Sie konnten 2021 die Leitung des Museums für Konkrete Kunst (MKK) in Ingolstadt übernehmen. Vorher hatten Sie bereits bedeutende Ausstellungen in Zusammenarbeit mit Dr. Simone Schimpf konzipiert. Woher stammt ihre Begeisterung für Konkrete Kunst und Design?
DR. THERES ROHDE: Konkrete Kunst gefällt mir nicht nur, Konkrete Kunst begeistert mich und es ist mir ein großes Anliegen, meine Begeisterung zu teilen und damit anzustecken. Die Begeisterung dafür hat sich tatsächlich schon recht früh entwickelt. Denn ich studierte an der Bauhaus-Universität in Weimar und damit in denselben Räumlichkeiten, in denen einst das Bauhaus aktiv gewesen ist. Damit war der Grundstein gelegt, denn das Bauhaus gehört zu den Ursprüngen der Konkreten Kunst. Meine Masterarbeit schrieb ich über das erste Versuchshaus des Bauhauses, meine Doktorarbeit über das Architektur-, Wohn- und Ausstellungswesen der Moderne. All das stand in Verbindung mit dem, was man nun Konkrete Kunst nennt und mit dem Design ohnehin. Gleichzeitig führte ich jahrelang Touristen durch die Wirkungsstätten des Bauhauses und gab touristische Publikationen heraus. Die Begeisterung, die ich in mir trug, wollte ich weitergeben. Nun, in meiner Rolle am Museum, kann ich diese beiden Interessen vereinen und das stellt für mich ein wahres Geschenk dar, denn hier wird Beruf Berufung – und umgekehrt!
Den Anfang des Museums bildete die Sammlung des Schriftstellers und Begründers der Konkreten Poesie Eugen Gomringer (*1925). In den letzten 30 Jahren wurde die Museumssammlung stetig erweitert und auch um einen Schwerpunkt im Design ergänzt. Welche bedeutenden Schätze lagern denn im Depot?
DR. THERES ROHDE: Wir haben – fast – alle Größen der Konkreten Kunst zumindest mit einem Werk vertreten. Josef Albers, Max Bill, Verena Loewensberg, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Paul Lohse, Walter Dexel, Günter Fruhtrunk, Paolo Scheggi, Anton Stankowski, Timm Ulrichs, Inge Dick … und die Liste ließe sich weiterziehen. Kein Wunder, etwa 15.000 Objekte sind inzwischen in unserer Sammlung.Schade nur, dass man aktuell im Museum immer nur einen ganz kleinen Bruchteil sehen kann. Manche Menschen reisen an, um den Bill, den Albers, den Lohse zu sehen und wir müssen sie enttäuschen, weil unsere aktuelle Sonderausstellung solche Werke gerade nicht zeigen kann. Aber mit dem neuen Museum haben wir neue Möglichkeiten. Wir haben die Chance, verschiedenen Interessen gerecht zu werden: Klassiker werden ihren Platz haben, genauso wie Sonderausstellungen.
Das Museum für Konkrete Kunst steht vor großen Veränderungen: Für das Jahr 2025 ist die Eröffnung eines neuen Ausstellungshauses geplant. Ist der Eröffnungstermin zu halten? Kann das neue Haus zu einem deutschlandweit kulturellen Aushängeschild werden?
DR. THERES ROHDE: Geplant ist, dass der Bau Mitte 2025 fertig wird und wir dann mit der Einrichtung des Museums beginnen können. . Ziel ist es, im Jahr 2025 das Museum zu eröffnen und ich wünsche mir sehr, dass das gelingt.Das neue Museum hat durch und durch das Potenzial ein neues kulturelles Aushängeschild in Deutschland zu werden. Alleine schon architektonisch. Von außen wirkt das Gebäude auf manchen vielleicht gar nicht so spektakulär, aber wer die Chance erhalten hat, bereits in den Innenraum zu blicken, der erkennt jetzt schon das Potenzial des Baus. Die offene Halle des Industriedenkmals, die gusseisernen Stützen, das Dachtragwerk – all das hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Dann der Ausstellungsraum im Untergeschoss. Knapp 2000 m² Ausstellungsfläche mit einer Deckenhöhe von rund fünf Metern, glauben Sie mir, das ist nicht nur einmalig in Ingolstadt, sondern auch in ganz Deutschland etwas, das man so wohl noch nicht gesehen hat!
