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Neuburg: Birdland Jazzclub: Ein Blick in die Zukunft des Jazz

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Birdland Jazzclub: Ein Blick in die Zukunft des Jazz

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    Die Band um Émile Parisien verbindet elektronische Töne und traditionellen Jazz zu einem explosiven Klanggemisch.
    Die Band um Émile Parisien verbindet elektronische Töne und traditionellen Jazz zu einem explosiven Klanggemisch. Foto: Tobias Böcker

    Der erste Ton gehört der Elektronik, einer vagen Schwingung, die den Raum grundiert. Zart tupfen Piano und Bass einen pastellfarbenen Hintergrund ins Gewölbe, sanft mischen sich Becken darunter und langsam erwacht das Sopransaxophon zu orientalisch anmutender Melodiosität. Mehr und mehr steigert sich die Intensität, Trommeln beginnen zu rollen, die Band kommt auf Temperatur, die Glut wird angefacht.

    Eine Band wie aus einem Guss, in schlafwandlerisch sicherem Miteinander kreativer Entfaltung, jeder ganz bei sich und jeder ganz für die anderen: 20 Jahre Freundschaft zahlen sich aus, so eng verschworen ist selten eine Band zu erleben: Julien Loutellier am Schlagzeug mit seinen ungemein flüssigen – immer wieder auch ungeraden – Metren, Ivan Gélugne am Bass mit wuchtiger, volumenstarker Stabilität und Julien Thouéry am Flügel mit beweglicher Phantasie. Alle drei die idealen Gefährten eines Solisten der absoluten Sonderklasse: Émile Parisien, des wohl bedeutendsten Sopransaxophonisten unserer Tage. Am Wochenende waren sie zu Gast im Neuburger Jazzkeller.

    Émile Parisien und Band begeistern mit modernem Jazz Birdland Jazzclub Neuburg

    Auch in TikTik gibt die Elektronik den Ton vor im durchgehenden Ticken eines Funksignals, in dessen Rhythmus sich die Band unmittelbar und unfehlbar einschwingt, akustisch das Kommando übernimmt und einen farbenreichen musikalischen Teppich ausbreitet. Wie ein Derwisch agiert darauf Émile Parisien, sein Instrument erklingt in sattem Ton, mal rau und rein, mal effektvoll elektronisch verfremdet, immer erfüllt von Wärme, Leben und purer Energie, die sich zuweilen Bahn bricht in eruptiven Kaskaden schier an der Grenze des Menschenmöglichen.

    Kaum zu glauben, in welchem Tempo hier Hirn und Hände synchronisiert sind, schier atemberaubend. Dann ist der ganze Körper des Musikers mit im Spiel, Émile Parisien gibt sich hin und hinein, die Ellbogen ausgebreitet wie Flügel und auf einem Bein, lässt teilhaben am Feuerflug durch Raum und Zeit. Da brodelt die Band auf kochendem Rhythmus, die Musik wirft förmlich Blasen, zischt sprudelnden Dampf, bietet jede Menge Überraschungsmomente im rasanten Unisono von Piano und Saxophon wie in Soloexkursen, die allen Herausforderungen des modernen Jazz mehr als gewachsen ist und weit hinausblickt in die Zukunft.

    Das ist Musik, die nie stillsteht, keine Millisekunde der Verlegenheit kennt, die sich nie selbst erschöpft als l‘art pour l‘art, die immer atmet und lebt und Neues schafft. Grandios!

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