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Interview: Neuburger trägt keine Maske: „Wenn ich Leute wie Sie sehe, könnte ich kotzen“

Interview

Neuburger trägt keine Maske: „Wenn ich Leute wie Sie sehe, könnte ich kotzen“

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    Das Attest, das ihn von der Maskenpflicht befreit, führt Günter Then immer mit sich. Als Nicht-Maskenträger fühlt er sich von der Gesellschaft ausgegrenzt. 
    Das Attest, das ihn von der Maskenpflicht befreit, führt Günter Then immer mit sich. Als Nicht-Maskenträger fühlt er sich von der Gesellschaft ausgegrenzt.  Foto: Claudia Stegmann

    Herr Then, in einem Bericht der Neuburger Rundschau vertrat Dr. Anton Wohlfart aus Ehekirchen die Meinung, dass jeder Mensch in der Lage ist, zeitweise eine Mund-Nasen-Maske zu tragen. Dieser Aussage widersprechen Sie. Warum?

    Günter Then: Ich habe die Maskenbefreiung aus zwei Gründen: Erstens leide ich an einer Lungenerkrankung namens COPD und zweitens habe ich eine Panikstörung. Ich kriege schlecht Luft und kann es nicht ertragen, wenn etwas an meinem Mund ist. Das hat mit meiner Bundeswehrzeit zu tun. Dort mussten wir nach dem Vorfall in Tschernobyl den GAU-Fall üben und dazu eine Maske tragen. Seitdem kann ich das überhaupt nicht mehr aushalten. Die Befreiung von der Maskenpflicht ist deshalb zwingend notwendig für mich.

    Was würde passieren, wenn Sie eine Maske tragen würden?

    Then: Umso länger ich sie trage, umso schlechter kriege ich Luft und umso mehr muss ich husten. Dann wird es mir auch irgendwann schlecht und schwindlig. Die Beschwerden beginnen nach drei Minuten, nach zehn Minuten geht dann gar nichts mehr.

    Sind die Beschwerden unabhängig von der Art der Maske?

    Then: Ja. Die harten Dinger (FFP2-Masken, Anm. d.R.) sind natürlich noch schlimmer als die Stoffmasken. Wenn ich meine Mutter im Pflegeheim besuche, dann muss ich vom Eingang bis zu ihrem Platz eine FFP2-Maske tragen. Das sind nur ein paar Meter und dauert 20 Sekunden – das geht. Da ziehe ich sie auch auf, weil mich die Heimleitung darum gebeten hat.

    Beim Bäcker tragen Sie aber keine Maske. Warum nicht? Dort ist man ja in aller Regel auch nur für eine kurze Zeit.

    Then: Nein, da trage ich keine. Es ist jetzt nicht so, dass ich schon nach zehn Sekunden nach Luft japse. Aber es ist unangenehm für mich. Das muss ich mir nicht antun. Ich fühle mich dann beklommen. Das hängt mit meiner Panikstörung zusammen.

    Und deswegen hat Ihnen Ihr Arzt auch ein Attest ausgestellt.

    Then: Ja. In dem steht: „Aufgrund der Agoraphobie und der chronisch obstruktiver Bronchialerkrankung führt das Tragen der Maske zu Atemnot und Panik. Die Befreiung vom Maskenzwang ist deshalb notwendig.“ Das Attest habe ich seit circa Ende April 2020.

    Also im Grunde seit Beginn der Maskenpflicht. Dann haben Sie also nie eine Maske in der Öffentlichkeit getragen?

    Günter Then
    Günter Then Foto: Claudia Stegmann

    Then: Nein, nur im Selbstversuch. Aber nach spätestens zehn Minuten musste ich das abbrechen.

    Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, wenn Sie ohne Maske in Geschäfte gehen?

