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Ingolstadt: Mann vergeht sich an dementer Seniorin – Prozessauftakt

Prozess in Ingolstadt

Hat ein Mann eine demente Frau vergewaltigt?

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    In Ingolstadt steht gerade ein Mann vor Gericht, dem vorgeworfen wird, im Sommer vergangenen Jahres in Ingolstadt eine demente Seniorin vergewaltigt zu haben.
    In Ingolstadt steht gerade ein Mann vor Gericht, dem vorgeworfen wird, im Sommer vergangenen Jahres in Ingolstadt eine demente Seniorin vergewaltigt zu haben. Foto: Luzia Grasser

    Er lernte die alte Frau an einer Haltestelle mitten in Ingolstadt kennen, setzte sich mit ihr in den Bus und gemeinsam fuhren der 40-Jährige, ein Bekannter und die damals 83-Jährige in die Wohnung der Frau. Was dort geschehen sein soll, beschäftigt zurzeit das Landgericht in Ingolstadt: Dem Mann wird vorgeworfen, die erkennbar demente Seniorin vergewaltigt zu haben. Am Mittwoch war Prozessauftakt. Über seinen Anwalt Claus Gelhorn gab der gebürtige Mazedonier den Hergang, wie er ihm in der Anklage vorgeworfen wird, zu. „Aber er möchte betonen, dass er keine Gewalt angewendet hat“, so der Verteidiger. Bereits nach der Tat hat er einem Polizisten gegenüber den Geschlechtsverkehr eingeräumt, auch damals mit dem Zusatz „Aber das war einvernehmlich“.

    Wie jeden Tag kam die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes auch an jenem Augustabend 2023 in die Wohnung der Ingolstädter Seniorin. Als sie Licht sah, dachte sie noch: Ach, sie hat Besuch. Am Küchentisch saß dann auch ein Mann, den sie zunächst für den Enkel hielt. „Wo ist denn die Oma?“, wollte sie wissen. Er zeigte zunächst Richtung Schlafzimmer, wollte nach Aussage der Pflegerin wohl aber verhindern, dass sie dorthin gehe. Sie tat es trotzdem, immerhin war sie in Eile und musste bald weiter.

    Zwei fremde Männer waren in der Wohnung der dementen Frau in Ingolstadt

    Dort stand ein zweiter Mann und nach ein paar Sekunden dämmerte ihr: Dieser Mann ist niemand aus der Familie. Sondern ein Fremder, der sich gerade an einer 83-jährigen Frau vergeht. Sie lief zitternd aus der Wohnung, sperrte noch die Tür zu und rannte zur Nachbarin. „Bitte, bitte, Polizei, Ihre Nachbarin wird vergewaltigt“, rief sie. Die Beamten nahmen die beiden Männer, die noch in der Wohnung eingesperrt waren, schließlich fest und führten sie ab.

    Der Angeklagte sitzt seitdem in Untersuchungshaft, die Rolle des zweiten Mannes bezeichnete Vorsitzender Richter Gerhard Reicherl als „etwas seltsam“. Der will seiner eigenen Aussage zufolge von dem ganzen Geschehen, das sich nur ein Zimmer weiter abgespielt hat, nichts mitbekommen haben. Aber warum wollte er dann verhindern, dass die Pflegerin ins Zimmer geht? Fest steht, dass er am Abend der Tat sehr betrunken war, beim „Pusten“ hatte er es auf über drei Promille gebracht. Inzwischen ist das Verfahren gegen den 35-Jährigen eingestellt. Sein Kompagnon war auch nicht ganz nüchtern, hatte aber offenbar deutlich weniger getrunken.

    Ein Urteil hat es am Landgericht Ingolstadt bislang bislang nicht gegeben

    Die beiden Männer, die zuletzt keinen festen Wohnsitz hatten, saßen jedenfalls an jenem Augusttag an der Bushaltestelle in der Ingolstädter Innenstadt, tranken Bier, und trafen dort auf die Seniorin. Auf den ersten Blick, sagte ein Psychologe, hätte ein Fremder ihre Krankheit - eine damals mittelgradige Demenz - noch übersehen können. Sie war freundlich, höflich und auch noch gut zu Fuß. Aber spätestens, wenn es zu einem Gespräch kommen sollte, hätte auch ein Laie bemerken müssen, dass die Frau „immer ein bisschen in ihrer Welt war“, wie es eine Nachbarin vor Gericht formuliert hat. Doch von ihrer liebsten Tätigkeit ließ sie sich nicht abbringen: Sie fuhr regelmäßig mit dem Bus, immer die gleiche Linie, immer in die Innenstadt. „Das hat sie geliebt“, sagte ihre Tochter. Meistens fand sie auch von allein zurück. War sie abends nicht zu Hause, konnte ihre Familie sie mittels eines GPS-Trackers aufspüren, der an Schlüssel und Tasche angebracht war.

    Dieses Mal kehrte sie mit zwei Begleitern in ihre Wohnung zurück - was ihr zum Verhängnis werden sollte. Welche Konsequenz es haben könnte, zwei wildfremde Männer in die eigenen vier Wände zu lassen, hätte sie in diesem Stadium ihrer Erkrankung bereits nicht mehr einschätzen können, betonte der Psychologe. Auch ein „Nein“ kam der Frau nicht über die Lippen, und so ließ sie alles über sich ergehen. Polizisten, Ärzte und auch die eigene Tochter hatten den Eindruck, dass sie überhaupt nicht wusste, was mit ihr geschehen war. Doch sie konnte Andeutungen machen und auch vermitteln, dass sie Schmerzen hatte. Für ihre Tochter ist die Tat noch immer „unfassbar“ und „unverständlich“. Unmittelbar danach ging es gesundheitlich mit ihrer Mutter rapide bergab, schilderte sie vor Gericht. Sie kam in ein Heim und verstarb schließlich einige Monate später.

    Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt. An diesem Tag wird wohl auch zur Sprache kommen, inwieweit eine Erkrankung des Angeklagten möglicherweise Einfluss auf die Tat gehabt haben könnte.

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