An die Nacht auf den 30. August des vergangenen Jahres kann sich die 21-Jährige nur schemenhaft erinnern. Sie weiß nur: Sie war betrunken und irgendwann hatte sie im Obdachlosenheim einen brennenden Papierschnipsel auf das Bett eines Mitbewohners geworfen. Das Mobiliar ging lichterloh in Flammen auf, der Rauch zog durch die Gänge. Nur durch Glück wurde niemand ernsthaft verletzt. Der Schaden belief sich auf rund 20.000 Euro. Doch warum sie das getan hatte? Schulterzucken.
"Keine Ahnung"
Wie so oft bei der Neuburgerin. Wo der Vater arbeitet? „Keine Ahnung.“ Wo sie als Kind überall gewohnt hatte? „Weiß ich nicht.“ Gab es an dem Abend des Feuers Streit? „Nicht, dass ich wüsste.“ So muss das Landgericht um Vorsitzenden Richter Paul Weingartner Licht in die Tatnacht bringen. Es geht darum, ob die Angeklagte wegen einer Persönlichkeitsstörung in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird.
Das Leben stand von Anfang an unter keinem guten Stern
Das Leben der jungen Frau stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Eltern hatten sich bald nach der Geburt getrennt, das kleine Mädchen wurde einmal quer durch die Republik zum Vater gereicht, dann wieder zurück zur Mutter in den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Sowohl die Mutter als auch deren spätere Männer, sagte die Angeklagte, seien Trinker gewesen. Als Teenager landete sie in einer Einrichtung nahe Nürnberg, später wohnte sie im Maria-Weigl-Haus in Neuburg. Im vergangenen Jahr schließlich hielt sie sich immer öfter im Obdachlosenheim auf, zog schließlich dorthin. Gearbeitet hat sie nicht, stattdessen immer mehr getrunken. Mittags, erinnert sie sich, ging die Trinkerei los. Es kam immer mal wieder zu Pöbeleien und Schlägereien unter den Bewohnern, wie auch im Sommer.
Bewohner bemerkt Brandgeruch
Da gab sie bei der Polizei an, von einem 47-jährigen Mitbewohner die Treppe hinabgestürzt worden zu sein und sich den Arm gebrochen zu haben. Doch der Mann war unschuldig, ein anderer hatte sie geschubst. Die Falschaussage, das gab sie auch gestern wieder zu, sollte nur ein Racheakt sein. Die Verhandlung vor dem Neuburger Amtsgericht gegen den 47-Jährigen wegen Körperverletzung sollte aber just an jenem verhängnisvollen 30. August stattfinden. Doch dazu kam es nicht mehr.
Am Abend vorher hatte die Angeklagte ihren Zimmerschlüssel bei der Mutter vergessen. Der 47-Jährige – ihr Zimmernachbar – bot ihr daraufhin sein Zimmer an. Er spielte derweil Karten bei seinen Kumpels nebenan. Gegen halb eins bemerkte ein anderer Bewohner Brandgeruch und alarmierte sofort die restlichen Bewohner, die sich alle in Sicherheit bringen konnten. Aus dem Zimmer des 47-Jährigen drang dichter Qualm. Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte rückten an der Donauwörther Straße an.
Warum sie das tat bleibt fraglich
Die 21-Jährige war zu einer Freundin geflüchtet und wurde rund drei Wochen später festgenommen. Die Brandstiftung hat sie gestanden. Doch warum sie das alles getan hat? Vielleicht aus Rache? Sie konnte gestern dazu nichts sagen: „Ich hab das angezündet, hingeschmissen und bin dann raus.“
Richter Weingartner betonte nochmals, welch großes Glück die Bewohner gehabt hatten: „Wenn da einer seinen Fetzenrausch ausschläft, der spannt das ja gar nicht.“
Der 47-Jährige, dessen Zimmer komplett zerstört worden ist und der von der Angeklagten auch noch falsch beschuldigt worden war, zeigte keinerlei Hass auf die Frau, eher Mitleid. „Mädl, pass auf Dich auf“, waren seine Abschiedsworte.Die Verhandlung wird am Dienstag, 19. März, fortgesetzt.(rilu)