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Foto: Winfried Rein (Archivbild)
Foto: Winfried Rein (Archivbild)

Die Ameos-Gruppe aus der Schweiz übernimmt das St.-Elisabeth-Krankenhaus in Neuburg von der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) Augsburg. Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen hatte in den Verhandlungen das Nachsehen.

Neuburg
11.04.2022

Ausrichtung, Einsparungen, Pläne: Was Ameos mit der Neuburger Klinik vorhat

Von Andreas Zidar

Ameos übernimmt das Krankenhaus St. Elisabeth Neuburg. Vorstandsmitglied Martin Stein über die Verhandlungen mit der KJF, kritische Stimmen und geplante Einsparungen.

Herr Stein, am Donnerstag wurde bekannt, dass die Ameos-Gruppe das Krankenhaus in Neuburg übernimmt. Die Reaktionen auf diese Nachricht waren vor Ort kritisch. Können Sie nachvollziehen, dass die Menschen ihr Krankenhaus lieber in der Hand des Landkreises gesehen hätten?

Martin Stein: Ich weiß nicht, ob man das pauschal so sagen kann. Es gab nicht nur kritische, sondern auch positive Stimmen. Viele sehen in diesem Schritt eine Chance. Schließlich bringt Ameos Professionalität, Know-how und einen Blick von außen mit. Die Menschen, die sich Sorgen machen, kann ich verstehen. Wenn man sich noch nicht kennt, wird Vertrauen erst entstehen. Es ist unser Anliegen, möglichst schnell dieses Vertrauen zu schaffen und zu beweisen, dass wir das Krankenhaus nach vorne bringen.

Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen fühlte sich im Kaufprozess übergangen und unfair behandelt. Wie liefen die Verhandlungen in Ihren Augen?

Stein: Die Verhandlungen mit dem Landkreis kann ich nicht bewerten, das wäre unseriös. Ich kann nur über unsere Sicht der Dinge sprechen. Wir empfanden die Zusammenarbeit mit der KJF als sehr fair, professionell, zielorientiert und transparent. Wir wussten immer, wo wir stehen und wo es langgeht.

Der Landkreis kritisiert, dass die Entscheidung zugunsten von Ameos wohl schon frühzeitig gefallen war. Wie lange standen Sie mit der KJF in konkreten Verhandlungen?

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Stein: Dazu haben wir Verschwiegenheit vereinbart, genauso wie zum Kaufpreis und der Zahl der Mitbewerber.

Warum haben Sie sich für den Standort Neuburg entschieden?

Stein:Da gab es eine ganze Reihe von Punkten. Zum einen passt es vom Fachlichen. In Neuburg ist der somatische Bereich in den vergangenen Jahren stark gewachsen, dazu gibt es eine Kinder- und Jugendpsychiatrie. In beiden Bereichen haben wir viel Kompetenz angesammelt. Auch die Größe des Neuburger Krankenhauses passt aus unserer Sicht sehr gut. Kleinere Krankenhäuser haben häufiger mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Die Klinik in Neuburg besitzt mit rund 300 Betten eine sehr gute Größe, die Zukunftschancen bietet. Außerdem passt Neuburg geografisch. Es ist nach Simbach der zweite Ameos-Standort in Bayern. Für uns ist dies eine neue Region, die wir erschließen können.

Die größte Sorge vor Ort sind Einsparungen. Wie berechtigt ist die Sorge?

Stein: Weit über die Hälfte der deutschen Krankenhäuser arbeitet defizitär, nicht erst seit Corona. Natürlich muss man Lösungen in der Krankenhaus-Finanzierung finden. Von vornherein zu sagen, dass es niemals Einsparungen geben wird, wäre völlig unseriös. Wer so etwas sagt, wird nie langfristig ein Krankenhaus führen können. Grundsätzlich setzen wir auf Leistungsausbau. Alle Standorte, die zu Ameos gehören, beschäftigen mittlerweile mehr Personal als zum Zeitpunkt der Übernahme. Es muss auch für Neuburg das Ziel sein, die medizinischen Angebote und damit das Personal auszubauen.

