Freundlich, bürgernah, respektvoll: All diese Worte fallen, wenn die Rede auf Peter Schnell kommt. Das ist nicht selbstverständlich für einen Mann, der 30 Jahre lang als Oberbürgermeister an der Spitze einer Großstadt stand. Doch die Popularität des CSU-Manns währte nicht nur in der Ingolstädter Bevölkerung, sondern auch beim politischen Gegner, weit über seine Amtszeit hinaus. Am Sonntagvormittag ist Peter Schnell im Kreis von Familie und Freunden im Alter von 88 Jahren gestorben. „Wir verlieren einen Vorzeigepolitiker“, sagt Horst Seehofer, der Schnell seit mehr als einem halben Jahrhundert kannte und eng mit ihm befreundet war. „Ich könnte nicht sagen, wo er auch nur einmal die Ruhe oder Balance verloren hat.“
Der Vater von Peter Schnell fiel im Krieg
Schnells Weg an die Spitze Ingolstadts war beileibe nicht vorgezeichnet, als er am 9. Dezember 1935 in Ingolstadt in einfache Verhältnisse hinein geboren worden ist. Der Vater war Eisenbahner und fiel später im Krieg. Und auch Peter Schnell selbst hätte diese Zeit fast nicht überlebt: Als er mit seiner Schwester Kuchenteig zum Bäcker bringen wollte, trafen Tiefflieger das Kuchenblech, das sie beide trugen. So hat er es in seinen Erinnerungen „nach-denken“ geschrieben.
Als Kind wollte Schnell Förster werden, hat er einmal verraten. Dann studierte er nach dem Abitur am Eichstätter Willibald-Gymnasium aber doch Jura. Mit 28 Jahren hatte er es zum Amtsrichter in Ingolstadt gebracht und wäre wohl auch nicht unzufrieden gewesen, wenn er es sein ganzes Leben lang geblieben wäre. „Denn da ist man ein wirklich freier Mann und ist niemandem verpflichtet“, erklärte Schnell. Zu dieser Zeit war er bereits mit seiner Frau Regina, einer Lehrerin, verheiratet. Im Laufe der Jahre sollte das Paar vier Kinder bekommen.
Doch Schnell blieb nicht lange Richter. 1966 wurde der junge Familienvater in den bayerischen Landtag gewählt. Nach sechs Jahren aber tat sich für ihn in seiner Heimatstadt eine große Chance auf. Der langjährige Landrat und SPD-Oberbürgermeister Otto Stinglwagner trat bei der OB-Wahl 1972 nicht mehr an. Die CSU schickte den damals 36-jährigen Juristen Schnell, auch auf Drängen von Horst Seehofer, ins Rennen - und der eroberte im ersten Anlauf den Rathaussessel. Dabei wäre ihm wohl auch eine Karriere in der Landespolitik offen gestanden. Franz Joseph Strauß hatte den Ingolstädter bereits als Generalsekretär im Blick. Schnell entschied sich für Ingolstadt.
In der Amtszeit von Peter Schnell wurde das Klinikum in Ingolstadt gebaut
Hätte es die Altersgrenze in Bayern nicht gegeben, Schnell wäre wahrscheinlich noch viele weitere Jahre Oberbürgermeister geblieben. Doch auch diese 30 Jahre zwischen 1972 und 2002 waren prägend für Ingolstadt. Schnell ließ das Klinikum weit draußen vor den Toren der Stadt bauen, auch wenn viele das Krankenhaus lieber auf dem heutigen Volksfestplatz gesehen hätten. Doch die Entscheidung Schnells erwies sich im Rückblick trotz der vielen Widerstände als weitsichtig. Genauso wie die Idee, die Autos aus der Stadt zu verbannen und eine der ersten Fußgängerzonen in Deutschland zu etablieren. Die Technische Hochschule, die Uni, der ICE-Halt, die Landesgartenschau im Klenzepark, die Sanierung der Festungsbauten, die Ansiedlung des Landgerichts - als dies ist eng mit dem Namen Peter Schnell verknüpft. Als Schnell 1972 sein Amt als OB angetreten war, war Ingolstadt eine wirtschaftlich schwächelnde, mittelgroße bayerische Stadt. Als er 30 Jahre später aufhörte, war Ingolstadt zu einer florierenden Großstadt geworden.
Doch es war nicht nur Schnells politisches Talent, das ihm zu Beliebtheitswerten verhalf wie wohl kaum einem anderen Politiker. Es war vor allem auch seine Persönlichkeit. „Er war unheimlich menschlich, tolerant und rücksichtsvoll“, sagt Seehofer. Und so genügte auf den Wahlplakaten der Aufdruck „Unser Peter“. Mehr brauchte es nicht.
Für Peter Schnell stand die Menschenwürde im Fokus
Immer wieder betonte Schnell den Wert der Menschenwürde. „Die Achtung gegenüber jedermann hat mich nicht nur menschlich bereichert, sie hat auch die Zusammenarbeit im Dienste der Stadt erleichtert“, sagte er anlässlich seines 75. Geburtstags. „Als Richter habe ich gelernt: Hinter jedem Kriminellen steckt immer auch ein Mensch.“ Und so sah er hinter jeder Person, der er begegnet war, mehr als nur dessen Funktion. Man sagt Schnell nach, dass er im Laufe seines Lebens jedem Ingolstädter die Hand geschüttelt habe, sofern der es auch wollte. Schnell liebte es, umgeben zu sein von vielen Menschen und so ist es nicht verwunderlich, dass er angesichts seiner vielen Orden und Ehrungen einmal sagte: „Die schönste Auszeichnung aber ist ohnehin, wenn einem die Mitbürger freundlich begegnen.“
Über alle Parteien hinweg war die Bestürzung groß, als im Lauf des Sonntags der Tod von Schnell bekannt geworden ist. „Am meisten werden uns allen seine umgängliche und höfliche Art und seine inzwischen legendäre Bürgernähe in Erinnerung bleiben“, schreibt CSU-Kreisvorsitzender Stefan Huber. Christian De Lapuente, der bei der Wahl im kommenden Jahr OB-Kandidat der SPD ist, bezeichnet Peter Schnell als einen Menschen, mit dem man „herrlich kontrovers diskutieren“ konnte, ohne jemals das Gefühl gehabt zu haben, es fehle an Respekt. Auch der jetzige OB Christian Scharpf würdigte das Wirken von Schnell: „Er war ein großer Ingolstädter. Seine Arbeit und sein Einsatz bleiben uns als Vorbild und Inspiration erhalten.“
Horst Seehofer und Peter Schnell verband eine enge Freundschaft
Bis zuletzt war Schnell umgeben von seiner immer weiter wachsenden Familie mit den Enkeln und Urenkeln und auch vielen Weggefährten und Freunden. Zwar machten ihm seine körperlichen Beschwerden in den vergangenen Jahren immer mehr zu schaffen, aber von seiner Gebrechlichkeit ließ er sich den Wunsch nach Geselligkeit nicht nehmen. Regelmäßig hat sich Horst Seehofer noch mit seinem politischen Ziehvater getroffen, erst vor vier Wochen waren die beiden Ehepaare gemeinsam beim Weißwurstessen. Bei einem dieser Treffen hat Schnell seinem Freund Seehofer dann auch gesagt: „Weißt du, ich hatte ein schönes Leben.“
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