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Ingolstadt: Doppelgängerinnen-Mord: 56 Stiche in wenigen Minuten

Ingolstadt

Doppelgängerinnen-Mord: 56 Stiche in wenigen Minuten

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    Mittlerweile sind 27 Verhandlungstage im Doppelgängerinnen-Mordprozess vergangen.
    Mittlerweile sind 27 Verhandlungstage im Doppelgängerinnen-Mordprozess vergangen. Foto: Dorothee Pfaffel

    Nach einer vierwöchigen Pause geht es im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess am Landgericht Ingolstadt wieder weiter. Es ist der 27. Verhandlungstag. Geladen sind Zeugen und Gutachter, die Auskunft darüber geben sollen, welchen Weg der Mercedes der Angeklagten Schahraban K. insbesondere am 16. August 2022 zurückgelegt hat. In diesem Auto ist die Leiche der Khadidja O. an jenem Tag spät nachts gegen 23 Uhr in der Peisserstraße in Ingolstadt gefunden worden. Die Daten der Sachverständigen zeigen, dass wenige Minuten ausreichten, um die 23-Jährige mit mehr als 50 Stichen zu töten.

    Beim Doppelgängerinnen-Mordprozess von Ingolstadt geht es diesmal um Geodaten

    Nachdem der schwarze Mercedes von Schahraban K. von der Polizei vor fast zwei Jahren sichergestellt worden war, haben ihn verschiedene Experten unter die Lupe genommen, unter anderem ein IT-Sachverständiger und einer für digitalforensische Untersuchungen an Kraftfahrzeugen. Letzterer erzählt am Dienstag vor Gericht, dass er zwei Steuergeräte aus dem Auto ausgebaut habe, darunter ein Infotainment-System mit Navigationsfunktion. Diese Geräte habe er ausgelesen und ausgewertet. Das heißt, er hat die technischen Daten so aufbereitet, dass sie von der Kriminalpolizei Ingolstadt oder einem anderen Experten für die Ermittlungen weiterverarbeitet werden konnten. Mit den Ergebnissen aus den Geodaten - Koordinaten und Adressen - konnte festgestellt werden, wo sich Schahraban K.s Mercedes tatsächlich befunden hat, erklärt der Sachverständige, meist sogar mit "Zeitstempel". Außerdem geben die Daten Aufschluss über Stand- und Fahrzyklen sowie darüber, wann die Autotüren offen oder geschlossen waren. Anhand von Referenzdaten der Kripo Ingolstadt konnte dann eine sogenannte Plausibilitätsanalyse durchgeführt werden, sprich: Sind die Angaben der Angeklagten glaubwürdig?

    In Ingolstadt wird eine leblose junge Frau in einem schwarzen Mercedes gefunden. Die Kripo ermittelt wegen eines Tötungsdeliktes. Der Tatort wird von der Öffentlichkeit abgeschirmt.
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    Der Doppelgängerinnenmord von Ingolstadt in Bildern: vom Auffinden der Leiche über Suchaktionen nach der Tatwaffe bis zur Verhandlung.

    Eine weitere Expertin hat diese Daten auf verschiedenen Karten visualisiert. Eine Polizistin hat die Ergebnisse für die Ermittlungen interpretiert. Auch sie sagen am Dienstag aus. Die Karten werden im Gerichtssaal in Augenschein genommen. Sie zeigen die Straßen, auf denen der schwarze Mercedes am 16. August 2022 gefahren ist inklusive Uhrzeit. Demnach fing die Fahrt an jenem Sommertag in Ingolstadt um 13.36 Uhr an, um 14.39 Uhr erreichte Schahraban K. den Baumarkt, bei dem sie den Kanister kaufte, den sie gegen 15.29 Uhr an einer Tankstelle befüllte. Um 15.51 Uhr startete der Mercedes dann Richtung Autobahn. Über die A 9 ging es bis Nürnberg, danach weiter auf der A 6 bis Heilbronn und schließlich nach Eppingen, wo Khadidja O. um 18.44 Uhr abgeholt wurde. Bereits um 18.47 Uhr fuhr man wieder los Richtung Ingolstadt, wo das Auto samt Leiche um 22.07 Uhr in der Peisserstraße abgestellt wurde.

    Die Daten zeigen auch: Der Mercedes stoppte zwischen 19.05 Uhr und 19.17 Uhr in einem Wald bei Massenbachhausen in Baden-Württemberg. Ein weiteres Mal von 19.28 Uhr bis 19.40 Uhr auf einem Parkplatz bei Bad Rappenau. Diese beiden Stopps hatte Schahraban K. in ihrer Einlassung auch erwähnt: Beim ersten habe Sheqir K. Khadidja O. mit dem Schlagring niedergeschlagen, beim zweiten habe er sie erstochen, so die Angeklagte.

    Doppelgängerinnen-Mordprozess: Passen Daten zur Aussage der Angeklagten?

    Auffällig sei, so die Polizistin, dass die Angeklagten den Geodaten zufolge die Autobahn nicht bei der Ausfahrt Ingolstadt-Süd verlassen hätten, welche der Peisserstraße am nächsten gewesen wäre, sondern dass sie offenbar über Langenbruck und Reichertshofen zur Abstellstelle fuhren. Auch das passt zu Schahraban K.s Einlassung, denn sie sagte, sie wären zuerst noch weiter gefahren.

    Sheqir K.s Verteidiger Klaus Wittmann sieht das anders. Für ihn ergeben sich Widersprüche, wie er erklärt: Die Angeklagte habe in ihrer Einlassung behauptet, Sheqir K. habe auf ihr Knie gedrückt, damit sie das Gaspedal betätigte, weil sie selbst damals keine Kraft gehabt hätte. Laut Datensatz fuhr der Mercedes jedoch gegen 19.44 Uhr bei Bad Rappenau los und befand sich bereits um circa 21.30 Uhr auf Höhe Ingolstadt. Demnach hat Schahraban K. für diese Strecke von rund 250 Kilometern lediglich gut 100 Minuten gebraucht. Um dies zu schaffen, sei eine überdurchschnittlich hohe Fahrgeschwindigkeit notwendig - was Wittmanns Ansicht nach nicht möglich ist, wenn einem jemand mit der Hand aufs Knie drücken muss, um Gas zu geben.

    Darum geht es im Doppelgängerinnen-Mordprozess in Ingolstadt

    Folgendes wird den Angeklagten vorgeworfen: Am 16. August 2022 soll Schahraban K. gemeinsam mit Sheqir K. die 23-jährige Khadidja O. getötet haben, weil sie der Angeklagten ähnlich sah. Danach wollte Schahraban K. untertauchen und ein neues Leben beginnen. Um eine geeignete Doppelgängerin zu finden, soll die Deutsch-Irakerin gezielt junge Frauen auf Social Media kontaktiert haben. So lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Die Anklage hinsichtlich beider Beschuldigter lautet auf versuchte Anstiftung zum Mord und Mord. Schahraban K. hat sich bereits zur Tat geäußert. Ihren Schilderungen nach ist sie unschuldig. Ihren Mitangeklagten hat sie allerdings schwer belastet. Die Verhandlung wird am Donnerstag, 6. Juni, fortgesetzt.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge an, die den Fall aufarbeitet:

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