Was heißt das konkret?

Stein: Wir möchten, dass möglichst viel der knappen Mittel bei Patienten und Mitarbeitenden bleibt. Deswegen wollen wir die Wirtschaftlichkeit zunächst über den Einkauf verbessern. Aufgrund der Größe der Ameos-Gruppe können wir sowohl Investitionsgüter, wie Ultraschall- oder Beatmungsgeräte, als auch Verbrauchsgüter, wie Spritzen, Kanülen und Verbände, günstiger bekommen. Das ist eine Frage der Menge.

Und welche Einsparungen kommen auf das Personal zu?

Stein: Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen. Wir warten zunächst den rechtlichen Vollzug des Kaufs ab, dann schauen wir uns die Gegebenheiten an und besprechen uns mit den Mitarbeitenden.

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Foto: Ameos
Foto: Ameos

Martin Stein ist Vorstandsmitglied der Ameos-Gruppe.

Welche medizinische Ausrichtung streben Sie für Neuburg an?

Stein: Wir sind nicht festgelegt und wollen dem Krankenhaus keine Schablone überstülpen. Wir werden analysieren, welche Krankheitsbilder vor Ort am meisten vertreten sind und welche Angebote es dafür in der Region gibt. Das haben wir für uns bereits gemacht, aber natürlich kann man das von außen nur mittelgut beurteilen. Es gibt Ideen, die wir vor Ort prüfen und mit den Mitarbeitenden besprechen werden.

Sie haben bereits angedeutet, dass Sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Kreiskrankenhaus Schrobenhausen vorstellen können.

Stein: Eine Klinik im gleichen Landkreis ist ein nahe liegender Kooperationspartner, zu dem wir schnell Kontakt suchen möchten. Auch wenn wir einerseits in Wettbewerb zueinander stehen, sollten wir miteinander versuchen, im Sinne der Gesundheitsversorgung verschiedene Felder abzudecken. Wir freuen uns, dass der Landkreis trotz der nicht übersehbaren Verärgerung offen für alle Gespräche ist.

Sie bauen Neuburg zu Ihrer Regionalzentrale aus. Was steckt hinter diesem Schritt?

Stein: Wir betreiben im Norden, Osten und Westen unseres Gebiets Regionalzentralen. Im Süden fehlt uns bislang eine solche zentrale Verwaltung, die wir nun in Neuburg ansiedeln. Dafür werden wir dort vier Bereiche aufbauen: Personal, Finanzen, Medizinentwicklung und Kommunikation. Auch der Regionalgeschäftsführer wird seinen Sitz in Neuburg haben. Diese Umstellung wird natürlich nicht von heute auf morgen passieren, das bauen wir im Laufe der Zeit auf.

Neuburg wird zu Ihrer Regionalzentrale. Das heißt, Sie planen langfristig mit dem Standort?

Stein: Ja, klar. Aber das bedeutet es für uns alleine dadurch, dass wir das Krankenhaus erworben haben. Wir haben noch keinen einzigen unserer Standorte wieder abgegeben. Wir stehen unseren Häusern sehr treu gegenüber und haben mit ihnen auch in schweren Phasen durchgehalten. Die Entscheidung für eine Regionalzentrale unterstreicht dies noch einmal zusätzlich.

Wie ist der weitere Zeitplan für die Übernahme des Neuburger Krankenhauses?

Stein: Zunächst muss das Bundeskartellamt dem Kauf zustimmen, wohl bis Mitte Mai. Dabei dürfte es sich um eine Formalie handeln. Schließlich betreiben wir rund um Neuburg keine weitere Einrichtung und behindern den freien Wettbewerb nicht. Parallel dazu starten wir unser sogenanntes „Integrationsprojekt“. Ziel ist es, das Neuburger Krankenhaus möglichst schnell mit Ameos zu vernetzen. Vor Ort bringen wir Personal aus verschiedenen Bereichen zusammen, um die Mitarbeitenden mitzunehmen und schneller Ängste zu nehmen. Dafür werden wir für bis zu zwölf Monate eine Integrationsmanagerin in Neuburg einsetzen.

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