Es ist schon lange her, dass es in Ingolstadt einen Bürgerentscheid gegeben hat. Genau 20 Jahre. Damals, im Jahr 2002, konnten die Ingolstädterinnen und Ingolstädter darüber abstimmen, ob es im Osten der Stadt ein Outlet-Center (FOC) geben soll. Das Ergebnis ist bekannt: Fast 78 Prozent der abgegebenen Stimmen haben sich damals für den Bau des FOC ausgesprochen, drei Jahre später wurde das Ingolstadt Village eröffnet.
In diesem Jahr gibt es in Ingolstadt zwei Bürgerentscheide
In diesem Jahr dürfen in Ingolstadt wieder die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Und zwar gleich zweimal. Einmal geht es um den Bau der neuen Mittelschule Nordost in Unterhaunstadt, ein anderes Mal um den Standort der Kammerspiele. Die sollen direkt neben dem Stadttheater an der Schutterstraße entstehen Sie sollen ein Ersatzbau für das Kleine Haus werden und gleichzeitig eine Ausweichspielstätte, wenn das Theatergebäude saniert wird. In beiden Fällen haben sich Initiativen gegen den Bau der Gebäude an den entsprechenden Standorten gebildet und in beiden Fällen hat sich der Stadtrat für einen Bürgerentscheid ausgesprochen. Dieser wird nun am 24. Juli stattfinden. Und zwar für beide Themen an einem Tag. Das hat der Stadtrat in einer Sondersitzung am Donnerstag beschlossen.
Gegner der Kammerspiele an der Schutterstraße befürchten hohe Kosten und den Verlust von Bäumen
„Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ – so lautete das Bürgerbegehren, mit dem vor allen Dingen die Freien Wähler den Theaterneubau an der Donau verhindern wollen. Sie befürchten, dass es beim Bau nahe an der Donau zu Problemen mit dem Untergrund kommen könnte und dass die Kosten, deren Schätzung bei aktuell rund 40 Millionen Euro liegt, dadurch massiv ansteigen könnten. Auch den Verlust von 49 Bäumen sowie von Parkplätzen führen sie an. Im Dezember hatte sich der Stadtrat mit einer Mehrheit von rund 75 Prozent für den Bau der Kammerspiele ausgesprochen. Deren Befürworter, zu denen auch OB Christian Scharpf gehört, halten den Bau für die nachhaltigste Lösung. Andere Standorte oder auch ein Zeltbau für die Dauer der Sanierung waren geprüft, allerdings als nicht machbar beziehungsweise sinnvoll erachtet worden.
Der Stadtrat Ingolstadt hat sich für einen Bürgerentscheid ausgesprochen
Die Freien Wähler hatten im März die nötigen Unterschriften des Bürgerbegehrens der Verwaltung übergeben. Und auch wenn diese Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit hatte, wollte es der Stadtrat nicht auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinauslaufen lassen und entschied sich am 7. April für ein Ratsbegehren. So können die Ingolstädterinnen und Ingolstädter bei einem Bürgerentscheid über den Standort der Kammerspiele abstimmen zu lassen.
Initiative "Hände weg vom Grünring" fordert einen neuen Standort für die Mittelschule
Denn die Richterinnen und Richter können durchaus zu einer anderen Einschätzung kommen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus. Das hat sich erst vor wenigen Wochen gezeigt. Die Ingolstädter Verwaltung hatte Zweifel an der formalen Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens „Hände weg vom Grünring“. Dabei geht es um den Standort der geplanten Mittelschule Nordost. Diese soll in Unterhaunstadt südlich des Augrabens gebaut werden, und zwar auf einem 20.000 Quadratmeter großen landwirtschaftlichen Grundstück. Das allerdings liegt mitten im sogenannten Zweiten Grünring. Die Initiatoren wollen einen baulichen Eingriff in dieses Areal verhindern und befürchten unter anderem, dass mit dem Bau der Schule das Stadtklima beeinträchtigt werden könnte.
Sie hatten bereits genügend Unterschriften gesammelt, doch der Ferienausschuss hat im August das Bürgerbegehren als unzulässig abgelehnt. Es kam zu einer Klage am Verwaltungsgericht in München. Und bei einer ersten Verhandlung am 8. April ließ die zuständige Kammer durchblicken, dass sie das Bürgerbegehren durchaus für zulässig halten könnte. Einer Entscheidung ist der Stadtrat jetzt zuvorgekommen und sich für ein Ratsbegehren ausgesprochen.
Die Stadt Ingolstadt sieht keine Alternativen für den Bau der Mittelschule Nordost
Rund 80 Prozent der Stadträte hatten sich im Juli 2021 für den Bau der Schule südlich des Augrabens ausgesprochen. Auch mangels Alternativen im Gebiet des Schulsprengels. Sieben weitere Standorte, unter anderem auf dem Rieter-, Rosner- und Marktkaufgelände sind laut Stadt geprüft worden. Doch die Flächen waren zu klein, nicht verfügbar oder nicht bebaubar, da sie zum Teil im Überschwemmungsgebiet lagen.
Sollten sich die Ingolstädterinnen und Ingolstädter gegen die beiden Projekte an den vorgesehenen Standorten aussprechen, dann muss die Stadt wieder auf Grundstückssuche gehen. Die Schüler müssten laut Stadt dann in den kommenden Jahren wohl in Containern beschult werden.