Ein halbes Jahr, nachdem er den Freien Wählern überraschend seinen Austritt verkündet hat, sorgt Peter von der Grün erneut für überregionales Aufsehen: Der zwischenzeitlich parteilose Landrat hat sich wieder eine politische Heimat gesucht und sie bei der FDP gefunden. Bei den Liberalen wird der Neuzugang gefeiert, denn der 52-Jährige katapultiert sich damit aus dem Stand heraus in die Annalen der Partei: Nach Rudolf Widmann, der von 1969 bis 1996 im Landkreis Starnberg amtierte, ist von der Grün jetzt der zweite FDP-Landrat in der Geschichte Bayerns. Im Landkreis sorgt die Nachricht jedoch für Erstaunen und Irritation.
Peter von der Grün und FDP-Kreisvorsitzender Bernhard Hildebrandt wollten eigentlich erst am Sonntag beim Bezirksparteitag der FDP in Starnberg die Katze aus dem Sack lassen. Doch dann sickerte die Neuigkeit durch, weshalb auf von der Grün schon am Freitag zahlreiche Anfragen zukamen. „Offenbar gibt es heute in Bayern kein anderes Thema“, eröffnet er gut gelaunt das Gespräch über seine Entscheidung, wieder unter einer politischen Fahne zu agieren.
Ein Parteibeitritt zu den Grünen kamen für Peter von der Grün nicht infrage
Warum die FDP? Nach seinem Austritt aus den Freien-Wählern war immer wieder spekuliert worden, ob und wem sich Peter von der Grün politisch wieder anschließen könnte. Die Grünen standen dabei hoch im Kurs, weil sie ihm nach den Querelen, die zu seinem Austritt geführt hatten, öffentlich die Stange gehalten haben. „Ich verstehe mich persönlich und inhaltlich gut mit den Grünen-Kollegen im Kreistag“, sagt von der Grün, auf Bundesebene tue er sich allerdings mit ihnen schwer. Deshalb seien die Grünen für ihn nicht infrage gekommen, wie übrigens auch alle anderen Parteien, die ihn nach seinem Austritt gewinnen wollten, wie er betont - Freie Wähler inklusive.
Am Ende war es die FDP, für die er sich entschieden habe. „Die FDP ist eine großartige Partei mit erfolgreicher Vergangenheit“, gegründet er seine Entscheidung und lobt deren pragmatische Lösungsansätze. Eigentlich habe er sich in seiner Rolle als Parteifreier durchaus wohlgefühlt, „ich habe keinen Partner gesucht“, betont er. Doch dann sei er immer wieder gefragt worden, ob er eine politische Heimat suche, unter anderem auch von Bernhard Hildebrandt. „Das hat sich über die letzten Monate entwickelt und aufgebaut“, beschreibt er den Entwicklungsprozess. Dass die FDP im Landkreis keine Rolle spielt (bei der Kommunalwahl 2020 holte sie 2,4 Prozent), als Teil der Ampel-Regierung schwer in der Kritik steht und im Osten Deutschlands um ihre politische Existenz fürchten muss, spielt für von der Grün keine Rolle. „In der Kommunalpolitik zählt Persönlichkeit mehr als Parteizugehörigkeit.“
Den Austritt aus der FW-Partei bezeichnete Peter von der Grün vor einem halben Jahr als „Befreiungsschlag“. Und wie fühlt sich jetzt der FDP-Beitritt an? Er würde damit neue Wege beschreiten, sagt er, „auf zu neuen Ufern“. Will er 2026 also wieder als Landrat kandidieren? „Das habe ich noch nicht entschieden, ist aber denkbar und im Bereich des Möglichen.“
Die Kritik an von der Grüns Arbeits- und Kommunikationsstil ist weithin bekannt. Im Kreistag gibt es viele Stimmen, wonach der Chefposten mit dem falschen Mann besetzt sei, manche von ihnen sind sogar überzeugt, dass der Landrat vorzeitig zurücktreten müsse. Zu ihnen zählt Bernhard Hildebrandt nicht. „Er macht seinen Job sicher nicht so schlecht, wie viele meinen“, sagt er. Hinter dessen zurückhaltenden Art sieht er einen Juristen, der erst Rechtssicherheit haben will, bevor er agiert, „und das geht manchen eben zu langsam“. Deshalb könne er sich auch vorstellen, mit ihm in den Landratswahlkampf zu gehen. „Wenn er für uns ins Rennen geht, dann von mir aus herzlich gerne.“ Andere Bewerber gebe es derzeit ohnehin nicht.
FDP gehört im Neuburger Kreistag zur Fraktion der Freien Wähler
Auf der einen Seite verbucht Hildebrandt es als Erfolg, für die FDP einen Landrat ins Boot geholt zu haben und damit „positives Medienecho zu erzeugen“, sagt er. Auf der anderen Seite hat er jetzt aber auch ein kleines Problem. Denn im Kreistag ist der Hautarzt der einzige Vertreter der FDP und gehört deshalb der Freien-Wähler-Fraktion an. Als FDP-Landrat würde demnach auch Peter von der Grün wieder an den Besprechungen und Sitzung der Freien Wähler teilnehmen können - also jener Partei, die er vor einem halben Jahr frustriert verlassen hat. Ein Umstand, der nun in der Fraktion für Irritation sorgt. „Ich bin jetzt in einer Riesen-Erklärungsnot“, gibt Bernhard Hildebrandt zu, nachdem sich die Nachricht ungeplant am Freitag verbreitet und er keine Gelegenheit mehr hatte, vorab die Kreistagsmitglieder zu informieren.
Wie die Freien Wähler damit umgehen, konnte FW-Kreisvorsitzender Shahram Tabrizi zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. „Wir werden das in unserer nächsten Fraktionssitzung besprechen“, sagt er. Theoretisch wäre es möglich, die FDP aus der Fraktion auszuschließen. Das Nachsehen hätte dann allerdings lediglich Bernhard Hildebrand, der dann ein Alleinkämpfer im Kreistag wäre. Für Peter von der Grün würde sich im Vergleich zur jetzigen Situation nichts ändern.
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