    Then: Ich werde angemotzt, ich werde angeschrien, ich werde fast immer unfreundlich darauf hingewiesen, dass es in Deutschland eine Maskenpflicht gibt. Einer sagte mal: „Wenn ich Leute wie Sie ohne Maske sehe, könnte ich kotzen“. Eine andere hat gemeint: „Sie gefährden mich, Sie sind verantwortlich, wenn ich sterbe!“ Eine Marktleiterin ist völlig ausgeflippt und hat nur noch rumgeschrien. Mittlerweile bin ich in meinen Läden zumindest bei den Marktleitern bekannt. Aber bei den Kunden ist ein feindseliger Blick noch das Geringste. Ich werde beleidigt und man sagt mir, ich sei eine Bedrohung. Ich warte auf den Tag, bis einer körperlich wird.

    Wie reagieren Sie auf solche Äußerungen?

    Then: Ich sage sofort, dass ich ein Attest habe und zeige es teilweise auch. Manchmal führt es dazu, dass es die Leute einsehen. Manchmal aber auch nicht.

    Wie stehen Sie denn unabhängig von Ihrer persönlichen Situation zur Maskenpflicht?

    Then: Na ja gut. Sie scheint ja was zu bringen, und deswegen ist sie – leider – notwendig. Das muss man so konstatieren.

    Also sind Sie kein Maskengegner per se?

    Then: Nein, nein! Ich bin kein Maskengegner, aber ich bin ein Kritiker der staatlichen Reglementierungen.

    Können Sie verstehen, dass es Menschen gibt, die sich unwohl fühlen, wenn ihnen jemand in geschlossenen Räumen ohne Maske begegnet?

    Then: Ich kann es deswegen nicht verstehen, weil die Leute könnten mich ja auch freundlich fragen: Entschuldigung, haben Sie Ihre Maske in der Hosentasche stecken? Sie haben keine auf! In all den Monaten bin ich genau zweimal freundlich darauf angesprochen worden. Der Großteil – im dreistelligen Bereich – war unfreundlich bis beleidigend.

    Warum, glauben Sie, ist das so?

    Then: Wegen Berichten wie über Dr. Wohlfart, der mit Sicherheit nicht der erste dieser Art in einer Zeitung war. Denn wenn der Onkel Doktor, dem man ja eher glaubt als mir, sagt: Das ist Unsinn, jeder kann eine Maske tragen, jeder kann sich daran gewöhnen – dann ist mir klar, warum mich die Menschen so anmachen, wie sie es tun. Seine Aussage „Jeder kann eine Maske tragen“ ist faktisch falsch. Ich gebe zu: Es ist nicht die Mehrheit, die eine Befreiung braucht. Es ist eine Minderheit, ganz klar. Vielleicht betrifft es nur einen von Tausend – aber es gibt diese Menschen.

    Sie gehören mit Ihrer Lungenerkrankung zu den Risikopatienten. Indem Sie keine Maske tragen, erhöhen Sie Ihr Risiko, angesteckt zu werden. Wie schützen Sie sich selbst und andere?

    Then: Indem ich auf den Abstand achte. Seit es die Maskenpflicht gibt, ist mir aufgefallen, dass die Leute nicht mehr den Abstand einhalten, weil sie das trügerische Gefühl der Sicherheit haben. Ich glaube an die Abstandsregel: Wenn ich weit genug von einem Menschen entfernt bin, dann ist die Maske nicht mehr nötig.

    Aber in einem Supermarkt ist es ja nicht immer möglich, meterweiten Abstand voneinander zu haben. Wie handhaben Sie das?

    Then: Sobald mir einer zu nahe kommt, reagiere ich darauf. Ich achte auf einen Abstand von zwei Metern.

    Haben die Erfahrungen als Nicht-Maskenträger bei Ihnen dazu geführt, dass Sie sich in der Öffentlichkeit weniger bewegen?

    Then: Nein. Was gemacht werden muss, das wird gemacht.

    Zur Person: Günter Then ist 54 Jahre und kommt aus Neuburg. Er kümmert sich hauptberuflich als Pflegehelfer um seine pflegebedürftige Mutter.

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