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Neuburg: „Der totale Irrsinn“: Gekippte Osterruhe irritiert im Raum Neuburg

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„Der totale Irrsinn“: Gekippte Osterruhe irritiert im Raum Neuburg

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    Frust über das versaute Ostergeschäft: So wie diesem Gastronom geht es auch vielen Wirten und Einzelhändlern im Landkreis. Über das Hin und Her aus Berlin schütteln viele den Kopf.
    Frust über das versaute Ostergeschäft: So wie diesem Gastronom geht es auch vielen Wirten und Einzelhändlern im Landkreis. Über das Hin und Her aus Berlin schütteln viele den Kopf. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

    Es ist wohl keine allzu gewagte Vermutung, dass im Laufe des Mittwochs ein ungläubiges Kopfschütteln eine der häufigsten Gesten in Deutschland war. Während das Land noch hitzig über den sogenannten Oster-Lockdown diskutierte und auf zahllosen Kanälen versucht wurde, die vielen offenen Fragen zum angeordneten Ruhetag am Gründonnerstag zu klären, bereitete Kanzlerin Angela Merkel die Ministerpräsidenten via digitaler Schalte auf ihre Kehrtwende vor. Doch kein Ruhetag – zu viele Unwägbarkeiten und rechtliche Fragen. Das stehe nicht im Verhältnis zum Nutzen, so die Kanzlerin am Mittwochmittag.

    „Ein Kommunikationsdesaster“, nennt Michael Regnet vom Stadtmarketing das Hin und Her aus Berlin. Ihn erreichten in den vergangenen Tagen zahlreiche Anfragen bezüglich Kurzarbeitergeld, Feiertagsregelung und Lohnfortzahlungen. Aber nicht nur die Händler seien verwirrt von ständig neuen Beschlüssen. Ebenso wächst die Unsicherheit bei der Kundschaft.

    Unternehmer aus Neuburg sind froh über die Entscheidung der Kanzlerin

    Auch Geschäftsführer der beiden Edeka-Filialen in Neuburg, Julius El-Mustapha, findet eindeutige Worte für die Performance der Regierung. „Das war der totale Irrsinn“, sagt er und meint damit den zusätzlichen Feiertag. Als er von dem Beschluss hörte, kamen ihm sofort Bilder aus dem ersten Lockdown in den Sinn. „Der Ansturm war riesig und so schnell ließ sich gar nicht das nötige Personal organisieren.“ Im kleineren Rahmen fürchtete er durch die Schließung der Lebensmittelgeschäfte ähnliche Zustände. Dementsprechend erleichtert ist er über das Zurückrudern der Regierung.

    Manfred Hoffmann, Geschäftsführer der Sonax GmbH ist ebenfalls glücklich über die Entscheidung. „Uns hätte ein Produktionsausfall am Donnerstag sehr wehgetan.“ Auch die rechtliche Lage mit Urlauben, Gleitzeit und Feiertagszuschlägen war im Unternehmen noch unklar. „Da hätten wir unzählige Details mit den einzelnen Mitarbeitern abklären müssen.“

    Gastronome aus dem Landkreis hatten auf Öffnungen gehofft

    „Die Korrektur der Beschlüsse aus Berlin ist richtig“, sagt auch Landrat Peter von der Grün. „Diese Osterruhe war gut gemeint aber nicht zu Ende gedacht.“ Trotzdem habe er Hochachtung vor dem Vorgehen der Kanzlerin. „Es beweist Größe, eine falsche Entscheidung wieder zurückzunehmen.“ Auch im Landratsamt diskutierte man in den vergangenen Tagen bereits die arbeits- und dienstrechtlichen Folgen eines zusätzlichen Feiertags. „Die Ausmaße wären uferlos gewesen“, sagt von der Grün. Mit Beschlüssen, die kurz darauf wieder kassiert werden, habe er und seine Behörde in den vergangenen Monaten jede Menge Erfahrungen gesammelt. „Dass wir an der Basis aktuell keine Planungssicherheit haben, sind wir mittlerweile gewöhnt.“ Den Frust der Einzelhändler kann auch Landrat Peter von der Grün verstehen. „Viele haben sich mit Geld, Zeit und Nerven auf mögliche Öffnungen vorbereitet. Jetzt wurde die Hoffnung wieder genommen.“

    „Für uns ist überhaupt nichts mehr nachvollziehbar“, sagt Manfred Enzersberger. Der Pächter von Arcoschlösschen und Café Zeitlos in Neuburg hatte sich mit seinem Team eigentlich auf eine Öffnung der Außengastronomie für 22. März eingestellt. „Wir haben schon Ware bestellt und die Dienstpläne gemacht. Am vergangenen Donnerstag mussten wir dann aber wieder alles abbestellen“, sagt er genervt. Eigentlich würden momentan jede Woche Hochzeiten bei ihm stattfinden, die lange im Voraus geplant wurden. „Die rufen dann bei mir an und wollen wissen, wie es weitergeht. Aber leider habe ich keine Glaskugel“, sagt Enzersberger.

    Neuburg-Schrobenhausen: Es fehlt Planbarkeit

    Ähnlich sieht es auch sein Kollege Karl Deiml vom Neuwirt, der auch Stellvertretender Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes ist. Ihm fehlt vor allem ein zuverlässig planbarer und konsequenter Weg, statt dem aktuellen Hin und Her. „Man hätte zum Beispiel längst mal schauen können, ob wir uns an Tübingen orientieren können, und deren Modell des verstärkten Testens bei gleichzeitigem Lockern etwas für uns sein kann“, sagt Deiml. Ostern hätte er bei gutem Wetter gerne seinen Außenbereich wieder aufgesperrt, so muss er seine regelmäßig nachfragende Stammkundschaft weiterhin vertrösten.

    Enzersberger kritisiert, dass sich die Politik nur an den Inzidenzwerten orientiert. Angesichts von insgesamt drei Prozent Infizierten innerhalb eines Jahres im Landkreis könne er es zudem nicht verstehen, dass so einschneidende Maßnahmen für alle getroffen werden. Auch fehlt ihm eine Öffnungsperspektive – er bleibt skeptisch: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir im April wieder aufsperren dürfen.“ Auch den Einzelhändlern im Landkreis wird der Inzidenzwert zum Verhängnis. „Für die Händler im Landkreis ist die Lage besonders bitter. Die Werte pendel zwischen knapp über und knapp unter 100“, sagt Regnet.

    Das bedeutet konkret, dass der Einzelhandel im Landkreis auf das erhoffte Vorostergeschäft verzichten muss. Ab Freitag gilt wieder das Click & Meet-Konzept in Neuburg. „Das Geschäft im Vorfeld der Osterfeiertage wird nach Ingolstadt umgeleitet“, sagt Regnet. Dort liegt der Wert knapp unter dem Grenzwert 100. Gerade im Bereich der Spielwaren sei Ostern mittlerweile ein sehr wichtiges Geschäft im Jahresverlauf. „Die Hemmschwelle, etwas zu bestellen und es dann vor Ort abzuholen, ist nach wie vor groß. Wenn es zwanzig Kilometer weiter leichter läuft, dann fahren die Kunden lieber die Strecke“, fürchtet Regnet.

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