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Ingolstadt: Wird der Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord ausgesetzt?

Ingolstadt

Wird der Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord ausgesetzt?

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    Der Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord hat begonnen. Die angeklagte 24-Jährige versteckte ihr Gesicht hinter Blättern.
    Der Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord hat begonnen. Die angeklagte 24-Jährige versteckte ihr Gesicht hinter Blättern. Foto: Cornelia Hammer, dpa

    Gespannt richten zahlreiche Journalisten ihre Kameras und Smartphones auf die hellgraue Tür in Sitzungssaal elf des Landgerichts Ingolstadt. In wenigen Minuten werden die beiden Angeklagten in einem der spektakulärsten Mordfälle der jüngeren Geschichte eingelassen. Wer sind die zwei Menschen, die eine junge Frau mit 56 Messerstichen brutal getötet haben sollen? Um 9.22 Uhr kommt die 24-jährige Deutsch-Irakerin Schahraban K. herein, begleitet von drei Justizwachtmeistern. Sie trägt Fußfesseln. Ihr Gesicht ist nicht zu erkennen, sie verbirgt es hinter ein paar Blättern Papier. Als Nächstes kommt der gleichaltrige Kosovare Sheqir K.: kurze schwarze Haare, Bart, Brille, auch er hat Fesseln an den Füßen. Doch er versteckt sich nicht. Für die beiden Beschuldigten geht es um viel. Sie sind des gemeinschaftlich begangenen Mordes und jeweils wegen versuchter Anstiftung zum Mord angeklagt.

    Im Saal wird die Angeklagte zunächst noch von zwei ihrer vier Anwälte abgeschirmt, bis das Fotografieren eingestellt werden muss und der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl die Hauptverhandlung eröffnet. Die Kammer ist mit zwei weiteren

    Doppelgängerinnen-Mordfall: Beide Angeklagten sitzen seit August 2022 in U-Haft

    Der Vorsitzende Richter klärt zunächst die persönlichen Daten ab: Die Frau wurde im April 1999 im Irak geboren, hat inzwischen aber auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit schüchterner Stimme gibt sie an, selbstständige Kosmetikerin zu sein. Sie ist ledig und wohnt in Ingolstadt. Seit 18. August 2022, zwei Tage nach dem ihr vorgeworfenen Verbrechen, befindet sie sich in München in Untersuchungshaft. Ihr mutmaßlicher Komplize wurde im November 1998 im Kosovo geboren. Er arbeitet als Maler. Der Mann ist ebenfalls ledig, lebt in Ingolstadt und sitzt in Augsburg-Gablingen in U-Haft. Die beiden Angeklagten werden sich während des gesamten Verhandlungstags nicht ansehen. 

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    Ein Mann und eine Frau stehen in Ingolstadt vor Gericht. Sie sollen eine 23-Jährige ermordet haben. Das Medieninteresse ist groß. Eindrücke vom ersten Prozesstag.

    Schahraban K. soll im Juli 2022 die Tötung ihres Schwagers in Auftrag gegeben haben, weil er ihrer Beziehung im Wege gestanden sei. Der Beauftragte steckte zwar die Hälfte des dafür vereinbarten Geldes, 5000 Euro, als Vorschuss ein, beging die Tat aber nie. Deshalb soll die damals 23-Jährige gemeinsam mit dem ihr, wie die Staatsanwältin sagt, "nur flüchtig bekannten" anderen Beschuldigten einen Alternativplan gefasst haben, um den familiären Streitigkeiten zu entgehen: den eigenen Tod vortäuschen und untertauchen.

    Am 9. August soll sie über einen gefälschten Instagram-Account eine Frau kontaktiert haben, die ihr zum Verwechseln ähnlich sah. Das Lockangebot: Sie könne bei einem Musikvideo mitmachen. Dies durchschaute die 23-Jährige jedoch. Da soll sich die Angeklagte über einen weiteren Fake-Account an ihre Doppelgängerin gewandt haben. Diesmal mit dem Versprechen einer kostenlosen Laserbehandlung in ihrem Kosmetikstudio. Die junge Frau sagte zu. 

    Kammer des Landgerichts Ingolstadt berät über Aussetzung des Doppelgängerin-Verfahrens

    Am 16. August sollen die beiden Angeklagten die ahnungslose Doppelgängerin an ihrem Wohnort im baden-württembergischen Eppingen abgeholt haben. Sie hielten an einem Wald und brachten die 23-Jährige unter einem Vorwand zum Aussteigen. Der Mann soll ihr mehrmals mit einem Schlagring von hinten auf den Kopf geschlagen haben. Sie sank zu Boden. Dann hätten beide Angeklagte 56-mal auf ihr Opfer eingestochen. Den Leichnam legten sie auf die Rücksitzbank und deckten ihn zu. Den Mercedes samt Leiche stellten sie in Ingolstadt ab, wo die Eltern der Angeklagten den toten Körper fanden und für den ihrer Tochter hielten. Erst später stellte die Polizei die wahre Identität der Doppelgängerin fest. Die Staatsanwaltschaft wirft Sheqir K. außerdem vor, er habe in U-Haft einen Mithäftling dazu anstiften wollen, fünf Belastungszeugen zu töten und acht zu verletzen. Doch der Mitgefangene lehnte ab. 

    Nach Verlesung der Anklage stellt ein Anwalt von Schahraban K. einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft habe der Verteidigung Unmengen an relevantem Material nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Seit Anklageerhebung – wenn die Ermittlungen eigentlich abgeschlossen sein müssten – seien Tausende Seiten und fast sechs Gigabyte an Daten hinzugekommen. Weder die Angeklagte selbst noch ihre Anwälte hätten sich umfassend vorbereiten können. Dies verletze das Recht auf ein faires Verfahren. Die Staatsanwaltschaft bestreitet die Vorwürfe und spricht sich dafür aus, den Antrag abzulehnen. 

    Die Kammer wird sich nun beraten und ihre Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens am Montag zu Beginn des zweiten Verhandlungstages verkünden. Möglicherweise muss der Fall dann komplett neu aufgerollt werden. 

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