Gibt es noch Hürden, die in Sachen „Neubau“ zu überwinden sind, oder planen Sie bereits die Eröffnungsfeierlichkeiten?
DR. THERES ROHDE: Natürlich gibt es bereits Ideen für die Eröffnungsfeierlichkeiten. So was braucht alles einen langen Vorlauf, aber das ist nur ein Projekt von vielen, an denen wir parallel im Hintergrund arbeiten. Wir sind involviert bei der Einrichtung und Ausstattung des Hauses in wirklich allen Bereichen wie Ausstellungsfläche, Museumspädagogik, Kassenbereich Technikräume, Büros …, wir planen an der Erstpräsentation, kuratieren also die Eröffnungsausstellung, kreieren eine MuseumsApp als Audioguide, neue pädagogische Programme, neue Webseite, neues CI, und diese Liste ließe sich noch mit so vielen Punkten fortsetzen. Um das alles bis zur Eröffnung mit einem relativ kleinen Team zu schaffen und damit am Ende auch alles „rund“ wird, arbeiten wir auf Hochtouren. Fragen Sie mich heute, dann antworte ich Ihnen als Museumdirektorin: Ich erwarte aktuell keine neuen Hürden beim Bau, die wirklich kritischen Punkte scheinen mir überwunden. Aber gerade dieses Projekt hat mich gelehrt, dass immer etwas kommen könnte, womit man wohl nicht gerechnet hat.
Die neue Ausstellung ist betitelt mit „24! Fragen an die Konkrete Gegenwart“ - Eine Zusammenarbeit des Museums für Konkrete Kunst (MKK) Ingolstadt, mit dem Museum im Kulturspeicher (MiK) in Würzburg. Beide Museen haben bedeutende Sammlungen konstruktiv-konkreter Kunst in Europa. Was ist der Schwerpunkt dieser unter ihrer Feder konzipierten Ausstellung ?
DR. THERES ROHDE: In dieser Ausstellung fragen wir die aktuelle Generation der um die 40-Jährigen nach ihrer Beziehung zur Konkreten Kunst. So stellen wir nicht nur ihre Werke aus, sondern gaben ihnen im Vorfeld zur Schau zehn Fragen an die Hand wie „Was ist für mich Konkrete Kunst?“ oder „Sehe ich mich als Konkreter Künstler?“. Ihre Antworten sind nicht nur Teil der Ausstellungsarchitektur, sondern finden sich auch im Katalog wieder, die beide Ausstellungsteile – in Würzburg wie Ingolstadt – zusammenhält.Die Konkrete Kunst hat im Jahr 2024 eine rund 100-jährige Geschichte hinter sich. Nun nehmen wir das Jubiläum zum Anlass, den Begriff nochmals zu hinterfragen. Klar, man hätte auch eine Ausstellung als Rückschau konzipieren können mit den „besten Werken der letzten 100 Jahre“. Genau das wollten wir aber nicht. Wir wollten stattdessen bei der aktuellen Künstlerinnen- und Künstlergeneration in Erfahrung bringen, ob die Konkrete Kunst für sie überhaupt noch von Bedeutung ist.
Welche Wünsche haben Sie als Museumsdirektorin auch für die Zukunft eines so bemerkenswerten Kulturbetriebes?
DR. THERES ROHDE: Mein größter Wunsch ist, dass wir endlich das neue Museum aufmachen. Wir arbeiten schon so lange daran, haben schon so viele Enttäuschungen und Rückschläge erlebt, mussten so viele Konzepte über Bord werfen oder neudenken. Nun wünsche ich uns, dass wir alle die Gedanken und Pläne, die wir uns gemacht haben, in die Tat umgesetzt und der Öffentlichkeit präsentiert werden können.