und jedermann wusste auch ohne die Rufe, dass der Eisstoß in Gang ist", so beschrieb ein Zeitzeuge in einem Dorf unterhalb von Neuburg das Naturphänomen. Es bleibt untrennbar verbunden mit den strengen Wintern 1907, 1929, 1942, 1963 und 1985. 

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