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Ingolstadt: Doppelgänger-Mord - Was wir vor Prozessbeginn wissen

Ingolstadt

Doppelgängerinnen-Mordfall: Was wir vor Prozessbeginn wissen

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    In Ingolstadt wurde im August 2022 eine Frauenleiche in einem Auto gefunden. Danach fand am Fundort in der Peisserstraße eine Trauerfeier statt.
    In Ingolstadt wurde im August 2022 eine Frauenleiche in einem Auto gefunden. Danach fand am Fundort in der Peisserstraße eine Trauerfeier statt. Foto: Dorothee Pfaffel

    Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle der jüngsten Zeit, der sogenannte Doppelgängerinnen-Mordfall: Am 16. August 2022 wird im oberbayerischen Ingolstadt die Leiche einer jungen Frau in einem Auto entdeckt. Mit 56 Messerstichen wurde sie getötet, um vermutlich einer anderen Frau, der sie zum Verwechseln ähnlich sieht, ein Leben in Freiheit zu ermöglichen. Was jedoch genau hinter dem perfiden Verbrechen steckt, soll in einem Prozess geklärt werden, der am Dienstag, 16. Januar, am Landgericht Ingolstadt beginnt. Angeklagt sind ein Mann und eine Frau, beide inzwischen 24 Jahre alt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wirft ihnen Mord und Anstiftung zum Mord vor. Was ist bisher zu dem Fall bekannt?

    Über Social Media soll die damals 23-jährige Deutsch-Irakerin aus Ingolstadt junge Frauen kontaktiert haben, die ihr sehr ähnlich sehen. Mit verschiedenen Versprechungen versuchte sie, diese Frauen zu einem Treffen zu bewegen. Eine 23-Jährige mit algerischen Wurzeln - eine Modebloggerin - ging darauf ein. Sie sollte eine kostenlose Behandlung im Kosmetikstudio der Deutsch-Irakerin erhalten, an eben jenem 16. August 2022. 

    Doppelgängerinnen-Mord in Ingolstadt: 23-Jährige wurde mit 56 Messerstichen getötet

    Dieser Tag soll nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Ingolstadt so abgelaufen sein: Die Deutsch-Irakerin machte sich gemeinsam mit ihrem mutmaßlichen Komplizen, einem gleichaltrigen Kosovaren aus Ingolstadt, der nun mit ihr auf der Anklagebank sitzt, auf den Weg nach Heilbronn. Dort holten sie die "Doppelgängerin" ab. Statt zum vereinbarten Ziel, fuhren sie allerdings Richtung Ingolstadt, wo die Beschuldigten zur Tatzeit wohnten. Die Angeklagten sollen ihr Opfer in einem Wald entlang der Strecke aus dem Auto gelockt haben. Der Mann soll die Frau mit einem Schlagring niedergeschlagen haben, dann sollen die beiden Beschuldigten die Frau gemeinsam mit 56 Messerstichen in Oberköprer und Gesicht ermordet haben. Anschließend fuhren sie weiter nach Ingolstadt und stellten das Auto mit der Leiche in der Peisserstraße ab. 

    Die tote Doppelgängerin wurde in einem schwarzen Mercedes gefunden.
    Die tote Doppelgängerin wurde in einem schwarzen Mercedes gefunden. Foto: Pxhere.com/polizei

    Dort fanden die Eltern der angeklagten Frau gegen 23.15 Uhr den schwarzen Mercedes ihrer Tochter mit einem leblosen Körper darin. Sie hielten den Leichnam für ihre Tochter. Erst im Zuge der Emittlungen der Polizei, durch die Obduktion, kam die wahre Identität der Toten ans Licht und die Totgeglaubte verwandelte sich in eine Tatverdächtige. Sie wurde festgenommen, ebenso der Kosovare. Beide sitzen seit 18. August 2022 in Untersuchungshaft.

    Tötungsdelikt mit Doppelgängerin: Die Polizei sucht im Bereich der Peisserstraße in Ingolstadt nach der Tatwaffe.
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    Rund 100 Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei haben im Bereich der Peisserstraße in Ingolstadt nach der Tatwaffe im Tötungsdelikt mit der Doppelgängerin gesucht. Bilder von der Suchaktion.

    Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ermittelten sofort auf Hochtouren. Verschiedenste Spuren und Daten wurden gesichert und ausgewertet – darunter auch ein Video, das die Verdächtige am Tattag in einer Pizzeria in Heilbronn zeigt. Die Bereitschaftspolizei suchte mit 100 Einsatzkräften in der Nähe des Fundorts entlang der Donau nach der Tatwaffe, also nach einem Messer oder einem messerähnlichen Gegenstand. Auch Taucher waren im Einsatz. Vergeblich. Ob die Waffe mittlerweile gefunden wurde, ist nicht bekannt.

    Staatsanwaltschaft Ingolstadt: Beide Angeklagten wollten noch andere Menschen tot sehen

    Hinter Gittern soll der Kosovare einem Mithäftling, der bald aus der Haft entlassen werden sollte, eine Liste mit insgesamt 13 Namen gegeben haben - alles anscheinend Zeugen, die die beiden Tatverdächtigen in dem Mordfall in Schwierigkeiten bringen könnten. Der Kosovare beauftragte den Mithäftling, fünf dieser 13 Belastungszeugen gegen Bezahlung zu töten, bei acht würde es reichen, sie zu verletzen, soll er zu ihm gesagt haben. Der Auftrag wurde aber nie ausgeführt, da der andere Häftling nichts mit der Sache zu tun haben wollte. 

    Auch die Frau soll versucht haben, einen Auftragskiller anzuheuern. Schon im Juli 2022 wollte sie wohl den Bruder ihres Ex-Partners töten lassen. Die Frau soll einem Bekannten dafür 10.000 Euro geboten haben. Der Bekannte soll in München zwar 5000 Euro als Vorschuss angenommen haben, führte den Auftrag laut Staatsanwaltschaft aber nicht aus

    Welches Motiv könnte hinter der Tat stecken? Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Beschuldigte den Plan gefasst hat, da es immer wieder Streitigkeiten mit der Familie ihres Ex-Partners, mit dem sie nach jesidischem Recht nach wie vor verheiratet war, gegeben haben soll, und weil die Angehörigen sich einer Versöhnung des Ex-Paares widersetzt haben sollen. Deshalb wollte sie untertauchen und dazu ihren eigenen Tod vortäuschen, indem sie eine ahnungslose Doppelgängerin umbrachte beziehunsgweise töten ließ. Helfen sollte ihr ein Bekannter, der ebenfalls angeklagte Kosovare. 

    Landgericht Ingolstadt wird im Doppelgängerin-Mordprozess etliche Zeugen hören

    Die Beschuldigten haben bislang alle Vorwürfe abgestritten - bis auf einen: Die Frau hat laut Staatsanwaltschaft gestanden, dass sie den Bruder ihres Ex-Partners umbringen lassen wollte. Die Anklage der Staatsanwaltschaft stützt sich auf Aussagen von mehr als 190 Zeuginnen und Zeugen, auf zahlreiche DNA-Spuren sowie auf Inhalte diverser Chatverläufe.

    Prozessbeginn ist am 16. Januar um 9.15 Uhr. Dann wird die Anklageschrift verlesen. Verhandelt wird vor dem Schwurgericht unter Vorsitz von Landgerichtsvizepräsident Konrad Kliegl. Es sind 28 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird erst im Mai erwartet. Das Landgericht geht von einem großen Interesse der Öffentlichkeit und einem hohen Medienaufkommen aus. Medienberichten zufolge sollen sich Filmemacher und Streamingdienste bereits um die Rechte streiten.

    Die beiden Angeklagten werden nach aktuellem Kenntnisstand von jeweils mehreren Anwälten verteidigt. Die Strafverteidiger der Frau sind unter anderem Jamil Azem und Johannes Makepeace aus München. Auch der aus dem True Crime Podcast "Unter Verdacht" bekannte Anwalt Alexander Stevens soll dabei sein. Die Verteidiger des Mannes stammen größtenteils aus der Region. Dabei handelt es sich um Thilo Bals aus Manching, Klaus Wittmann aus Ingolstadt und möglicherweise Star-Anwältin Regina Rick aus München, die sowohl im Rupp-Prozess als auch im Badewannen-Mord Wiederaufnahmeverfahren durchsetzte und für ihre Mandanten einen Freispruch erzielte. Als Nebenkläger tritt der Vater der Verstorbenen auf.

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